RV09 // Prof. Dr. Frank J. Müller // Auf dem Weg zu einer Schule für alle – gemeinsames Lernen am gemeinsamen Gegenstand oder gemeinsame Lernsituationen?

RV09 // Prof. Dr. Frank J. Müller // Auf dem Weg zu einer Schule für alle – gemeinsames Lernen am gemeinsamen Gegenstand oder gemeinsame Lernsituationen? 

 

1.) Reflektieren Sie die Konsequenzen der Aussonderung von Schüler_innen mit Förderbedarf?

Oft passiert es, dass Schüler*innen mit Förderbedarf ausgesondert werden, statt in die Klasse inkludiert zu werden. Die Aussonderung der Schüler*innen mit Förderbedarf verursacht ihre Etikettierung als „Anders“ und ermöglicht ihnen nicht, sich in die Klasse zu integrieren und Kontakte mit den Schulkameraden zu knüpfen, was Auswirkungen auf die Zukunft dieser Kinder haben kann. Wichtig ist, dass der Unterricht und die Aufgaben für die Schüler*innen mit Förderbedarf differenziert werden, ohne aber diese Schüler*innen zu etikettieren. Das ist sehr schwierig und benötigt viel Arbeit und Recherche aber es ist nicht unmöglich.

Kritisch sind auch die sogenannten „Restschulen“, und zwar Schulen, in denen sich nur Schüler*innen mit Förderbedarf befinden. Dieses Schulmodell fördert keine Inklusion dieser Personen in die Gesellschaft, weil sie immer unter sich sind und keine Möglichkeit haben, in Kontakt zu anderen Schüler*innen ohne Förderbedarf zu kommen, die ihnen bei der Entwicklung helfen könnten. „Kinder und Jugendliche benötigen Vorbilder für die Sprachentwicklung, die motorische Entwicklung, die Lernentwicklung, die emotionale-soziale Entwicklung“ (vgl. RV09, Folie 14) . Wenn die Klassen gemischt sind, können Schüler*innen miteinander und voneinander viel lernen.

2.) Welche Informationen sind in der Diagnose „Förderschwerpunkt Wahrnehmung&Entwicklung“ bzw. „Förderschwerpunkt Lernen“ enthalten? Welche Informationen benötigen Sie von einer Schüler_in um Ihren Unterricht ggf. Anzupassen?

Jedes Kind hat unterschiedliche psychische Voraussetzungen, Fähigkeiten, Interessen, Handlungsstrategien und Bedürfnisse, die seine Förderbedürfnisse bestimmen. Zu analysieren sind die Fähigkeiten und die Merkmale des Kindes in Bezug auf Selbstbewusstsein, Selbstvertrauen, Ich-Identität und Personalisation, wovon viele andere Aspekte abhängen.

Zwei Beispiele von Förderbedarfe, die ein Kind haben könnte, sind der „Förderbedarf Wahrnehmung und Entwicklung“ und Förderschwerpunkt Lernen“. In diesen Diagnosen sind manche Informationen enthalten und manche werden noch benötigt, damit der Unterricht speziell für den Schüler mit diesem Förderbedarf angepasst werden kann.

Die erste Diagnose, und zwar, „Förderschwerpunkt Wahrnehmung und Entwicklung“, bzw. „geistige Entwicklung“ ist mit der Kognition und dem Denken des Kindes verbunden. Fähigkeiten, die davon abhängen, sind zum Beispiel Begriffsbildung, Problemlösen, Gedächtnis, Vorstellungsfähigkeit, Strukturierung usw.

Schüler*innen, die den Förderbedarf Lernen haben, sind diejenigen, die Lernstörungen haben, wie zum Beispiel Schwierigkeiten bei Lesen, Rechtschreibung oder Rechen haben.

Durch diese Informationen kann man eine erste Idee vom Förderbedarf der Schüler*innen haben. Um den Unterricht, die Materialien und Aufgaben spezifisch für das Kind anpassen zu können, braucht man aber noch andere Informationen: die Interessen dieser Schülerin oder dieses Schülers, ihr Verhältnis zu den anderen Schulkameraden, ihre familiäre Lage, ihr Verhalten usw. Das kann man durch Gespräche mit anderen Lehrkräften, mit den Erziehungsberechtigten und mit den Schüler*innen selbst erfahren. (vgl. RV09, Folie 9)

3.) Wie können Sie in Ihrem Unterricht die Zugänglichkeit und Anschaulichkeit von Medien/Materialien verbessern? Welche Verbündeten können sie dazu gewinnen?

