In der letzten Vorlesung wurde anhand der damaligen schulischen Situation, in der Mädchen und Jungen sogar getrennt voneinander unterrichtet wurden, der Begriff der heutigen Genderpädagogik genauer betrachtet. Diese Form der Pädagogik befasst sich damit, dass Kinder und Jugendliche bereits in der Entwicklung ihrer Geschlechtsidentität unterstützt werden sowie ihnen gleichzeitig die notwendige Offenheit für Erfahrungen vermittelt werden, die sich von konservativen Vorstellungen über Geschlechter unterscheiden. Sehr auffallend dabei ist, dass Kinder sowie Jugendliche ein großes Interesse verspüren, einem Geschlecht zuzugehören.
Ziel der Genderpädagogik sei es, Geschlechtergerechtigkeit zu verwirklichen und Entwicklungsräume zur Verfügung zu stellen, in den einengende Geschlechtervorstellungen zugunsten einer Vielfalt von individuellem Junge- und Mädchen- Sein überwunden werden können.
Neue und vielfältige Erfahrungen und Entwicklungsmöglichkeiten können demnach nur eröffnet werden, wenn geschlechterspezifische Verhaltensweisen von Kindern und Jugendlichen erkannt werden. Nur so könnten Handlungskompetenzen erweitert und stereotypes Verhalten hinterfragt werden. Es sei nicht zu unterschätzen, dass der Umgang mit geschlechtsbezogenen Verhaltenserwartungen für viele Mädchen und Jungen Druck auslöst, um exakt eben diesen Erwartungen zu entsprechen.
Die Frage ist, ob eine Erklärung für die frühe Zuordnung neben konservativen Erwarten auch tatsächliche Gegebenheiten, wie zum Beispiel der geringe Anteil männlicher Lehrkräfte in Grundschulen sowie der Mangel an männlichen Erziehern in Kindergärten, sein könnten. Demnach könnte man behaupten, den SuS fehle schlichtweg ein männliches Vorbild. Oder aber, es könne zudem das soziale Umfeld sein, das Kinder und Jugendliche zunehmend in dieser Typisierung stärkt.
Während meiner Schullaufbahn hat es zwar eine klare konservative Sichtweise auf bestimmte geschlechterspezifische Merkmale gegeben, jedoch hatte ich nicht das Gefühl, dass Ausgrenzungen dem zugrunde lagen. Sicherlich gab es Gruppen die sich zusammengefunden haben und nach gewissen Interessen und Leistungsbereitschaften von anderen abgrenzten, aber dass dieses nur aufgrund des Geschlechts geschah, kann ich nicht behaupten. Es gab kaum Diskriminierungen anderer Gruppen sondern die damalige Situation könnte eher als ein nebeneinander, anstatt gegeneinander, betitelt werden. Ich selber gehörte einer sehr „coolen“ Gruppe an, was sich jedoch schnell in schlechten Noten äußerte. Erst mit dem Bewusstsein, mein Abitur auf dem zweiten Bildungsweg nachzuholen und tatsächlich ein Studium anzustreben, änderte sich meine Einstellung und Leistungsbereitschaft. Doch selbst in der Erwachsenenschule gab es noch die bereits oben erwähnte Ansammlung bestimmter Gruppen, mit bestimmten Interessen. Aber auch hier waren diese nicht nach Geschlechtern „sortiert“.
Im Praktikum an der Schule wäre demnach interessant herauszufinden, ob diese Art der Gruppenbildung tatsächlich nur in der Form existiert, wie ich sie erlebt habe oder ob es an anderen Schulen doch geschlechterspezifische Zuteilungen von Eigenschaften und Gruppenbildungen gibt. Die Reaktion der Lehrkräfte auf solche Situationen werde ich hierbei besonderes in Augenschein nehmen sowie ob sich zudem auch ein Zusammenhang mit der sozialen bzw. ökonomischen Herkunft der evtl. betroffenen SuS erkennen lässt.