Mathematische Leistungen

  • Sind Unterschiede in den mathematischen Leistungen von Schülerinnen und Schülern ein Grund zur Sorge? Welche Bedeutung kommt dem zweigliedrigen Schulsystem (Oberschule / Gymnasien) in Bremen diesbezüglich zu?
  • Spielen im Mathematikunterricht, kann das angesichts von Leistungsunterschieden ein Ansatz sein? Beziehen und begründen Sie eine Position aus Lehrenden-Sicht, die auch Schülersichtweisen einbezieht.
  • Spielen kann im Handeln „stecken bleiben“, das Denken kommt zu kurz.  Formulieren Sie zwei Fragen, welche Ihnen helfen können, mögliche Denkhandlungen von Lernenden zu beobachten.
  • Benennen Sie zweiunterschiedliche Möglichkeiten, wie Sie als Lehrkraft ausgehend vom Spielen eine weitere kognitive Aktivierung von Lernenden anregen können.

 

  1. Ursprünglich hatte ich mir nach dem Abitur geschworen, mich nie wieder intensiv mit Mathematik zu beschäftigen. Nun sah ich auf dem Ablaufplan „Mathematikdidaktik“ und dachte daran, dass ich auch so langsam mal einen Blogbeitrag verfassen müsste. Also besuchte ich die Vorlesung; doch im Hinterkopf behielt ich stets meine Schulzeit. In der 8 Klasse verstand ich nicht, wie ich 1,5 + 1,5 ohne den Taschenrechner rechnen sollte und als sich dann Buchstaben in die Mathematik mischten, war ich vollkommen aufgeschmissen. Die Frage ob „Unterschiede in den mathematischen Leistungen von Schülerinnen und Schülern ein Grund zur Sorge“ seien, ist daher keine besonders einfache Frage. Für mich läuft sie zwangsläufig darauf hinaus zu beantworten, ob denn auch meine eigenen mathematischen Fähigkeiten ein Grund zur Sorge seien. Zunächst einmal ist es verständlich, sich diese Frage zu stellen, denn hinter „Unterschieden“ können auch „Ungerechtigkeiten“ stecken. Mädchen werden oftmals im Bezug auf Naturwissenschaften (darunter auch Mathematik) anders sozialisiert und die soziale Herkunft und selbst Schulform spielt bei jedem SuS eine große Rolle für die mathematischen Schulleistungen. Kinder haben bereits von Geburt an unterschiedliche Privilegien und Voraussetzungen, die sie nicht beeinflussen können. Dann gibt es durch die unterschiedlichen weiterführenden Schulen eine weitere Auslese, welche maßgeblich durch die Verhältnisse, in denen ein Kind aufwächst, beeinflusst wird. Kinder aus Akademiker-Familien haben nach Angaben der Bundeszentrale für politische Bildung (Stand: 2010) eine höhere Chance später ein Gymnasium zu besuchen[1]. Darüber hinaus sind nach Angaben der OECD „die Unterschiede (Varianz) in den Ergebnissen für Mathematik in Deutschland zu 17 Prozent auf den sozio-ökonomischen Status der Schüler zurückzuführen“[2]. Mathematische Leistungen sind also zu einem Teil an die soziale Herkunft der SchülerInnen gebunden. Doch allein die Tatsache, dass die stetig-ermüdende Frage nach der Leistung wieder auftritt, sollte schon der erste Denkanstoß in diesem Sachverhalt sein. Die Überlegung wie man mathematische Leistungen steigern kann, hängt oftmals enger mit einem unterschwelligem Wirtschafts- und Konkurrenzdenken zusammen, als einem Bemühen für Bildungsgerechtigkeit. Studien wie PISA scheinen in den Köpfen vieler wie ein Wettbewerb der Nationen zu sein, in dem es Gewinner oder Verlierer gibt[3]. Dabei wird nicht beachtet, dass die unterschiedlichen Länder völlig verschiedene Schulsysteme und Ansprüche haben und, dass PISA mehrfach (u.a. auch von MathematikdidaktikerInnen) für seine ungenügende Beweisbarkeit von mathematischer Leistungsfähigkeit kritisiert wurde[4]. Trotzdem setzte 2001 nach der Veröffentlichung der PISA-Studie eine deutschlandweite Sorge im Bezug auf die Unterschiede der mathematischen Leistungen von SuS ein. Diese Sorge ist nicht grundlegend unberechtigt, aber fehlgeleitet. Statt PISA als eine Auswertung eines internationalen Wettbewerbs zu sehen, sollten wir uns Gedanken über unser Schulsystem und die Ursprünge der Bildungsungerechtigkeit machen. Wir sollten auch die Fehlbarkeit und Problematiken an PISA erkennen und uns überlegen, wie man noch genauere Ursachenforschung betreiben kann. Die Leistungen sind hierbei nicht zentral, sie sind lediglich ein Symptom. Die Ursprünge dieses Symptoms, unter anderem Soziale Herkunft, Geschlecht, Unterrichtsmethoden oder Schulformen, sind der wahre Grund zur Sorge. Die Lösungen dafür sind so divers und kompliziert, dass man darüber eine Bachelorarbeit schreiben könnte.

