RV09 // Prof. Dr. Frank J. Müller // Auf dem Weg zu einer Schule für alle – gemeinsames Lernen am gemeinsamen Gegenstand oder gemeinsame Lernsituationen?

1.) Reflektieren Sie die Konsequenzen der Aussonderung von Schüler_innen mit Förderbedarf?

Wenn die Schüler*innen voneinander aufgrund ihres Lernstandes getrennt werden, kann es zu Abgrenzungen zwischen den SuS kommen. Diese Konsequenzen könnten dazu führen, dass sich die Schüler*innen ohne Förderstatus benachteiligt fühlen, da die anderen eine Sonderbehandlung bekommen. Zusätzlich werden Kinder mit einem Förderstatus schnell von den Schüler*innen ohne Förderstatus als „anders“ oder „komisch“ empfunden, weshalb es hier schnell zu Vorurteilen und soziale Ausgrenzung kommen kann. Dieses negative Umfeld könnte sich auch schlecht auf die Motivation und Leistung der SuS mit Förderbedarf auswirken. Zusätzlich könnten die Mitschüler*innen ohne Förderbedarf eine Vorbildfunktion für die  Schüler*innen mit Förderbedarf sein, welche bei einer Zerlegung des Lernstatus jedoch wegfallen würde. Aus diesen Gründen sollte keine allgemein keine Stigmatisierung in der Bildung stattfinden.

2.) Welche Informationen sind in der Diagnose „Förderschwerpunkt Wahrnehmung & Entwicklung“ bzw. „Förderschwerpunkt Lernen“ enthalten? Welche Informationen benötigen Sie von einer Schüler_in um Ihren Unterricht ggf. anzupassen?

Da der Förderschwerpunkt „Wahrnehmung & Entwicklung“ breit gefächert ist, wäre bei neuen SuS eine Zusammenarbeit mit ehemaligen Lehrkräften von Vorteil. Dementsprechend sollte sich die Lehrkraft noch vor dem Unterricht mit den Schüler*innen befassen und Informationen von Eltern oder Lehrkräften sammeln. Auch das Einsehen von Fördergutachten könnte hilfreich sein. Trotzdem sollte die Lehrkraft nicht mit starken Vorurteilen in den Unterricht gehen, da sich die Schüler*innen mit Förderbedarf auch weiterentwickeln können oder auch noch andere Defizite kommen können. Zusätzlich sollte sich die Lehrkraft mit der genauen Diagnose der SuS beschäftigen, damit das Kind schließlich richtig gefördert werden kann.

3.) Wie können Sie in Ihrem Unterricht die Zugänglichkeit und Anschaulichkeit von Medien/Materialien verbessern? Welche Verbündeten können sie dazu gewinnen?

Um die Zugänglichkeit und Anschaulichkeit von Medien und Materialien im Unterricht zu verbessern könnten die Lehrkräfte zum Beispiel kostenlose Internetquellen (z.B. Youtube) nutzen. Genauso wäre es auch vorteilhaft, wenn die Lehrkräfte untereinander (auch von anderen Schulen) ihre Materialien austauschen und für jeden zugänglich machen, wie im Beispiel Norwegen (Folie 39). Es können auch in Fortbildungen oder ehemaligen Kommilitonen Verbündete gefunden werden (Folie 31). Zusätzlich kann durch einen abwechselnden Unterricht das Interesse von Seiten der SuS gefördert werden.

4.) Wählen Sie eines der Lernvideos auf path2in.uni-bremen.de aus, schauen Sie es sich an und schreiben Sie kurz eine begründete Empfehlung für Ihre Kommiliton_innen, warum es sich ggf. lohnt sich das Video anzusehen.

Ich würde das Video „Schulzeit“ von Carina Kühne empfehlen. Aus diesem Video lässt sich erkennen, dass Schüler mit einer Beeinträchtigung (in diesem Fall Trisomie 21) oft von den Lehrkräften falsch behandelt werden. In diesem Beispiel hat die Lehrkraft die Schülerin auf ihre Behinderung reduziert und ihr nicht die Möglichkeit gegeben, sich weiter zu entwickeln. Gerade so sollte Inklusion nicht stattfinden, da alle Schüler*innen die gleiche Chance verdienen, ihre Stärken zu fördern.

