rv09 – Chemie – Kein Fach für alle? Gesellschaftskritische Ansätze aus der Chemiedidaktik

  1. Formulieren Sie basierend auf den Vorlesungsinhalten drei Thesen, die für Sie (!) einen modernen naturwissenschaftlichen Unterricht für alle ausmachen. Orientieren Sie sich gerne an den Grundannahmen von STL (Scientific and Technological Literacy for All), setzen Sie jedoch eigene Schwerpunkte.

These 1: Ein zeitgemäßer naturwissenschaftlicher Unterricht sollte theoretisches Wissen so vermitteln, dass es für die SchülerInnen lebensnah und praxisbezogen ist. Es ist entscheidend, aktuelle Themen wie den Klimawandel, erneuerbare Energien und Gesundheitsfragen in den Chemieunterricht einzubinden. Die SchülerInnen sollten die Möglichkeit haben, sich ein Allgemeinwissen anzueignen, das auch außerhalb der Schule nützlich ist, und sie sollten in der Lage sein, fundierte Entscheidungen zu wissenschaftlichen Themen im Alltag zu treffen (vgl. Belova, N., & Eilks, I.:1234).

These 2: Ein moderner Chemieunterricht sollte kritisches Denken fördern. SchülerInnen sollten lernen, chemische Probleme zu analysieren, Hypothesen zu formulieren und Experimente durchzuführen sowie die Ergebnisse kritisch zu hinterfragen und in einen größeren wissenschaftlichen Kontext zu setzen.

These 3: Ein moderner naturwissenschaftlicher Unterricht sollte inklusiv sein und individuelle Bedürfnisse der SchülerInnen berücksichtigen. Differenzierte Lernangebote sollen den unterschiedlichen Lernvorraussetzungen und Interessen gerecht werden, um allen den Erwerb naturwissenschaftlicher Kompetenzen zu ermöglichen.

2. Reflektieren Sie auf Basis der Vorlesungsinhalte und des Grundlagentextes, inwieweit chemisches Wissen im Speziellen und naturwissenschaftliches Wissen im Allgemeinen aus ihrer Sicht als Teil des Allgemeinwissens (im Sinne einer „Scientific Literacy for All“) angesehen werden kann. Beziehen Sie hier auch ihre eigene Erfahrungen aus dem schulischen Chemieunterricht/ihrem Alltag ein.

Chemisches Wissen im Speziellen und naturwissenschaftliches Wissen im Allgemeinen sind meiner Meinung nach Teil des Allgemeinwissens, da sie grundlegende Alltagsvorgänge wie Kochen oder Putzen gut erklären. Aus meinen eigenen Erfahrungen im Chemieunterricht kann ich berichten, dass die Behandlung des Themas „Treibhausgaseffekt“ mir sehr geholfen hat, den Klimawandel besser zu verstehen.

3. Chemie gilt als eines der unbeliebtesten Schulfächer. Benennen Sie stichpunktartig Maßnahmen, die ihrer Meinung nach die Lernmotivation von Kindern und Jugendlichen aller Schulformen (!) für das Fach Chemie steigern können.

  • Weniger Versuchsprotokolle, dafür mehr Fokus auf deren Qualität durch bessere Unterstützung beim Schreiben
  • Bezüge zum Alltag herstellen, um den Unterricht weniger abstrakt zu gestalten
  • Digitale Simulationen nutzen, um Prozesse anschaulich dazustellen
  • Unterschiedliche Aufgaben mit variierenden Leistungsanforderungen, um alle SchülerInnen gleichermaßen zu fördern (Hofstein, A. & Kesner, M. 2006)

Literaturverzeichnis:

  1. Hofstein, A. & Kesner, M. (2006). Industrial chemistry and school chemistry: making chemistry studies more relevant. International Journal of Science Education, 28(9), 1017-1039.
  2. Marks, R., Stuckey, M., Belova, N., & Eilks, I. (2014). The societal dimension in german science education – from tradition towards selected cases and recent developments. Eurasia journal of mathematics, science and technology education, 10(4), 285-296.
  3. Belova, N., & Eilks, I. (2016). German teachers views on promoting scientific media literacy by using advertising in the science classroom. International journal of science and mathematics education, 14(7), 1233-1254

Kommentare

Eine Antwort zu „rv09 – Chemie – Kein Fach für alle? Gesellschaftskritische Ansätze aus der Chemiedidaktik“

  1. Avatar von Habib
    Habib

    Hallo Inan!
    Zur These 1 kann ich absolut zustimmen und möchte ergänzen, dass im Chemieunterricht vor allem die Allgegenwärtigkeit der Chemie in unserem täglichen Leben vermittelt werden muss. Durch diese Allgegenwärtigkeit und Diversität der Chemie im didaktischen Sinne entwickeln Schüler bereits in jungen Jahren ein steigendes Interesse an naturwissenschaftlichen Fächern (Belova 2024, Vorlesungsfolie S. 2-4). Meiner Meinung nach sollte der Chemieunterricht generell so gestaltet sein, dass er den Schüler einen deutlichen Mehrwert für ihr Alltagsleben bietet, besonders im Vergleich zu anderen Wissenschaften, damit sie im täglichen Leben davon profitieren können (Hofstein, Eilks, Bybee 2011, S. 1468).
    Der Chemieunterricht hat definitiv auch mein Interesse an den alltäglichen Dingen im Leben geweckt, über die man sonst kaum nachdenkt. Sei es durch Diskussionen über pH-Werte oder Verbrennungsreaktionen, die beispielsweise bei Motoren von Kraftfahrzeugen eine wichtige Rolle spielen. Themen wie Umweltchemie, insbesondere die Luftverschmutzung, sind sehr interessant und in der heutigen Zeit allgegenwärtig. Für die junge Generation wird besonders der Klimawandel eine wichtige Rolle spielen (Marks 2014, S. 287). Die Erweiterung des Allgemeinwissens, insbesondere der chemischen Kenntnisse, wird den Schüler im weiteren Verlauf ihres Lebens von großem Nutzen sein, selbst wenn sie kein Studium oder eine berufliche Laufbahn im naturwissenschaftlichen Bereich anstreben. Diese Kenntnisse können sogar ihre politische Meinung beeinflussen.
    Der allgegenwärtige Wert des Chemieunterrichts ist meiner Meinung nach genauso wichtig wie vorherige Diskussionen, beispielsweise über Rassismus in der Schule oder das R05-Thema „Englischunterricht zwischen Selektion und Inklusion“. Vielen Dank für deinen tollen Blog-Eintrag! Du hast wichtige Aspekte erwähnt, denen ich generell zustimmen würde.

    Literaturverzeichnis:

    Belova, Nadja: ,,Chemie – (k)ein Fach für alle?”, Vorlesungsfolien 2-4, 2024.

    Hofstein, A., Eilks, I., & Bybee, R. (2011). Societal issues and their importance for contemporary science education—a pedagogical justification and the state-of-the-art in Israel, Germany, and the USA. International Journal of Science and Mathematics Education, 9, 1459-1483.

    Marks, Ralf, Stuckey, Marc, Belova, Nadja, Eilks, Ingo: ,,The Societal Dimension in German Science Education – From Tradition towards Selected Cases and Recent Developments”. Eurasia Journal of Mathematics, Science and Technology, Auflage 10, Bremen 2014.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert