Wir haben uns die Frage gestellt, wie sich Meschen und Ameisen in ihrem Verhalten bezogen auf die Kommunikation und Orientierung, die Viehzucht und die Organisation des Ameisenstaates ähneln. Da die schwarze Wegameise in unseren Breitengraden lebt, haben wir uns diese Ameise etwas näher angeschaut.
Die schwarze Wegameise gehört zur Gattung der Wegameisen und kommt in Mitteleuropa, Asien, Afrika und Nordamerika vor. Sie ist die am häufigsten vorkommende Ameisenart Mitteleuropas.
Aussehen
Die Arbeiterinnen sind zwischen 3 und 5 mm lang, die Männchen werden bis zu 9 mm lang. Ihre Farbe variiert zwischen dunkelbraun und schwarz, die dichte Körperbehaarung der schwarzen Wegameise ist silbrig und dazwischen befinden sich einzelne längere Haare.
Sie ist von anderen Ameisenarten aufgrund ihrer geringeren Größe und der Farbe gut zu unterscheiden.
Die Geschlechtstiere besitzen Flügel, Arbeiterinnen sind Flügellos. Die Begattung findet im Flug statt, die Männchen sterben kurz darauf und die Jungkönigin wirft ihre Flügel ab und gründet ein Nest.
Körperbau einer Ameise
Durch das Stielchenglied hat der Hinterleib eine hohe Beweglichkeit (typisches Merkmal der Ameise)
Am letzten Fußglied befinden sich ein paar Krallen, die gut für Klettern auf rauem Untergrund geeignet sind. Zwischen den Krallen befinden sich Haftballen zum Festhalten auf glatten Flächen.

Die mehr oder weniger stark bezahnten Mandibeln sind Universalwerkzeuge, mit denen die Ameise unter anderem mit anderen Insekten oder kleineren Fressfeinden kämpft.
Die Facettenaugen bestehen aus bis zu 1200 Einzelaugen und auf der Stirn befinden sich (hauptsächlich bei beflügelten Ameisen) drei Stirnaugen.
Spezielle Gehörorgane fehlen der Ameise, sie kann aber Substratschall wahrnehmen.

Das Gehirn ist bei den Arbeiterinnen aufgrund ihrer vielfältigen Aufgaben und Gedächtnisleistungen größer ausgebildet als bei den Männchen und bei der Königin.
Die Atemöffnungen können aktiv verschlossen werden, was den Ameisen ermöglicht lange unter Wasser zu bleiben

 

Verteidigung

Feinde der schwarzen Wegameise sind unter anderem Vögel, Säugetiere wie Dachse oder Ameisenbären oder andere Insekten wie der Ameisenlöwe.
In speziellen Drüsen bilden Ameisen Ameisensäure, die auf der Haut brennt. Der Ameisensäuredampf wirkt als Atemgift für viele Kleintiere tödlich.
Neben Giften für Angriff und Verteidigung können in den Drüsen auch Alarmsubstanzen und Lockstoffe enthalten sein, durch die Artgenossen benachrichtigt werden können.
Andere Ameisenarten haben auch einen Stachel, mit dem sie sich zur Wehr setzen können.

Orientierung

Ameisen müssen sich im Dunklen ihres Nestes wie auch außerhalb des Nestes in einem Gebiet orientieren, das 100km lang sein kann. Dazu nutzen sie:
die Sonne: Ameisen sind rotblind, können aber UV-Licht wahrnehmen. Sie nutzen den Sonnenstand zur Orientierung.
die Fühler: Ameisen haben einen ausgeprägten Tastsinn. Mit ihren Fühlern können sie die Umgebung eruieren. Beispiel: Bordsteinkante.
Duftstoffe: Ameisenstraßen werden mit Duftstoffen markiert. Anhand dieser Duftspuren orientieren sie sich. Ihr Geruchssinn ist so hervorragend ausgeprägt wie bei Hunden. Doch eine Unterbrechung der Duftspur führt zu Irritation. Ameisen laufen zunächst durcheinander, bis eine mutige Ameise den duftstofffreien Part überwindet und ihre Genossinnen wieder auf den richtigen Weg bringt. Sie erkennen auch am Duft, ob sie sich in der richtigen Ameisengruppe aufhalten.

