In dem Leistungsvergleich, der in der Schule jedem Kind aufgemacht wird, wird von jeglichen Besonderheiten der Person abstrahiert. Die Schülerinnen und Schüler werden ungeachtet ihrer sozialen und regionalen Herkunft, ihren Interessen und Bedürfnissen dem gleichen Maßstab unterworfen. So wird Chancengleichheit wahr gemacht und erhält ihre volle Schlagkraft: Weder Geschlecht, noch gesellschaftlicher Stand oder Herkunft sind ausschlaggebend in der Schulkonkurrenz – von nichts anderem als der Leistung, die in der Schule von den SchülerInnen erbracht wird, hängt der schulische Erfolg ab.

Wenn unterschiedliche Menschen an dem gleichen Maßstab bemessen werden, liegt es auf der Hand, dass dies unterschiedliche Resultate zur Folge hat. Diese unterschiedlichen Resultate entstehen gerade weil die Chancengleichheit in der Schule so gut durchgesetzt ist – und nicht, weil ein Mangel von ihr vorliegt.

Dass Kinder aus bildungsschwachen Familien in der Schulkonkurrenz häufig schlechter abschneiden als Kinder von Eltern mit einem höheren Bildungsstandard, hat in der Tat seine Ursache in dem jeweiligem Hintergrund des Kindes: Nicht nur, dass die akademisch ausgebildeten Eltern dazu in der Lage sind, dem Kind bei Lerndefiziten tatkräftig zur Seite zu stehen, auch die mit der Bildungsstärke einhergehende ökonomische Überlegenheit gegenüber den bildungsfernen Schichten ermöglichen den Nachhilfeunterricht und frühkindliche Förderung kognitiver Fähigkeiten wie beispielsweise Musikunterricht. Dies sind die Gründe für die höhere Leistungsfähigkeit – das, was den Schulerfolg ausmacht – und nicht für den Schulerfolg selbst.

Die Behauptung, daran könne man sehen, dass die Chancengleichheit nicht ausreichend durchgesetzt ist, beruht auf der aus der Statistik hervorgehenden Korrelation zwischen Kindern bildungsferner Schichten und dem im Vergleich schlechteren Lernresultaten, nimmt jedoch die Beziehung zwischen Leistungsschwäche und bildungsfernem Hintergrund als Begründung für die miserablen Ergebnisse. Die allgemein durchgesetzte Chancengleichheit sieht allerdings gerade von den Mitteln, mit denen die jeweilige Familie ausgestattet ist, ab, sodass nur das Leistungsprinzip der durchgesetzte Maßstab in der Schulkonkurrenz ist – und somit auch allein von der erbrachten Leistung der Erfolg abhängt.

Offen bleibt also die Frage, woran sich die Person eigentlich stört, die auf mehr Chancengleichheit pocht: Stößt ihr auf, dass die Leistung gar nicht der ausschlaggebende Grund dafür ist, dass Menschen von Bildung ausgeschlossen werden oder stört sie die ungleichen Ergebnisse, die die Auslese in der Schule als Resultat hat. In zweitem Fall ist es nicht geschickt, sich für Chancengleichheit einzusetzen, denn deren Ergebnis ist gerade der Ausgangspunkt der Beschwerde: die Ungleichheit der Lernresultate.