Ein Drittel der deutschen SuS haben einen Migrationshintergrund, eine besondere Gruppe dieser sind die sogenannten „Seiteneinsteiger“. Hierbei handelt es sich um SuS, die neu zugewandert sind, ohne oder mit sehr geringen Deutschkenntnissen. Diese sind bereits in einem nicht deutschsprachigem Land zur Schule gegangen.(Ehrenholz/ Maak (2013))
Viele dieser Seiteneinsteiger*innen müssen besonders gefördert werden, um möglichst schnell in den Schulalltag integriert werden zu können. Einige müssen zunächst alphabetisiert werden, danach folgt Auf- und Ausbau der allgemeinsprachlichen Kompetenz, gefolgt von dem Aufbau einer bildungssprachlichen Kompetenz. Dieses wird in den Vorkursen der jeweiligen Schule vermittelt. Nach etwa einem Jahr folgt dann der Wechsel der Seiteneinsteiger*in in den Regelunterricht. Bremen hat besonders gestaffelte Kurse, die je nach Alter/ Lernstand besucht werden z. B. gibt es extra abschlussorientierte Klassen für SuS der 9./10. Klasse.
Ich selber bin nur in der Grundschule in Kontakt mit einem „Seiteneinsteiger“ gekommen. Paul, ein Junge, der mit seinen Eltern aus Russland zuwanderte. Er besuchte jedoch nie einen Vorkurs, sondern kam direkt in unsere Klasse, ohne ein Wort Deutsch zu sprechen. Am Anfang war es schwierig mit ihm zu kommunizieren, jedoch lernte er die deutsche Sprache sehr schnell und wurde von unserer Klassenlehrerin durch besondere Aufgaben gefördert. Das ist ein gutes Beispiel für eine binnendifferenzierte Maßnahme.
Ich befragte eine Bekannte von mir, die Lehrerin ist, wie ihr Standpunkt zur Lesekompetenzentwicklung ehemaliger Vorkursschüler*innen sei.
Sie sagte, dass diese SuS meist flüssiger lesen könnten, als Muttersprachler*innen. Auch die Sinnentnehmung aus dem Text sei gut, meist mindestens so gut wie bei Muttersprachler*innen. Das beides käme daher, dass sie dieses in den Vorkursen intensiv geübt hätten. Jedoch würden sie meistens sehr leise lesen, da eine gewisse Hemmschwelle/ Angst bestehe, etwas falsch zu machen. Natürlich würde man auch ihren Akzent des jeweiligen Herkunftslandes hören.
Eine Schwierigkeit bestünde oft in der richtigen Betonung des Textes. Sie hätten Probleme darin, den Sinn des Textes so schnell zu verstehen, sodass sie eine angemessene Betonung finden könnten.
Die Beobachtungen der interviewten Lehrerin kommen mir sehr bekannt vor. Als Hilfsdozentin in einem Gymnasium hatte ich auch viel zu tun mit den nach Deutschland zugewanderten Kindern. Diese SuS, die ich dort triffte, waren auch teilweise besser im Lesen und Verstehen als die Kinder, deren Muttersprache Deutsch ist.
Persönlich finde gerade die Frage interessant, inwieweit sprachliche Vorkurse, in separaten Klassen, exklusiv wirken können. Mir wurde von einer ehemaligen Schülerin einer solchen Klasse erzählt, dass sie lieber direkt in eine Regelklasse gegangen wäre. Und das man als teilintegriertes Kind auch nie vollwertiges Mitglied der Klassengemeinschaft gewesen sei. Obgleich ich die mir dargestellte Problematik, der ehemaligen Schülerin gut nachvollziehen kann, halte ich den Ansatz des teilintegrierten Systems für sinnig und richtig. Jedoch sollten nicht nur Leistungsstarke und besonders Sprachtalentierte Schüler möglichst schnell voll in die Regelschule integriert werden. Eine besondere Förderung könnte, wie im Beispiel von Paul, während der Unterrichtszeit oder meines Erachtens auch Außerhalb, in Form von unterstützender Nachhilfe geschehen.