Kommunikation

Da Ameisen sehr eng zusammenleben und vielen unterschiedlichen Tätigkeiten nachgehen, muss es eine komplexe Kommunikation geben.
Berührungen und Tasten:
Der Kopf wird mit den Antennen betrommelt und gleichzeitig der Mund mit den Vorderbeinen berührt. Das soll heißen: „gib mir Futter!“ oder ein Zerren mit den Mandibeln bedeutet so viel wie: „komm mit!“
Laute durch Stridulieren:
Durch das schnelle Auf- und Abbewegen des Hinterleibs können Ameisen Töne mit
Hohem Ultraschallanteil erzeugen. Eine verschüttete „schreiende“ Genossinnen kann dadurch von anderen Ameisen erspürt und ausgegraben werden. Ameisen haben keine Gehörorgane und „Hören“ durch die Sinneshaare auf den Antennen. Große Ameisenarten erzeugen eher Töne mit niederen Frequenzen, welche vom Menschen hörbar sind.
Duftsprache:
Ameisen besitzen bis zu 20 Drüsen, die viele unterschiedliche Duftstoffe zur Kommunikation produzieren. Diese nennt man Pheremone.
Sie legen z.B. eine Duftspur von der Beute zum Nest und bieten anderen Ameisen Futter an. So wissen die anderen Ameisen, dass diese Ameise Hilfe beim Transport der Beute benötigt und können sich anhand der Duftspur auf den Weg machen. Sie versprühen einen Alarm- und Abschreckduft, wenn Gefahr besteht, um die anderen Ameisen ihres Staates zu informieren. Weitere Kommunikationsdüfte sind u.a. Königinduft und Sexualduft, Duft der Entwicklungsstadien der Ameisen, Totenduft – Transport zum „Friedhof“, Nestduft und Duft des Staates.

Ameisen haben eine vielfältige Kommunikation und sind in der Lage, sich zu orientieren, aber im Gegensatz zum Menschen handeln sie instinktiv und nicht bedacht. Bei Gefahr verlieren sie schnell die Übersicht. Anstatt ein Hindernis aus dem Weg zu räumen, sind sie damit beschäftigt, die Brut in Sicherheit zu bringen. Es gibt weder Notfallpläne noch geplantes organisiertes Vorgehen.

Trophobiose — das erstaunliche Zusammenleben von Ameisen mit Wurzel- und Blattläusen

Blattläuse saugen Pflanzensaft, genauer: Sie saugen das zuckerhaltige Phloem; jenen Saft der Pflanze, der die Produkte der Photosynthese transportiert. Die Blattläuse verwenden jedoch nur einen Bruchteil der Nährstoffe, die in dem Saft enthalten sind, den Rest scheiden sie als sogenannten Honigtau aus. Normalerweise schleudern sie ihn weit von sich, denn wer möchte das klebrige Zeug schon an sich haben und damit gefundenes Fressen für zuckerliebende Pilze sein? Niemand. Und doch: Einige Lausarten haben sich im Laufe der Evolution umgestellt. Sie präsentieren ihren Honigtautropfen regelrecht, halten ihn in einem extra dafür vorgesehenen Haarkörbchen bereit oder ziehen ihn noch mal ein und präsentieren ihn zu einem späteren Zeitpunkt erneut. Für wen machen sie das? Für die Ameisen. Für diese stellt der Honigtau eine optimale Nahrung das. Die Ameisen gehen zu den Blattläusen und betrillern sie mit ihren Antennen und Vorderfüßen, woraufhin die Läuse den Honigtau abgeben. Dieser Vorgang wird auch „melken“ genannt (vgl. Hölldobler/Wilson 2016). 

Es gibt Ameisenarten, die sich zu großen Teilen (so zum Bsp. die in Mitteleuropa beheimatete Schwarze Wegameise, Lasius niger) oder sogar ausschließlich (wie die Malaysische Gattung Dolichoderus) von den Ausscheidungen der Blatt- und Wurzelläusen ernähren.

Im Austausch gegen die Nahrung geben die Ameisen den Läusen Schutz, Nahrung und Pflege (vgl. Bellmann 1995 und Hölldobler/Wilson 2016).

So z.B. baut Lasius niger kunstvolle Sandtunnel von ihrem Nest zu den Wurzelläusen oder errichtet Schutzbauten um die Blattlauskolonien. Bei Gefahr nehmen die Ameisen die Blattläuse hoch und bringen sie in Sicherheit. Die Malaysischen Wollläuse der Gattung Malaicoccus klettern den Ameisen der Gattung Dolichoderus sogar auf den Rücken oder richten sich auf und fordern die Ameisen dazu auf sie hochzuheben (vgl. Bellmann 1995 und Hölldobler/Wilson 2016).

Außerdem bekämpfen die Ameisen parasitische Wespen und Fliegen, Larven, Käfer u. a. Feinde der Läuse. So wohl behütet entwickeln diese sich zu dicht gedrängten Herden. Eigene Verteidigungsmechanismen haben sich bei ihnen zurückgebildet (vgl. Hölldobler/Wilson 2016). 

