Genderperspektiven

1960 wurde die Koedukation eingeführt. Koedukation bedeutet, dass Jungen und Mädchen zusammen auf eine gemeinsame Schule gehen und gemeinsam unterrichtet werden. Für uns heute total normal, fast unvorstellbar, dass es damals nicht so war. Es bestand die Angst, dass die Jungen durch „sexuelle Überreizung“ den Unterricht nicht mehr verfolgen könnten, was sich im Endeffekt nicht so erwies. Heutzutage geht es soweit, dass die Mädchen als lernerfolgreicher und strebsamer gelten als die Jungs.

In meiner Schulzeit wurden die üblichen Vorurteile zwar bedient, aber es gab auch Ausnahmen. Die Mädchen waren bei uns die, die ordentlich und sorgfältig gearbeitet haben, immer ruhig waren und dem Unterricht folgten. Die Jungs waren oft laut und störten den Unterricht. Allerdings war meine beste Grundschulfreundin nicht von der Fraktion sauber und ordentlich arbeiten. Durch ihre Familiensituation wurde sie nicht ausreichend gefördert und bekam wenig Aufmerksamkeit, woraufhin sie nie ordentlich und sauber arbeitete und oft viele Fehler hatte. Ich hingegen war von der ruhigen Fraktion, allerdings gab es zwischen mir und der Klassenbesten einen Konkurrenzkampf, weshalb ich immer schneller arbeiteten wollte, als sie und schnell unsauber wurde. Das unsauber schreiben konnte ich mir bis heute nicht abgewöhnen. Wenn ich ordentlich schreiben möchte, brauche ich viel zu lange, um einen Text zu schreiben.
In meinem Orientierungspraktikum war es ausgeglichener. Es gab ruhige Jungs und ruhige Mädchen. Es gab Jungen, die den Unterricht durch laut sein störten. Es gab aber auch Mädchen, die dadurch störten, dass sie den Streit aus der Pause noch nicht geklärt hatten, oder die Mädchen, die ihre Freundin am anderen Ende des Klassenraums nach ihrem lila Buntstift fragten.
In der Klasse, die ich betreute, gab es viele Kinder mit soziokulturellem Hintergrund. Auch hier war es relativ ausgeglichen. Das Kind, welches die deutsche Sprache am wenigsten beherrschte, hat mit am saubersten geschrieben und hat den Unterricht kaum gestört. Die Leistungen des Kindes waren auch sehr gut. Dahingegen gab es Kinder, ohne soziokulturellen Hintergrund, welche sehr schmierten und dessen Leistungen nicht sehr gut waren.

Als Beobachtungsfrage bzw. Aufgabe würde ich mir setzen genauer auf die einzelnen Kinder mit ihren Geschlechtern, Hintergründen und Leistungen zu achten und zu schauen, wie sich ihre Leistungen verändern.
Außerdem fände ich es interessant die Kinder zu der damaligen Situation vor der Koedukation zu befragen.

Inklusion: Eine Schule für alle?

Für mich war die zentralste Erkenntnis, dass sich nicht die SchülerInnen an die Schule anpassen müssen, sondern die Schule an die SchülerInnen.
Außerdem war Feusers Definition von allgemeiner Pädagogik sehr wichtig, welche besagt, dass jedes Kind individuelle Förderung bekommt, welche auf das Niveau des Kindes angepasst ist und, dass kein Kind ausgeschlossen werden soll.
Desweiteren fand ich den Punkt gut, dass LehrerInnen an ihrem „Schubladen-Denken“ arbeiten müssen. Sie müssen aufhören die SchülerInnen in Gruppen einzuteilen, um Inklusion zuzulassen.
Alle diese drei Punkte sind seht wichtig und werden im Studium immer wieder geprägt, die Realität sieht jedoch anders aus.
In meinem Orientierungspraktikum gab es eine Lehrerin, die meine Klasse vertreten sollte. Kurz vor dem Unterricht fragte sie mich Sachen, wie „Welche dieser Kinder stören immer“ oder „Auf welche Kinder muss ich aufpassen, dass der Unterricht nicht eskaliert“. Das hat mich schon ziemlich geschockt und ich bin auf ihre Fragen nicht richtig eingegangen.

Für mich ist offen geblieben, wie Inklusion weiter umgesetzt werden soll bzw. welche Mittel und Maßnahmen angewendet werden um dies umzusetzen. Ich würde gerne eine Schule besuchen, an welcher Inklusion gut klappt, da ich bisher nur schlechte Erfahrungen diesbezüglich erlebt habe.

Natürlich ist man erstmal geschockt, wenn man so eine Anklage hört. Im ersten Moment denkt man „wie kann sie das nur machen“. Allerdings sich die meisten Menschen auch nicht in der Materie drin. Fakt ist, dass es zu wenige Lehrkräfte gibt. Und noch weniger gibt es Fachkräfte und Sonderpädagogen. SchülerInnen mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung verdienen es an eine Schule zu kommen, an welcher das nötige Fachpersonal vorhanden ist, um gelungene Inklusion möglich zu machen.

