RV07 // Prof. Dr. Nadine Rose // „Lässt sich ‚Heterogenität‘ im Klassenzimmer beobachten und was sieht man, wenn man so guckt?“

1. Welche theoretischen Schwierigkeiten ergeben sich bei dem Versuch, „Differenz“ oder „Heterogenität“ im Schulkontext identifizieren und beobachten zu wollen? Und was hat dies mit „Differenz“ oder „Heterogenität“ als Gegenstand selbst zu tun?

Um „Differenz“ beobachten und analysieren zu können, muss man differenzieren, das heißt, man muss Differenzen herstellen. (vgl. RV07, Folie 10)

Während der Differenzierung, werden die Gegenstände der Beobachtung zu Subjekte. Durch diese Subjektivierung, werden Subjektpositionen distribuiert, in denen Normen der Anerkennbarkeit in Kraft gesetzt werden. (Vgl. RV07, Folie 9) Diese Normen und Kategorien sind gesellschaftlich und werden immer weiter transportiert, ohne dass man es vermeiden kann. Das führt zur Kategorisierung der einzelnen Menschen.

Im Schulkontext kann man viele Differenzen finden, aber diese können kategorisiert werden, damit man sie besser versteht und analysieren kann. In jeder Klasse sind viele unterschiedliche Schüler*innen. Jede*r einzelne Schüler*in ist anders und durch diese Differenzen, die eine gesamte Klasse charakterisieren, unterscheidet sie jede Klasse. Schüler*innen positionieren sich mit- und untereinander, weil sie unterschiedlich agieren und denken. Das selbstverständliche Handeln der einzelnen Schüler*innen führt dazu, dass sie sich positionieren. Diese Positionierungen kann man dann durch Beobachtungen und Recherchen analysieren.

Bei dieser Kategorisierung der Schüler*innen durch ihr Handeln treten aber viele Faktoren und Differenzen auf, die den Prozess der Kategorisierung und Differenzierung erschweren.

In einer Studie wurde zum Beispiel beobachtet, dass Leistung eine wesentliche Rolle bei der Kategorisierung spielt, weil sich Schüler*innen dadurch auch untereinander differenzieren. Schwierig ist es aber, andere Differenzen innerhalb der Leistungsordnung einzubeziehen, die sehr persönlich sind, wie z.B. ADHS-Diagnose, Migrationshintergrund, Geschlechtszugehörigkeit oder ökonomisches Status der einzelnen Schüler*innen. (vgl. RV07, Folie 25)

2. Welche Differenz-Kategorien legen Sie vermutlich – eher unbewusst – im Blick auf Ihre zukünftigen Schüler*innen an und welche erweisen sich – nach Ihrem bisherigen Kenntnisstand – warum als eher problematisch als andere?

Im Blick auf meine zukünftigen Schüler*innen lege ich vermutlich Differenzen, die mit ihren Leistungen verbunden sind. Da es mir sehr wichtig sein wird, dass jeder im Unterricht mitmacht und regelmäßig lernt und die Aufgaben macht, werde ich wahrscheinlich die Schüler*innen zwischen denen kategorisieren, die gut mitmachen und denen, die nicht so lernen, wie ich mir vorstelle.

Mir wird auch sehr wichtig sein, dass kein*e Schüler*in wegen Migrationshintergrund oder andere Aspekte von den anderen diskriminiert und ausgeschlossen wird. In einer Klasse müssen alle Schüler*innen gleich behandelt werden und geholfen werden, wenn sie bestimmte Schwierigkeiten haben.

Außerdem wäre es gut, wenn Mädchen und Jungen eine einzige Gruppe wären und sich nicht als Gegner sehen würden. Es sollten keine „Quais-Lehrer*innen“ und „Quasi-Schüler*innen“ entstehen, damit alle die gleiche Möglichkeit haben, mitzumachen. Das ist auf jeden Fall ein sehr schwieriger Ziel, da sich die SuS untereinander unbewusst kategorisieren und durch ihr selbstverständliches Handeln differenzieren.


3. Würde(n) sich die Interpretation(en) der im Vortrag zugrunde gelegten Szene der „Gruppenarbeit in Klasse P“ aus Ihrer Sicht verändern (und wenn ja, wie), wenn Sie sie explizit unter der Aufmerksamkeitsrichtung der Bedeutung von „Migrationshintergrund“ oder „Gender“ in Unterricht zu lesen versuchten?

Wenn man den Fallbeispiel „Gruppenarbeit in Klasse P“ (vgl. RV07, Folien 14-22) unter der Aufmerksamkeitsrichtung von „Gender“ im Unterricht analysieren würde, würde sich die Interpretation der Szene nicht viel verändern.

Alina und Mia, im Gegensatz zu Leon und Hatif, machen bei der Gruppenarbeit deutlich mehr mit. Dadurch versteht man, dass die Mädchen in dieser Gruppe quasi Lehrerinnen sind und die Jungen die Rolle der Schüler spielen. Alina, noch mehr als Mia, ist die Gruppenleiterin. Sie entscheidet das, was die anderen Gruppenmitglieder machen sollen und sie kategorisiert sie: es ist klar, dass Alina findet, dass Mia besser mitmachen kann, als Leon und Hatif. Hatif wird von Alina immer wieder angesprochen, weil sie sicher sein will, dass er zuhört und aufmerksam ist. Man hat auch das Gefühl, dass sie den anderen zeigen möchte, dass er doch nicht so gut ist und wertet ihn manchmal ab. Leon wird fast gar nicht in die Gruppenarbeit miteinbezogen und Mia ist quasi Alinas Helferin.

Da die beiden Mädchen an der Führungsposition sind, ermöglichen sie den Jungen nicht ganz, mitzumachen. Das führt dazu, dass die Gruppenarbeit meistens von den Mädchen gemacht wird und dass die Mitglieder unterschiedlich miteinbezogen werden.

Wenn man diesen Fall unter der Aufmerksamkeitsrichtung von „Migrationshintergrund“ zu lesen versucht, wird es schwieriger, Erkenntnisse zu machen.

Da es nicht gesagt wird, welche Schüler*innen einen Migrationshintergrund haben, kann man diesen Fall nicht in Hinsicht darauf analysieren. Aufgrund ihrer Namen könnte man ahnen, wer einen Migrationshintergrund haben könnte, aber ich finde es diskriminierend, Menschen durch ihren Namen zu kategorisieren.

Daher, wegen der vorgegebenen Informationen, kann ich diesen Fall noch nicht unter der Aufmerksamkeitsrichtung von „Migrationshintergrund“ analysieren.

Quellen:

Power Point RV07: „Lässt sich „Heterogenität“ im Klassenzimmer beobachten? – Prof.In Dr. Nadine Rose

Rose, Nadine (2014): ‚Alle unterschiedlich’ – Heterogenität als neue Normalität

Rose, Nadine ; Gerkmann, Anna (2015) : Differenzierung unter Schüler_innen im reformorientierten Sekundarschulunterricht

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