 

Ein Kommentar

  1. Liebe Johanna,

    ich stimme dir bei deinen Einschätzungen zu den negativen Folgen der Aussonderung von Schüler*innen mit Förderbedarf überwiegend zu. Eine bewusste Abgrenzung, wodurch direkt gezeigt wird, dass eine nicht Andersartigkeit in den Regelunterricht passt, ist erstmal grundsätzlich verletzend. Das kann sich schnell auch zu einem Gefühl der Ausgrenzung entwickeln, was auch dadurch verstärkt werden kann, dass sich eine negative Konnotation des Förderbedarfs durch die Aussonderung bei den restlichen Mitschüler*innen etabliert. Viel mehr glaube ich, so wie du auch, dass eine Inklusion förderlich ist. Richtig umgesetzt stärkt sie das Selbstbewusstsein, das Gruppengefühl und soziale sowie zwischenmenschliche Fähigkeiten der gesamten Lerngruppe. Ich würde also etwas von deiner Darstellung abweichen, dass die Schüler*innen mit Förderbedarf im Verband der Lerngruppe dann „Vorbilder“ finden sondern sehe es viel mehr als ein „Geben und Nehmen“ und als großartige Unterstützung für eben jene Schüler*innen.

    Wie du schreibst, ist der Bereich „Wahrnehmung & Entwicklung“ sehr breit gefächert und deckt Einschränkungen über Kognition, Wahrnehmung und Gedächtnis bis hin zu ganz speziellen Rechen- oder Lese-Rechtschreib-Schwächen eine riesige Bandbreite ab (Berndt-Schmidt et al. 1995). Um sich als Lehrkraft also einen genauen Überblick über die Sachlage zu schaffen, müssen Eltern, Lehrkräfte und auch die Schüler selber befragt werden! Eine unvoreingenommen Herangehensweise ist dabei von größter Bedeutung und man darf nicht nur in dem Label des Förderbedarfs denken. Die Einschränkungen bedeuten ja z.B. nicht, dass der/die Schüler*in nicht selbstverständlich auch Stärken und Interessen hat. Eine wichtige Ressource für Informationen sind natürlich auch, wenn vorhanden, Schulbegleiter*innen. Die Begleitung des tagtäglichen Schulalltags aus dieser Sicht eröffnet nochmal ganz neue Perspektiven, die viel näher und akkurater sein können als die anderer Lehrkräfte oder der Eltern. In dieser Hinsicht sind natürlich auch Sonder- oder Sozialpädagog*innen ein guter Ansprechpartner, sofern diese mit dem/r Schüler*in bereits zusammengearbeitet haben. Wichtig neben den Stärken und Schwächen könnten auch Rituale oder erprobte Hilfen sein, die dann bestmöglich wieder einzubinden sein sollten!

    Zusätzlich zu den ehemaligen Kommoliton*innen sind natürlich ganz simpel auch noch Lehrkräfte im Kollegium oder an anderen Schulen zu nennen, mit denen man sich vernetzen könnte. „itslearning“ bietet ja derzeit auch ein hervorragende Plattform für eben jenes. Zudem möchte ich auch deinen Beitrag nochmals um die Schulbegleitungen ergänzen, die in der direkten Ausarbeitung von Materialien und Medien für Schüler*innen mit Förderbedarf assistieren können.

    Ich finde deine Videowahl total toll! Sie war auch der Grund, weshalb ich mich dazu entschieden habe, deinen Beitrag zu kommentieren. Ich selber habe einen Cousin, der das Down-Syndrom hat und seine Schulzeit in Regelschulen verbracht hat. Ich fand es bei diesem Video besonders eindrücklich, wie stark destruktiv eine Lehrkraft durch den Missbrauch ihrer Macht auf die Entwicklung eines/r Schüler*in mit Förderbedarf wirken kann. Ich halte es für einen absoluten Extremfall aber auch nicht für eine Seltenheit, was Carina Kühne hier wiederfahren ist. Inklusion wird als Last gesehen, Chancen nicht gewährt und Menschlichkeit entzogen – leider ein fast gebräuchliches Bild, würde ich behaupten. Ich möchte auch nochmal den Kontrast zwischen ihrer Klassenlehrerin und den Mitschüler*innen, die sie offen und herzlich behandelt haben, herausstellen. Ich glaube, sich mithilfe dieses Erfahrungsberichts genau diese Diskrepanz und die Auswirkungen einer schlechten Behandlung vor Augen zu führen, ist für unsere Kommoliton*innen Gold wert.

    Liebe Grüße,
    Lennart

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