Englischunterricht zwischen Selektion und Inklusion

Anfangs wurde ein zu hoher Wert auf die kognitiven Fähigkeiten gelegt. Dies ging soweit, dass die SchülerInnen Grammatikregeln stumpf auswendig lernten und Vokabeln nur runtergerattert wurden, bis sie irgendwann im Kopf hängen geblieben sind. Am schlimmsten waren jedoch die Sprachlabore, bei denen Kinder englische Sätze oder Wörter auf die Ohren bekommen hatten und immerwieder nachsprechen mussten, bis sie es vernünftig konnten. Die Lehrkraft konnte sich in jedes einzelnes Labor einklinken und zuhören. Der Fokus wurde nur auf „focus on function“ (Thornbury) gelegt und „focus on form“ (Thornbury) wurde ausgeblendet. Die Kinder wurden dazu gedrängt möglichst akzentfrei zu sprechen. Konnte ein Kind dieses nicht hat es „fehlerfrei geschwiegen“, so blieb das Risiko aus einen Fehler zu machen.

In der Grundschule habe ich persönlich spielerisch englisch gelernt. Wir haben Lieder auf englisch gesungen und sogar ein Lied auf englisch auf einer Schulveranstaltung performt. Ab der 5. Klasse fing dann das stumpfe „wir lernen Vokabeln und schreiben jede Woche einen Test“ an.  Die SchülerInnen, die schon anfangs schlechtere Test schrieben, blieben schnell auf der Strecke und kamen mit der Flut an neuen Wörtern nicht zurecht. Ab der 11. Klasse haben sich klare Grenzen gebildet zwischen den „wir waren in den Sommerferien drei Monate in einer englischsprachigen Gastfamilie“ und denen, die es eben nicht waren. Die Lehrkräfte sprachen immer begeistert davon und wir „normalen“ SchülerInnen wurden eher weniger beachtet.

Als Beobachtung fände ich es interessant, ob es inzwischen andere Methode gibt, die Lehrkräfte anwenden, um die SchülerInnen zu ermutigen englisch zu sprechen. Dass also das „fehlerfreie Schweigen“ vermeidet. Außerdem würde mich interessieren, ob die Lehrkräfte immernoch so auf wöchentliche Vokabeltest drängen, um  die Wörterflut in Griff zu bekommen. Schön wäre es noch, wenn man allen SchülerInnen einen Aufenthalt im Ausland ermöglichen könnte. Also nicht nur denen, die das Geld in den Sommerferien übrig haben, sondern auch denen, die eben nicht die finanziellen Mittel haben.

Heterogenitätsdimensionen im naturwissenschaftlichen/technischen Unterricht

Vorab die drei „grundlegenden psychologischen Bedürfnisse“ nach Deci und Ryan (1993): Kompetenzerleben, Selbstbestimmung/Autonomie und soziale Eingebundenheit.
Sandra fühlt sich in einer Gruppe mit Mädchen wohler, sie fühlt sich sozial eingebunden, wenn sie in ihrer gewohnten Gruppe von Mädchen ist und eine Aufgabe zusammen erledigt. Eventuell denkt sie, dass sie für die Aufgabe, die Nistkästchen zu reparieren, nicht kompetent genug ist. Dafür ist sie sich sicher, dass sie für die Mandala Aufgabe die nötige Kompetenz hat.
Die Aufgaben sollen die Selbstbestimmung der SchülerInnen fördern. Allerdings sind die Aufgaben stereotypisch formuliert, weshalb sich ein Großteil der Mädchen für die Mandalas und ein Großteil der Jungen für die Nistkästchenaufgabe entscheiden werden. Ich persönlich hätte den Kindern angeboten mal in beide Aufgaben reinzuschauen. Eventuell würde das einige Mädchen dazu ermutigen sich doch für die andere Aufgabe zu entscheiden, wenn sie als Mädchengruppe zusammen die Aufgabe erkunden können.

Es ist nicht sinnvoll im Werkunterricht immer ein Mädchen und Jungen als Partner zu kombinieren, wenn sie den Hintergrund hat, dass ein Kompetenzausgleich vorliegen muss. Die Lehrkraft unterstützt den Stereotyp, dass Mädchen im Werkunterricht weniger Kompetenz aufweisen als Jungen. Die Kinder sollten sich ihre Partner selber aussuchen können.

Als Forschungsfrage fände ich es interessant, wie es sich auf die Kinder auswirkt, wenn man zum Beispiel eine Gruppe Mädchen, die sich hier jetzt mehr für die Mandala-Aufgabe interessiert haben, verhält, wenn sie dann die Nistkästchen-Aufgabe zusammen als Mädchengruppe bewältigen und natürlich umgekehrt, wie sich eine Jungsgruppe bei der Mandala-Aufgabe verhält. Eventuell können die  Kinder neue Interessen feststellen.