 

  1. Die Möglichkeiten für Lehrende an den oben genannten Ursachen zu arbeiten, sind stark begrenzt. Es bleibt also momentan keine andere Wahl, als Symptome zu bekämpfen (auch wenn dies keine langfristige Lösung für die Bildungsungerechtigkeit sein kann). Andere Unterrichtsmethoden, wie zum Beispiel Spielen im Unterricht, wäre eine Möglichkeit die Leistungen etwas zu verbessern. Zunächst muss hierbei jedoch angemerkt werden, dass dies für die Lehrkräfte im Fach Mathematik auch eine klare Herausforderung darstellt. In Grundschulen und auf einem niedrigen Niveau können mathematische Spiele einfach zu konzipieren sein. Mathematik zeichnet sich jedoch ab einem gewissen Level vor allem durch einen Grad von Abstraktheit aus. In einigen Bereichen wird Mathematik so abstrakt, dass sich kaum oder gar keine realen Beispiele finden, die das Thema anschaulich machen könnten. Für das Lösen einer F-Funktion lassen sich einfach wenig Spiel-Möglichkeiten finden. Es ist also besonders wichtig die SchülerInnen möglichst früh mit viel Spiel und anschaulichen Beispielen für mathematisches Denken zu begeistern. Daher könnten ihre Chancen steigen, in späteren Jahren ein hilfreiches Zahlenverständnis aber vor allem eine Lust an der Mathematik trotz der abstrakteren Aufgaben zu beweisen.

3. Verstehen die SchülerInnen die Verbindung des spezifischen Spielens mit dem mathematischen Sachverhalt? Macht das Spiel die SuS unruhiger und unkonzentrierter oder werden sie aufmerksamer?

4. Das Spielen ist eine Möglichkeit für die SuS sich geistig mit dem Unterrichtsstoff auseinanderzusetzen (kognitive Aktivierung). Doch es gibt noch weitere Möglichkeiten die geistige Aktivität der Lernenden zu entfachen. Darunter fällt zunächst einmal die Art der Präsentation des Lehrenden. Laut und deutlich sprechen, nicht zu schnell, rechtzeitig Pausen machen und während des Sprechens Akzente setzen, sind wichtige Fähigkeiten, die jede Lehrkraft besitzen sollte. Für die Schüler wird es so einfacher zu folgen und zu verstehen, was besonders wichtig ist. Eine weitere Möglichkeit sind kleine Pausen innerhalb der Unterrichtsstunde. Je jünger die SuS sind, desto geringer ist ihre Aufmerksamkeitsspanne. Da der Unterricht an deutschen Schulen darüber hinaus auch zu früh beginnt[5], sollte die Lehrkraft genau auf die Lernenden achten und in den richtigen Momenten Pausen erlauben.


[1] Welchen Einfluss hat die soziale Herkunft beim Zugang zum Gymnasium? (2010), Bundeszentrale für politische Bildung, 27.11.2015, http://www.bpb.de/216414/welchen-einfluss-hat-die-soziale-herkunft-beim-zugang-zum-gymnasium-2010

[2] PISA- Kennwerte zum Kompetenzstand von 15-Jährigen, Organisation for Economic Co-operation and Development (OECD), 2012

[3] Schüler-Vergleichstest: Das sind die Sieger der neuen PISA-Studie, Bild.de, 06.12.2016, https://www.bild.de/politik/inland/pisa-studie/das-sind-die-sieger-der-neuen-pisa-studie-49093496.bild.html

(Eine Suche bei Google mit den Stichworten „PISA Gewinner Verlierer“, legt noch viele weitere Quellen offen)

[4] Kritik an den PISA-Studien, Wikipedia.de, https://de.wikipedia.org/wiki/Kritik_an_den_PISA-Studien

[5] Der Staat verliert Milliarden, weil Teenager nicht ausschlafen dürfen, Stern.de, 07.09.2017, https://www.stern.de/familie/kinder/spaeterer-schulbeginn-wuerde-dem-staat-milliarden-einsparen-7609294.html

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