Heterogenitätsdimensionen im naturwissenschaftlichen Unterricht

Liebe Leser*innen, 

in meinem heutigen Blog geht es um Heterogenität im naturwissenschaftlichen Unterricht. Hierfür versetze ich mich in folgende Lagen als zukünftige Lehrkraft: 

1. Im Rahmen eines Projekttages dürfen die Schüler*innen der 3b wählen, ob sie lieber Naturgegenstände sammeln und damit ein Wald-Mandala gestalten oder aber in Bäumen aufgehängte Nistkästen abhängen und reparieren möchten. Sandra interessiert sich mehr für die Nistkästenaufgabe, wählt aber wie die meisten anderen Mädchen der Klasse das Mandala-Vorhaben. Finden Sie mögliche Erklärungen für diese Entscheidung vor dem Hintergrund der „grundlegenden
psychologischen Bedürfnisse“ nach Deci und Ryan (1993).

Nach Auffassung der „grundlegenden psychologischen Bedürfnisse“ nach Deci und Ryan (1993), kann Sandras Entscheidung das Kompetenzerleben, die Selbstbestimmung / Autonomie oder die soziale Eingebundenheit umfassen. In dem oben genannten Beispiel geht es vor allem um die soziale Eingebundenheit, denn Sandra möchte in ihrer Umgebung (in dem Fall von den anderen Mädchen aus ihrer Klasse) akzeptiert und anerkannt werden. So entscheidet sie sich nämlich gegen ihr Interesse, die Aktivität mit den Nistkästen durchzuführen, und wählt stattdessen, die Aktivität ein Wald-Mandala zu gestalten, da dies auch das Vorhaben der Mehrheit der anderen Mädchen ist. Sandras Selbstbestimmung/ Autonomie ist in ihrer Entscheidung nicht zu erkennen, da sie ihr eigentliches Vorhaben in den Hintergrund stellt und sich der Mehrheit anpasst. 

2. Welche didaktischen Entscheidungen konterkarieren in dieser Situation (paradoxer Weise?) für den Großteil der 3b die Förderung vielfältiger Interessen?

Die Kinder der 3b haben ihr die Möglichkeit zwischen zwei Aufgaben zu wählen. Entweder sie bauen die Nistkästen oder sie gestalten ein Wald-Mandala. Unklar ist, ob sie auch beide Aufgaben machen dürfen bzw. ob die Zeit dafür gegeben ist. Dies wäre förderlicher für die Entwicklung vielfältiger Interessen. Die Kinder könnten sich so in mehreren Bereichen weiterentwickeln. So können sie sich beim Bauen der Nistkästen ihre handwerklichen und …Kenntnissen ausbauen. Gleichzeitig können die Schüler*innen beim Gestalten des Wald-Mandals ihre Kreativität und Ästhetischen-Bildung fördern. Um vielfältige Zugänge zu schaffen, ist es sinnvoll den Kindern so viel Entscheidungsfreiheit, wie möglich, zu bieten. Das heißt nicht nur bei der Wahl der Aktivität, sondern auch bei der Durchführung der einzelnen Aktivität. Wenig Vorschriften fördert die Kreativität, Selbstbestimmung und das Kompetenzerleben.

3. Eine Kollegin berichtet im Lehrer*innenzimmer, dass sie im Werkunterricht bei Partnerarbeiten meist Junge/Mädchen kombiniert, um Kompetenzunterschiede auszugleichen. Kommentieren Sie
diesen Ansatz mit Blick auf verschiedene denkbare Ausprägungen technikbezogener Selbstkonzepte der Schülerinnen und Schüler.

„Das Selbstkonzept ist ein System aus „allgemeinen, bereichs- und situationsspezifischen Selbstschemata“ (Jerusalem 1997, S.3) Diese werden durch persönliche Erfahrungen und deren subjektive Interpretation aufgebaut.“ (Jerusalem 1997, S.3, zit. n. Franz 2008, S. 94f)“

In dem Beispiel macht die Lehrerin eine (unbewusste) Einteilung in „gut“ und „schlecht“. So geht sie davon aus, dass die Jungen „besser“ im Werkunterricht sind, als die Mädchen. Davon ausgehend lässt sie immer einen Jungen und ein Mädchen gemeinsam arbeiten, damit „gleich gute“ Teams entstehen. Die Mädchen bekommen so den Eindruck, nur gemeinsam mit einen Jungen „gut“ zu sein. Dies kann das technikbezogene Selbstkonzept bzw. die Selbstwirksamkeitsewartung der Mädchen verschlechtern. Sie bekommen, im Gegensatz zu den Jungen, kein Zutrauen, Anforderungen im technischen Bereich durch eigene Kompetenz bewältigen zu können, vermittelt. 

4. Sie möchten eine Bachelorarbeit zu gendersensiblem Sachunterricht schreiben. Formulieren Sie eine mögliche Forschungsfrage hierzu und erläutern Sie, inwiefern Unterrichtsbeobachtungen oder
Befragungen von Schüler*innen bzw. Lehrer*innen für Ihre Bearbeitung der Forschungsfrage hilfreich sein könnten.

Forschungsfrage: „Wie muss der Unterricht didaktisch aufbereitet sein, damit ein gendersensibler Sachunterricht stattfinden kann?“ 

Unterrichtsbeobachtungen können für diese Frage hilfreich sein, um den Unterricht kritisch zu reflektieren und um ihn so zu verbessern. Zudem könnte das Lehrer*innen- und das Schüler*innen Verhalten beobachtet werden, um die Methoden, Themen, Aufgaben etc. anzupassen. Des Weiteren werden so die Stärken und Schwächen deutlich. Eine Befragung der Schüler*innen kann hilfreich sein, um die Interessen und Wünsche dieser mit einfließen zu lassen. Auch andere Lehrer*innen können befragt werden, um sich Meinungen zu deren didaktischen Aufbereitung einzuhohlen, um neue Ideen für die eigene Planung sammeln zu können. Es werden dann Erkenntnisse klar, die einen vorher nicht bewusst waren oder die man vorher nicht bedacht hätte. 

0 thoughts on “Heterogenitätsdimensionen im naturwissenschaftlichen Unterricht

  1. Hallo Jessica,

    zu erst wollte ich dir sagen, man kann deinen Beitrag gut folgen.

    Bei der ersten bin ich deiner Meinung. Du hast gut beschrieben, warum Sandra sich eher für das Wald-Mandala entschieden hat. Und da will ich auch schon an Aufgabe 2 anschließen. Dort beschreibst du gut, dass es sinnvoller wäre, wenn die Kinder beide Aufgaben machen sollten, um die technischen und künstlerischen Fähigkeiten auszuprobieren. So könnte Sandra dann ihre favorisierte Aufgaben machen und danach dann das Wald-Mandala (oder auch andersherum) ohne das sie Angst haben müsste, dass sie von den anderen Mädchen nicht akzeptiert wird. Auch können die Kinder so einschätzen, ob ihnen eher das technische mehr liegt oder das künstlerische.
    Auch bei Aufgabe 3 bin ich deiner Meinung. Die Lehrerin teilt, wie du beschrieben hast, die Kinder (unbewusst) in „gute“ und „schlechte“ Schüler*innen ein, was das handwerkliche angeht. So kann man nicht erkennen, was die Mädchen überhaupt können, wenn sie als „schlecht“ von der Lehrkraft einstuft wird und einem Jungen zugeteilt wird.

    Deine Forschungsfrage finde ich sehr gut, welche du auch sehr gut beschreibst, warum du diese gewählt hast. Da kann ich nichts hinzufügen. 🙂

    Im ganzen finde ich deinen Beitrag sehr gut und bin in voller Überzeugung deiner Meinung.

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