Heterogenität und Homogenität stehen im schulischen Kontext in einem dauerhaften Spannungsverhältnis, das durch die zunehmende gesellschaftliche Vielfalt weiter an Bedeutung gewinnt. Besonders relevant erscheinen mir im Bildungsbereich jene Aspekte, die sich auf soziale Ungleichheit, sprachliche Vielfalt und individuelle Förderbedarfe beziehen. Denn sie fordern pädagogisches Handeln heraus und machen sichtbar, dass Schule ein Ort ist, an dem Verschiedenheit alltäglich und unvermeidbar ist (Budde, 2020, S. 21 f.).
In meinem Orientierungspraktikum an einer Grundschule in Bremen habe ich erlebt, wie sich insbesondere sprachliche und kulturelle Heterogenität im Unterrichtsgeschehen niederschlägt. Ein Kind mit Fluchthintergrund, das erst wenige Monate in Deutschland war, nahm aktiv am Unterricht teil, hatte jedoch Schwierigkeiten, den Arbeitsanweisungen zu folgen. Die Lehrkraft reagierte sehr sensibel, indem sie visuelle Hilfsmittel einsetzte und das Kind gezielt in Partnerarbeit integrierte. Gleichzeitig zeigte sich, dass solche Maßnahmen nicht automatisch zu einer gleichberechtigten Teilhabe führen, wenn strukturelle Rahmenbedingungen – wie ein fehlendes Sprachförderkonzept – unzureichend sind. Diese Erfahrung verdeutlicht, dass pädagogisches Handeln immer auch im Spannungsfeld von individueller Förderung und strukturellen Grenzen steht (vgl. Kron, 2010, S. 34 f.). Ein weiteres Beispiel aus meiner Schulzeit betrifft den Umgang mit leistungsbezogener Heterogenität. In der gymnasialen Oberstufe wurde zwar formal auf individuelle Leistungsstände Rücksicht genommen, etwa durch Binnendifferenzierung. Doch in der Praxis blieb dies jedoch oft ein Lippenbekenntnis: Lehrkräfte orientierten sich am „mittleren Niveau“ und überforderten leistungsschwächere Schüler*innen, während leistungsstarke wenig gefordert wurden. Diese Form der Pseudohomogenisierung kann zu Exklusionsprozessen führen, obwohl sie scheinbar auf Vereinheitlichung zielt (vgl. Prengel, 2010, S. 47).
Für mein kommendes Praktikum würde ich folgende Beobachtungsaufgabe formulieren: In welchen Situationen wird im Unterricht auf Unterschiede zwischen Schülerinnen (z. B. in Sprache, Leistung, sozialem Verhalten) eingegangen, und wie werden diese adressiert? Lassen sich dabei tendenziell homogenisierende oder heterogenitätssensible Praktiken erkennen? Ziel dieser Aufgabe ist es, die eigene Wahrnehmung für Differenz und Umgangsformen mit Verschiedenheit zu schärfen und diese mit theoretischen Konzepten abzugleichen.
Die Auseinandersetzung mit Heterogenität und Homogenität ist keine bloß theoretische Übung, sondern eine zentrale Aufgabe schulischer Bildungspraxis. Sie fordert nicht nur pädagogisches Geschick, sondern auch eine kritische Reflexion struktureller Bedingungen – und den Mut, bestehende Routinen infrage zu stellen.
Literaturverzeichnis:
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Budde, J. (2020). Schule und Differenz. Einführung in die Soziologie von Bildung und Ungleichheit. Wiesbaden: Springer VS.
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Krüger-Potratz, M. (2017). Migration und Bildung: Eine Einführung in das interkulturelle Lernen. Münster: Waxmann.
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Prengel, A. (2010). Pädagogik der Vielfalt: Bildung in der Demokratie. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.