Auch an Nahrung soll es den Läusen nie fehlen. Die Ameisen tragen sie stets zu neuen Nahrungsquellen. Einige Arten wie die der Malaysischen Gattung Dolichoderus leben als richtige Wanderhirten. Ist ein Areal „abgegrast“ zieht der ganze Staat samt seiner Wollläuse um.

Doch das ist noch nicht alles. Damit der Blattlausnachwuchs sich ungestört entwickeln kann, überwintert bspw. die in Mitteleuropa ebenfalls sehr häufige Gelbe Wegameise, Lasius flavus, die Eier der sie ernährenden Wurzellausart in ihrem Nest und pflegt die Brut gemeinsam mit der eigenen. Bei einem Umzug wird auch die Läusebrut mitgenommen. Im Frühjahr bringen die Ameisen dann die frisch geschlüpften Wurzellausnymphen an die Futterpflanzen (vgl. Bellmann 1995).

Die Malaysischen Dolichoderus-Ameisen wissen sogar in welchem Entwicklungszustand die in ihrer Obhut stehenden Wollläuse welche Pflanzenteile bevorzugen und bringen sie dorthin (vgl. Bellmann 1995 und Hölldobler/Wilson 2016).

Das Verhältnis von Ameisen und Blattläusen ist durchaus vergleichbar mit dem des Menschen und der Nutztiere. Der Mensch ist zumindest teilweise (wie auch viele Ameisenarten von den Blattläusen abhängig sind) von den Nutztieren abhängig. Sowohl physische Funktionen wie auch das Verhalten haben die jeweiligen Partner an einander angepasst. Ein Unterschied besteht allerdings darin, dass der Mensch seine Nutztiere auch tötet und isst. Nur sehr wenige Ameisenarten töten Läuse, wenn sie im Überschuss vorhanden sind (vgl. Hölldobler/Wilson 2016).

Ameisenstaat

Ein weiterer Punkt in dem sich Mensch und Ameise ähnlich erscheinen ist die Staatenbildung. Um dem genauer auf den Grund zu gehen haben wir zunächst geschaut was den der Begriff Staat bedeutet. Laut Beit & Massing (2003) sind entscheidende Bestandteile der Begriffsdeutung Staat:

  • eine irgendwie geartete politische Vereinigung einer größeren Menschengruppe
  • in einem mehr oder weniger geschlossenen Gebiet
  • unter einer mehr oder weniger einheitlichen Form der – etablierten, durchgesetzten oder beschlossenen – Machtausübung lebt.

Bezieht man den ersten Punkt auf Ameisen so kann entdeckt werden, dass sie hier dem Begriff Staat gerecht werden. Ameisen organisieren sich in Nestern (Gruppen) die eine Individuenzahl von bis zu 20E+6 erreichen können. Die Nester relativ voneinander abgeschlossen. Das bedeutet, dass keine Tiere aus anderen Nestern im eigenen Nest geduldet sind. Ausnahmen gibt es natürlich. Die Waldameisen stehen die Nester untereinander in Verbindung. Die größte sogenannte Kolonie gibt es auf der Insel Hokkaido in Japan. Dort stehen ca. 45 000 Nester miteinander in Verbindung. Hier kann man sich Fragen ob das auch eine Ähnlichkeit zu Staatenbündnissen beim Menschen hat (Buschinger 1985, Schwenke 1968).

Schaut man sich den zweiten entscheidenden Bestandteil des Begriffs Staat an so kann man auch hier Ähnlichkeiten bei den Ameisen finden. Diese sind schon durch den ersten Punkt – die Organisation in Gruppen – bedingt, weil die Ameise in Nestern lebt und ihr „Staatsgebiet“ damit auf eine Fläche um Nester herum begrenzt ist. Bis zu 2,7 km2kann das Gebiet bei der genannten Kolonie auf Hokkaido groß werden. Bei einer weiteren Kolonie aus 1200 Nestern wurde außerdem ein Ameisenstraßennetz von einer Länge von 100 km festgestellt (Buschinger 1985).

Ein Blick auf den letzten entscheidenden Bestandteil schließt die Ameisen auch nicht vom Staatsbegriff aus. Hier wird vor allem die Königin im Ameisennest interessant. Sie „regiert“ monogyn was bedeutet, dass sie die alleinige Herrscherin im Ameisenstaat ist. Alle anderen Königinnen im Hoheitsgebiet würden direkt eliminiert werden. Auch hier gibt es eine Ausnahmen. Diese besteht bei der Staatsgründung. Hier unterstützen sich mehrere Königin bei der Aufzucht der ersten Eier weil noch keine Arbeiterinnen geschlüpft sind. Sobald jedoch die ersten Arbeiterinnen einer Königin schlüpfen setzt sich diese Ameisenkönigin durch. Die anderen Ameisenköniginnen werden eliminiert.

