Während meiner Schulzeit sind mir keine dieser pädagogischen Ansätze gesondert in Erinnerung geblieben. Ich selber bin nie mit Diskriminierung durch meine eigene Herkunft aus einem sozial schwachen Stadtteil (Gröpelingen) meinem Geschlecht oder anderen Eigenschaften konfrontiert worden. Ähnliches ist mir weder bei anderen Mitschülern und Mitschülerinnen noch bei Lehrern begegnet. Der Umgang mit sozialkultureller Heterogenität war absolut selbstverständlich. Beispiele dafür sind z.B. in ihrer Zusammensetzung heterogene Lerngruppen oder die Programme die für Schüler und Schülerinnen mit Fluchterfahrung realisiert wurden (z.B. hybride Vorklassen oder gemeinsames Kochen). Dies lässt darauf schließen, dass an meiner Schule vor allem der Ansatz der Diversity Education verwendet wurde. Jeder wurde so akzeptiert wie er oder sie ist und die Vielfalt der Eigenschaften zum gemeinsam Austausch und Erweiterung der Horizonte genutzt. Auch Ansätze der interkulturellen Pädagogik und der antirassistischen Pädagogik sind in diesen Unterrichtskonzepten und den eigenen Erfahrungen erkennbar.
Ich hatte großes Glück, eine Schule besucht zu haben, an der sehr sorgsam mit den individuellen Unterschieden der Schüler und Schülerinnen umgegangen wurde. Sowohl untereinander als auch von Seite der Lehrkräfte. Spannend fände ich die Konfrontation mit Schülern und Schülerinnen, die mit anderen Werten und Weltansichten aufgewachsen sind. Wie gehen Lehrkräfte mit Schülern und Schülerinnen um, die sich nicht offen gegenüber den Ansätzen der Diversity Education zeigen? Wie vermittelt man Schülern und Schülerinnen ab einem gewissen Alter Werte wie die allgemeine Akzeptanz von Unterschieden?
Auch wenn ich davon ausgehe, dass der überwiegende Teil der deutschen Schulen sich um diesen Ansatz bemühen, glaube ich, dass man nicht früh genug anfangen kann, diese Werte in den Klassen zu vermitteln. Ich denke, dass sich viele Schulen dort auf einem guten Weg befinden. Eine Festigung dieser Werte durch Unterrichtseinheiten in z.B. Geschichte, Politik oder Philosophie scheint dennoch wünschenswert. Ich könnte mir beispielsweise eine besondere Beschäftigung mit dem Thema Menschenrecht und Respekt der Menschen Würde als oberstes Gut vorstellten.
Des Weiteren könnten schul- bzw. stadtteilübergreifende Projekte zu diesen Themen durchführt werden. Die soziokulturelle Heterogenität würde dadurch verstärkt werden und den Schülern und Schülerinnen die Möglichkeit geben neue Welten und Ansichten zu entdecken.
Als eine der drei Varianten der Integration von SuS in das deutsche Schulsystem, erwähnst du die hybriden Vorklassen und schreibst außerdem, dass du selbst noch nie aufgrund irgendwelcher Merkmale diskriminiert wurdest und dies auch nicht bei anderen SuS und Lehrkräften beobachten konntest. Da stellt sich mir nur die Frage ob es nicht sinnvoller ist das „Swim or Sink“ Prinzip zu verfolgen, wenn man eine möglichst heterogene Gesellschaft erreichen möchte. Dabei werden SuS mit Migrationshintergrund nicht in gesonderte Klassen abgeschoben, sondern direkt mit SuS andere Herkünfte konfrontiert. Das kann natürlich Auseinandersetzungen hervorrufen, dennoch denke ich dass diese Variante auf lange Sicht in einem stärkeren Gruppengefühl und einem interkulturellen Austausch von Werten und Traditionen resultieren wird. Hierbei wird die die heterogene Gesellschaft der „gerechten“ Gesellschaft vorgezogen. Die Begrifflichkeit Gerecht wird in diesem Kontext verwendet, obwohl SuS mit Migrationshintergrund Vorklassen besuchen müssen um den gleichen oder ähnlichen Standard anderer Schüler in gemischten Klassen erreichen zu können. Zum Schluss möchte ich an der Stelle auch noch auf das Kommentar von dem Dozenten Dr. Cristoph Fantini eingehen. Seiner Erfahrung nach waren die SuS in gemischten Klassen zufriedener mit der Situation, als Schüler die in hybriden Vorklassen unterrichtet wurden.
Konntest du diese Erfahrung auch machen?
Liebe Ina,
du hast in deinem Beitrag gezeigt wie der Umgang mit soziokultureller Identität in der Schule gelingen kann und bist auch auf die verschiedenen pädagogischen Konzepte eingegangen. Auch wenn du eher positives im Umgang mit soziokultureller Identität in der Schule erlebt hast, hast du dir Gedanken gemacht, wie mit verschiedenen Wertvorstellungen umgegangen werden kann. Deine Idee mit der Wertevermittlung im Unterricht stellt ein guter Ansatz dar. Auch finde ich, dass dein Konzept zu schul- und stadtteilübergreifenden Projekten eine gute Idee ist, um verschiedene Kulturen, Werte und Ansichten kennenzulernen.
Auch an meiner Schule haben die Lehrer viel Wert auf Gruppenarbeit gelegt. Jedoch konnten wir uns meisten aussuchen, mit wem wir in einer Gruppe zusammen arbeiten wollen, weshalb sich meistens immer die gleichen Gruppen gebildet haben und nicht so viel auf Vielfalt innerhalb der Gruppen geachtet wurde. Daher finde ich es schön, dass dein Beitrag zeigt, wie es auch anders gehen kann.
Für deine weiteren Beiträge wünsche ich dir weiterhin viel Erfolg.