Um den Schüler*innen Themen beizubringen, sollte man nicht immer nur Frontalunterricht durchführen: jedes Kind ist unterschiedlich und jede Klasse daher auch, deswegen muss man als Lehrer*in verschiedene Methoden und Materialien verwenden, um einen produktiven Unterricht zu haben und die aktive Teilnahme der Schüler*innen zu ermöglichen.

Das Wissenserwerb erfolgt enaktiv (handelnd), ikonisch (bildhaft), symbolisch (sprachlich) und basal-perzeptiv, das heißt durch die Wahrnehmung mit allen verfügbaren Sinnen. (vgl. RV09, Folie 27)

Da es viele verschiedene Wege gibt, Inhalte zu lernen, kann der Unterricht nicht nur eine der Lernmethoden enthalten und vor allem er muss nicht nur frontal sein. Gruppenarbeiten und Projekten sind auch sehr nützlich: dabei können alle Schüler*innen mitmachen, ihre Meinungen äußern, Sachen recherchieren und zu Ergebnissen kommen. Auch durch Experimente und praktische Übungen können Schüler*innen am Unterricht aktiv teilnehmen, miteinander interagieren und lernen. Die Verbesserung der Anschaulichkeit von Medien und Materialien erfolgt auch durch Videos, Audiospuren und die Dokumentation von eigenen Erfahrungen und Beobachtungen. (vgl. RV09, Folie 28)

Eine andere technische Hilfe, die vor allem von Schüler*innen mit Förderbedarf verwendet werden kann, ist ein interaktiver Stift: Mitschüler*innen können den Stift besprechen und andere Schulkameraden mit Förderbedarf können Texte erschließen und deren Inhalt erfassen. Das ist ein perfekter Beispiel von Kooperation zwischen Schüler*innen. (vgl. RV09, Folie 30)

Das waren einige Beispiele von Materialien und Methoden, die den Schüler*innen beim Lernen helfen, ohne dass sie etikettiert oder unberücksichtigt gelassen werden.

4.) Wählen Sie eines der Lernvideos auf path2in.uni-bremen.de aus, schauen Sie es sich an und schreiben Sie kurz eine begründete Empfehlung für Ihre Kommiliton_innen, warum es sich ggf. lohnt sich das Video anzusehen.

Von den zahlreichen Lernvideos habe ich das über Inklusion in der Sekundarstufe ausgesucht, in dem Dr. Katja Scheidt die Fragen des Interviewers beantwortet. Ich fand dieses Interview sehr interessant und hilfreich und ich empfehle dieses Video meinen Kommiliton*innen, weil man dadurch besser verstehen kann, wie Inklusion praktisch durchgeführt wird, welche Herausforderungen damit verbunden sind, wie Lehrkräfte damit umgehen und wie sich dieses Thema in der Zukunft entwickeln sollte.

Frau Scheidt erklärt, dass Inklusion in Sekundarschulen eine Herausforderung ist, weil es schwierig ist, einen guten Klima in einer Klasse zu schaffen, in der jede*r Schüler*in unterschiedlich ist und unterschiedliche Bedürfnisse hat. Sie unterrichtet in verschiedenen Klassen und sieht Schüler*innen mit Förderbedarf als Bereicherung, da jeder etwas Liebenswertes hat.

Um mit Heterogenität umgehen zu können, soll man einen positiven Blick darauf haben und an die einzelnen Individuen denken, damit sie ohne Druck lernen können. Die Lehrkräfte sollen im Team arbeiten, Brainstorming machen, die Unterrichtseinheiten zusammen planen und Kontakt zu den einzelnen Schüler*innen und deren Eltern haben. Durch Gespräche mit den Eltern kann man nämlich besser verstehen, welche spezifische Bedürfnisse die Schüler*innen haben. Das ist natürlich nicht einfach, weil die Entwicklung einer guten pädagogischen Beziehung viel Zeit und Arbeit bedarf.

Dr. Katja Scheidt erklärt auch, wie Leistung beurteilt werden sollte und welche Projekte und Bestrebungen aktuell entwickelt werden, um eine inklusive Schule zu schaffen.

Beim Anschauen dieses Videos habe ich verstanden, wie wichtig es ist, dass sich Lehrkräfte für die Entwicklung von Inklusion aktiv machen und zusammen kooperieren. Inklusion kann der Normalfall werden, wenn alle Lehrer*innen daran glauben und sich für deren Erfolg bemühen.