Kann diese monogyne Staatsform mit einer Monarchie beim Menschen verglichen werden? Nein. Buschinger (1985) schreibt, dass die Organisation von Insekten zu Staaten mit Staaten im human-soziologischen Sinne keine Ähnlichkeit hat. Das liegt vor allem daran, dass die Königin bei den Ameisen das allein geschlechtsfähige Tier ist, während das beim Menschen fast alle Individuen sind. Außerdem wird bei der Ameise die Staatsform genetisch weitergegeben. Beim Menschen passiert die Weitergabe über kulturelle Überlieferung (Buschinger 1985, Schwenke 1968).

Jetzt besteht die Frage warum bei Ameisen trotzdem immer von Ameisenstaaten gesprochen wird. Dafür betrachten wir jetzt die Sozialform der Insekten. Diese wird als eusozial bezeichnet. Eusozial bezeichnet die am höchsten integrierte Sozialverhaltens neben dem Menschen und muss folgende Bedingungen erfüllen:

  • Gemeinsame Brutpflege
  • Gemeinsame Nahrungsbeschaffung
  • Zusammenleben von Tieren mehrerer Generationen
  • Umfasst mehre Teilgruppen die meist verschiedene Aufgaben erfüllen Kasten (Buschinger 2011)

Der erste Punkt ist dadurch gegeben, dass die Königin zwar die Eier legt diese aber von den Arbeiterinnen aufgezogen werden. Hier erkennt man auch schon die letzte Bedingung. Ameisen unterteilen sich in die Kasten der Königin, Drohne (männliche Tiere), Arbeiterinnen und Soldatinnen. Der zweite Punkt wurde schon im Kapitel der Trophobiose bestätigt und das Zusammenleben von Tieren mehrerer Generationen ergibt sich dadurch, dass die Ameisenkönigin bin zu 25 Jahre alt werden kann während die Arbeiterinnen nur bis zu fünf Jahre alt werden. Eine Gruppe von Tieren die diese vier Voraussetzungen erfüllt wird Staat genannt und die zugehörige Art Staatenbildend (Buschinger 1985 & 2011 , Schwenke 1968).

Fazit

Alles in allem haben wir in verschiedenen Aspekten gezeigt, dass sich die Ameise und der Mensch ähneln, haben aber auch aufgezeigt, dass es Unterschiede gibt. Die etwas provokante Frage im Titel dieses Beitrages kann also beantwortet werden: Ameise und Mensch sind trotz einiger Ähnlichkeiten noch sehr unterschiedlich.

Literatur

Bellmann, Heiko (1995): Bienen, Wespen, Ameisen. Hautflügler Mitteleuropas, Stuttgart: Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co.

Breit, Gotthard; Massing, Peter (2003): Der Staat. Ideengeschichtliche Grundlagen, Wandel der Aufgaben, Stellung des Bürgers. Eine Einführung. Wochenschau, Schwalbach

Bund Deutscher Philatelisten (o.D.): Thema: Ameisen. Buschinger, Alfred (1985): Staatenbildung der Insekten. Erträge der Forschung Band 223. Wisschenschaftliche Buchgesellschaft. Darmstadt

Buschinger, Alfred (1985):Staatenbildung der Insekten. Erträge der Forschung Band 223. Wisschenschaftliche Buchgesellschaft. Darmstadt

Buschinger, Alfred (2011):Soziale Insekten. Kapitel 14 in: Konrad Dettner, Werner Peters (Hrsg.): Lehrbuch der Entomologie. Springer Verlag

Hölldobler, Bert/Wilson, Edward O. (2016): Auf den Spuren der Ameisen. Berlin, Heidelberg: Springer-Verlag GmbH

Schwenke, Wolfgang (1968):Insektenstaaten. Aus dem Leben der Wespen, Bienen, Ameisen und Termiten. Verlag Paul Parey, Hamburg Berlin

Internetquellen

Bund Deutscher Philatelisten (o.D.): Thema: Ameisen. https://www.bdph.de/fileadmin/Bilder/Service/Schule_und_-Philatelie/Arbeitshilfe_Ameisen.pdf Zugriff: 24.06.2019
https://www.kindernetz.de/oli/tierlexikon/ameise/-/id=75006/vv=verhalten/nid=75006/did=75140/9icgu9/index.html Zugriff: 24.06.2019
https://www.biologie-seite.de/Biologie/Schwarze_Wegameise Zugriff: 24.06.2019
https://www.ace-zydek.de/ameisen/ameisen-erkennen Zugriff: 24.06.2019