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Genderkompetenzen im Literaturunterricht

RV03 – Dr. Elisabeth Hollerweger: Genderkompetenzen im Literaturunterricht

4. Mai 2020

  1. Erörtern Sie die zentrale Bedeutung der Lektüreauswahl im Kontext der Ansatzpunkte (Vermittler*innen, Rezipient*innen, Kompetenzziele, Lerngegenstände) eines gendersensiblen Literaturunterrichts!

Familie und Kindergarten sind die ersten Instanzen, wo Kinder mit Lektüre in Berührung kommen. Häufig begegnen Ihnen dort ausschließlich weibliche Vermittlerinnen. Damit die Kinder auch männliche Lesevorbilder haben, ist es daher wichtig dass Ihnen beispielsweise auch von Vätern vorgelesen wird. Jungen stehen häufig in der Kritik beim Lesen schlechter als Mädchen abzuschneiden, dies wird u.a. auf die eingangs erwähnten Vermittler*innen zurückgeführt. Wenn man sich dabei jedoch mit Studienergebnissen befasst, dann belaufen sich die Unterschiede vor allem auf die intrinsische Lesemotivation und auf Textsorten, wo bei Sachtexten die Jungen keineswegs schlechter abschnitten.

Wenn man nun also einen gendersensiblen Literaturunterricht anstrebt, dann muss man bei der Lektürewahl darauf achten, verschiedene Textsorten in den Unterricht einzubeziehen und bei der Themenwahl versuchen einen Konsens zu finden, die Kinder mit einzubeziehen. Man sollte keinesfalls anhand bestehender Klischees vorschnell urteilen, was den Mädchen und was den Jungen gefallen könnte und vorher die Texte zuteilen, falls man vorhat mehrere Texte in den Unterricht einzubeziehen. Die Kinder sollten eigenständig ihre Wahl treffen können.

Bei den Aufgaben ist es wichtig verschiedene Zugänge möglich zu machen. Dies kann man in Form von offenen und geschlossenen Aufgaben, sowie produktiven und analytischen Aufgaben umsetzen.

Auch sollte man sich unbedingt auch mit den bestehenden Gender-Dimensionen in der ausgewählten Lektüre beschäftigen und ob diese implizit oder explizit in der Lektüre eine Rolle spielen. Wenn man sich keine Gedanken darüber macht, dann ist meiner Meinung nach dies häufig ein Grund unterbewusst die bestehende Gender-Ordnung fortzuführen.

  1. Welche Erfahrungen haben Sie bislang mit den einzelnen Ansatzpunkten gendersensiblen Literaturunterrichts gemacht?

Ich selbst kann mich nicht daran erinnern, in meiner Schulzeit je mit Texten gearbeitet zu haben, die unserer gesellschaftlichen Genderordnung widersprochen haben. Eine explizite Auseinandersetzung hat also nie stattgefunden.

Eine Vielfalt an Textsorten war in meiner Schulzeit zwar gegeben, aber dass die Schüler*innen die Auswahl der Texte selbst treffen konnte war nur selten der Fall. Meist beschränkte sich diese Auswahl auf mehrere verschiedene, bereits vorausgewählte, Texte.

Bei den Aufgabenformaten, die ich selbst während meiner Schulzeit bearbeiten musste war meiner Meinung zwar eine Vielfalt zwischen offenen, geschlossenen und produktiven, sowie analytischen Aufgaben gegeben, aber eine Auswahl wurde selten getroffen und meistens musste jeder alle Aufgabentypen bearbeiten. Diese Erfahrung hat sich auch in meinen Praktika bestätigt.

  1. Welches Potential bieten implizite vs. explizite Genderkonstruktionen für die Auseinandersetzung mit Genderdimensionen? Entwickeln Sie je 1-2 Forschungsfragen, die Sie beim Einsatz der vorgestellten Beispiele im Unterricht besonders interessieren würden!

Wenn man anstrebt das Thema Gender in den Fokus zu stellen, dann eignen sich meiner Ansicht nach literarische Texte mit expliziten Genderdimensionen besser. Hier hat der Autor bewusste Entscheidungen getroffen die bestehende Gender-Ordnung einzuhalten oder auch bewusste Abweichungen getroffen. Bei der impliziten Gender-Ordnung stehen neben dem Geschlecht häufig auch noch andere Dinge im Fokus, bei dem in der Vorlesung vorgestellten Beispiel „Adrian hat gar kein Pferd“ hat neben Gender vor allem die soziale Herkunft noch eine Rolle gespielt.

Ich finde gerade Texte interessant, die eine implizite Genderdimension aufweisen und dabei von unserer gesellschaftlichen Gender Norm abweichen. Meine Forschungsfrage zu diesen literarischen Texten wäre „Fällt den Schüler*innen die Abweichung von der gesellschaftlichen Gender Norm auf und stellen Sie diese heraus?“. Eine Schülerfrage würde ich also nicht explizit unter dem Gesichtspunkt Gender stellen, sondern allgemein halten und offen stellen „Welche Besonderheiten hatte dieser Text, was ist dir besonders aufgefallen oder in Erinnerung geblieben?“.

  1. Wie ließe sich den verbreiteten Annahmen, Jungen seien Lesemuffel und Mädchen seien Leseratten in der Praxis entgegenwirken (optional)?

Selbst keine solchen verallgemeinernden Aussagen mehr treffen und gegen solche Aussagen argumentieren, wenn sie von anderen getroffen werden.

Die Anpassung der Lesevorbilder dahingehend, dass man beispielsweise in der Schule explizit auch nach Vätern als Lesepaten fragt. Ich habe in meinem Praktika mitbekommen, dass die Kinder mit Eltern „Lesepaten“ zusammen gelesen haben und kann mich daran erinnern, dass ausschließlich Mütter daran teilgenommen haben. Ich glaube das eine Konnotation mit Lesen als etwas weibliches, vor allem durch die in der Kindheit eingeprägten Lesevorbilder entsteht.

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