1. Was ist gemeint mit einer „nationalen Orientierung des Bildungssystems“?
Mit einer ,nationalen Orientierung des Bildungssystems‘ ist das Schulsystem gemeint, das sich den Normen und Werten des Landes orientiert, in dem man lebt. Gute Beispiele hierfür sind der Politikunterricht, der Religionsunterricht oder der Geschichtsunterricht. Auch im Musikunterricht wird in Deutschland überwiegend nur die deutsche bzw. die europäische Musik angesprochen. Auch aus meiner Vergangenheit kann ich berichten, dass im Politik- oder im Geschichtsunterricht der deutsche Staat und die deutsche Geschichte im Mittelpunkt standen. Im Religionsunterricht gab es hauptsächlich nur das Christentum.
Man kann sehen, dass jedes Schulsystem jeder Nation bzw. jedes Landes, einschließlich Deutschland, eine nationale Orientierung aufweist, da immer in der Landessprache unterrichtet wird, obwohl nicht alle Schülerinnen und Schüler die Nationalität dieses Landes besitzen.
2. Was nehmen Sie aus dem öffentlichen Diskurs über ‚Migration als Herausforderung für die Schule‘ und über sog. ‚Schüler mit Migrationshintergrund‘ als Informationen wahr und inwiefern hat die Vorlesung für Sie andere/neue Perspektiven dazu eröffnet?
Die Beantwortung dieser Frage hängt von der Definition des Begriffs ‚Migrationshintergrund‘ ab. Einen Migrationshintergrund hat jemand, der seinen Wohnsitz für länger als 3 Monate in ein anderes Land verlegt, was nicht sein Geburtsland ist.
Es ist wichtig, klarzustellen, was genau ein Migrationshintergrund für jemanden beschreibt, denn Schüler*innen, die seit einer kurzen Zeit in Deutschland leben und Kommunikationsprobleme aufweisen, sind nicht mit Schüler*innen gleichzustellen, die in Deutschland geboren und aufgewachsen sind, und die deutsche Sprache wie ihre Muttersprache sprechen können obwohl sie nicht die deutsche Nationalität besitzen. Dies wird oft verwechselt.
Man könnte die Migration als Herausforderung sehen, wenn man die Kommunikationsprobleme, fehlende Sprache oder die verschiedensten Bildungsniveaus der Schüler*innen, die seit kurzem in Deutschland leben, in Betracht zieht, denn somit wird die Chancengleichheit der Schüler*innen erschwert. Es ist äußerst wichtig, sich mit Heterogenität zu beschäftigen, damit diese Kinder nicht das Gefühl kriegen, fremd zu sein. Es können mehr Lehrkräfte mit Migrationshintergrund eingestellt werden, damit sich diese Kinder mit ihnen identifizieren können.
3. Inwiefern kann das Beispiel von Betül (Interviewausschnitt aus einer qualitativen Studie) als Ausdruck von Doing Culture durch Lehrer*innenhandeln im Unterricht herangezogen werden?
Das Fallbeispiel von Betül zeigt, dass ihre Lehrerin sehr viel negative Vorurteile für die türkische Kultur hat. Man sollte niemals über einen Menschen aufgrund seiner Herkunft oder Nationalität urteilen und vor allem als Lehrerin erst recht nicht, da man auch eine gewisse Vorbildfunktion vor den Schüler*innen trägt. Schule sollte ein Ort des gegenseitigen Verständnisses und der vielfältigen Toleranz sein.
Vor allem in der Schule sollte man nicht aufgrund der eigenen Nationalität mit anderen in eine „Schublade“ gesteckt werden. Es sollte eher vermittelt werden, dass jeder Mensch individuell ist, unabhängig seiner Herkunft, Religion und Nationalität.