Soziokulturelle Heterogenität

In der Klasse, in welcher ich mein Orientierungspraktikum absolvierte, hatten ca. ein Drittel der Kinder einen Migrationshintergrund. Vier von den Kindern hatten noch nicht sehr viele Begegnungen mit der deutschen Sprache gemacht. Eines der Kinder hatte besondere Schwierigkeiten und konnte sich hauptsächlich mit Nomen verständigen. Es sagte Sachen, wie: „Ich Banane!“ und zeigte mir eine Banane. Er wollte damit ausdrücken, dass er eine Banane für das Frühstück dabei hatte. Ich fragte meine Mentorin, ob es Sprachkurse für diese Kinder gäbe. Sie musste mir erklären, dass diese Schule „nicht in einem Brennpunktgebiet liegt“ und die Stadt Bremen es deshalb „nicht für nötig empfinde diese Schule mit besonderen Förderungen“ auszustatten. Es bestand nur die Möglichkeit für die Kinder in einen anderen Stadtteil zu fahren und einen Sprachkurs an einer anderen Schule zu absolvieren. Für diesen Sprachkurs an einer anderen Schule wurden Flyer in der Klasse ausgeteilt und zwei der vier oben genannten Kinder wurden angemeldet. Diesen Sprachkurs würde ich in das Modell „Vergleich Ausländer-, Interkulturelle und Antirassistische Pädagogik/Bildung“ in „Ausländerpädagogik (70/80er bis jetzt) einteilen, da er ausländische Kinder mit Sprachförderungsbedarf anspricht.

Ich konnte also leider noch keine persönlichen Erfahrungen mit Angeboten dieser Art machen, aber ich kann mir als eine zukünftige Beobachtungsaufgabe vorstellen, dass man die Kinder mit Sprachförderungsbedarf besonders beobachtet und schaut, wie sich die Verständigung zwischen der Kinder mit guten Deutschkenntnissen und der Kinder mit Sprachförderungsbedarf verändert.

Dadurch, dass die Schule, an der ich mein Praktikum absolvierte, keine Förderung in der Richtung anbieten konnte, würde ich sagen, dass man anfangen sollte an jeder Schule Förderungen dieser Art anzubieten. Nur, weil es an einer Schule prozentual weniger Kinder mit Förderungsbedarf gibt, sollte man die Kinder, die einen Förderungsbedarf haben nicht auslassen!

Spannungsfeld Heterogenität und Homogenität

Heterogenität ist ein wichtiges Thema in allen Schulen. Besonders als Lehrer muss man sich dieser Herausforderung stellen. Im Gegensatz zum damaligen Unterricht, bei welchem man sich wenig um die Individuen gekümmert hat, ist es heute besonders wichtig jedes Kind als Einzelnes zu betrachten. Die Unterschiede der Kinder reichen von Alter, Geschlecht, Religion und Aussehen bis zu Hobbys oder Lieblingstier. Als Lehrkraft muss man alle Faktoren mit einbeziehen und die Kinder je nach Stand unterschiedlich fördern. Vielen LehrerInnen wünschen sich deshalb mehr Gemeinsamkeiten, weil sie Überforderungsbefürchtungen haben. Sie möchten eine „Komplexitätsreduktion“ (Luhmann 1975).

Die Lehrkräfte haben den Auftrag, dass das Kind im Vordergrund stehen soll und das jedes Individuum seine eigene, auf sich zugeschnittene Förderung bekommen soll. In meinem Orientierungspraktikum bin ich dort auf viele Zwiespälte gestoßen. Die meisten Lehrkräfte waren mit den Klassen und deren Heterogenität überfordert. Auch bedingt durch den Lehrermangel wurden einige Themen schneller behandelt, weshalb Kinder mit größeren Förderbedarf nicht immer mitgekommen sind. Die Klassenlehrerin hat mich deshalb oft gebeten mit den Förderkindern in einen extra Raum zu gehen, damit diese den Stoff aufholen können. Währenddessen wurde der Unterricht fortgeführt. Die Kinder mit Förderbedarf haben dies auch mitgekommen und mich gefragt, warum immer die gleichen Kinder mit mir in dem extra Raum sitzen. Die Klassenlehrerin sagte mir, dass es zu wenige Lehrkräfte an der Schule gäbe und die Klassen mit knapp 30 SchülerInnen zu voll wären. Sie wünschte sich oft einee Doppelbesetzung, um die Kinder mit Förderbedarf nicht auf der Strecke zu lassen.

Abschließend kann ich dazu sagen, dass viele Herausforderungen bevor stehen, die aktuell nicht in allen Schulen angegangen werden können. Dazu zählt hier zum Beispiel, dass Kinder mit Förderbedarf nicht immer die Förderungen bekommen, die ihnen zustehen sollte. Nicht alle Schulen schaffen es, dass das Kind als Individuum im Vordergrund steht. Meiner Meinung nach sollte dieses bei jedem Kind gewährleistet werden und ich wünsche mir, dass ich mit diesem Druck später umzugehen weiß und jedes Kind die Förderung bekommt, die es benötigt.

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