Quellen:

1) RV09 // Prof. Dr. Frank J. Müller // Auf dem Weg zu einer Schule für alle – gemeinsames Lernen am gemeinsamen Gegenstand oder gemeinsame Lernsituationen?

2) Berndt-Schmidt, K., Diehm, R., Lackmann, R., & Müller, P. (1995). Sonderpädagogischer Förderbedarf, Förderbereiche, Förderschwerpunkte. Zeitschrift Für Heilpädagogik, 46(7), 323–333.

3) path2in.uni-bremen.de – Inklusion in der Sekundarstufe, Dr. Katja Scheidt

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Ein Kommentar

  1. Liebe Ilaria,

    ich finde deinen Beitrag sehr gut gelungen. Alle Aspekte die du in den einzelnen Aufgaben beschreibst sind auf das wesentliche fokussiert. Die angesprochene Etikettierung und Aussonderung stellt leider ein wesentliches Problem der Inklusion dar.
    Durch eigenen Erfahrungen innerhalb meiner Schullaufbahn, wurde die Aussonderung nicht nur in den schulischen Umfeld deutlich. Auch im sozialen Umfeld passiert eine gewisse Aussonderung und Etikettierung womit die einzelnen SuS mit Förderbedarf konfrontiert werden. Somit ist nicht nur die Belastung in der Schule vertreten. Positive Erfolge innerhalb des Schulalltages können positive Auswirkungen auch auf das soziale Leben widerspiegeln. Somit ist ein Erfolgserlebnis z.B. in dem Förderschwerpunkt wichtig um das Selbstbild zu steigern und zu verfestigen. Diese Erfolgserlebnisse resultieren z.B. aus den einzelnen Gruppenarbeiten die die SuS absolvieren müssen. Auch hier kann ein “ voneinander“ lernen eine große Rolle spielen, wie du es bereits erwähnt hast. Zusätzlich finde ich es eine gute Alternative, wenn der Unterricht aus verschiedenen Methoden besteht. Hier kann die Lehrkraft im nachhinein besser einschätzen, wo die Stärken der Klasse und der einzelnen SuS liegen. Auch das benutzen verschiedener Materialien ist wichtig um den SuS ein gewissen Gefühl mit den Materialien zu hinterlassen. Wie man an der Lage der Pandemie sehen kann, ist es wichtig sich mit diversen Alternativen und Möglichkeiten auseinanderzusetzen.

    Auch das soziale Umfeld spielt eine wesentliche Rolle um die SuS mit einem Förderbedarf zu motivieren. Viele Verhaltensweisen, Strategien, Motivation, etc. wird erzeugt durch die Persönlichkeit die innerhalb der Erziehung entwickelt wird. Wie du es bereits erwähnst, ist der Austausch zwischen Erziehungsberechtigten und der Schule von hoher Bedeutung. Hier kann somit ein Umfeld innerhalb der Schule erzeugt werden, wo die SuS sich wohl fühlen und bereit sind sich inkludieren zu lassen. Denn auch dies kann ein relevantes Problem darstellen.

    Ich gebe dir Recht, dass das inkludieren von SuS mit Förderbedarf eine große Herausforderung darstellt. Die Herausforderungen der Inklusion ist nicht nur in der Schule vertreten, sondern in weiteren Teil des sozialen Lebens. Auch die Gesellschaft und auch die Lage im sozialen Umfeld beeinflusst das Denken und behindert auch somit ein gewissen Teil der Inklusion. Die Inklusion ist ein offenes angestrebtes Konzept, welches auf viel Widerstand trifft. Die „Umbrüche“ des gesellschaftlichen Denkens sind dafür noch zu rückläufig. Ein gewisser Anteil denkt noch nicht „offen“ wie die Inklusion voraussetzt. Auch im Elternhaus können Konflikte zustande kommen, wo die Erziehungsberechtigten den Förderbedarf des Kindes nicht akzeptieren bzw. wahrnehmen wollen. Somit bewegen sich diese Kinder in einer „Grauzone“.
    Die Inklusion verlangt, das viele Bereiche gleiche Voraussetzungen besitzen die erst geschaffen werden müssen. Somit befinden wir uns einem Prozess der noch Jahre anhalten kann.

    Es ist schwierig aber dennoch nicht unmöglich.

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