Aufgabe 1: Wählen Sie ein „leeres Blatt“ oder die „Memory mit Schrift“-Szene von Mia und Anastasia und beschreiben Sie möglichst genau an Beispielen aus dem Material, welche Zugänge zur Schrift die Kinder bereits gefunden haben.
In der Szene „Memory mit Schrift“ aus dem Material zeigen Mia und Anastasia bereits ein grundlegendes Verständnis für die Schrift. Sie haben erkannt, dass Buchstaben oder Buchstabenkombinationen Laute repräsentieren und können diese mit den Darstellungen auf den Memorykarten verknüpfen. Ihre Nutzung der Schrift beschränkt sich darauf, Wortlaute mit Buchstaben oder Buchstabenkombinationen zu erkennen und abzugleichen, was darauf hindeutet, dass sie möglicherweise noch nicht ganze Wörter lesen, sondern nur bestimmte Teile davon. Diese frühe Form des Lesens ermöglicht es ihnen, eine Lesefähigkeit zu entwickeln und das Erkennen von Wortbildern zu üben. So lernen sie, wie Wörter aussehen und können sie schneller verstehen und erkennen. Mia scheint dabei bereits geübter zu sein als Anastasia. Sie wirkt versierter im Lesen und im Umwandeln von Lauten in Schriftsprache. Anastasia hingegen benötigt etwas mehr Zeit, um Laute in Schriftsprache umzuwandeln, macht jedoch gelegentlich Fehler oder ist unsicher. Dennoch korrigiert sie sich letztendlich selbst, falls notwendig. Die Szene „Memory mit Schrift“ dient als diagnostisches Tool, insbesondere in der Anfangsphase der Schule, um einen ersten Eindruck von den Lesefähigkeiten der Schülerinnen zu erhalten. Auf diese Weise kann besser eingeschätzt werden, was die Kinder bereits über Schrift wissen, wie sie sie nutzen und wie gut ihre Lesefähigkeiten bereits ausgeprägt sind (vgl. Dehn & Hüttis-Graff, 2010, S. 46).
Aufgabe 2: Erklären Sie den Begriff „elementare Schriftkultur“ , grenzen Sie ihn von dem Begriff der Kulturtechnik ab. Führen Sie anschließend drei Beispiele konkret aus, in denen Sie Kindern in Kita oder Unterricht bereits Zugänge zur elementaren Schriftkultur ermöglicht haben bzw. ermöglichen könnten.
Die Konzepte der elementaren Schriftkultur und der Kulturtechnik unterscheiden sich in ihrem Fokus und ihrer Reichweite. Die elementare Schriftkultur betont den Anfang der Schriftlichkeit und die Entwicklung von Spuren, die es zu erkennen und zu entwickeln gilt. Im Gegensatz dazu steht die Kulturtechnik als umfassenderes Konzept, das den Gebrauch von Schrift in subjektiv bedeutsamen, funktionalen und sozialen Kontexten umfasst. Die elementare Schriftkultur konzentriert sich auf grundlegende Fähigkeiten im Umgang mit Schriftsprache, einschließlich des Erlernens des Alphabets, des Verständnisses von Buchstaben, Wörtern und Sätzen sowie der Entwicklung von Lesefähigkeiten. Sie bildet die Basis für weitere Schreib- und Leseentwicklungen. Erfahrungen aus dem Alltag mit Geschriebenen, wie Straßenschilder, Einkaufszettel oder das eigene Namenschild, tragen dazu bei, das Verständnis von Schriftsprache zu vertiefen und die Motivation zum Lesen und Schreiben zu stärken (vgl. Dehn & Hüttis-Graff, 2010, S. 51). Die Förderung der elementaren Schriftkultur bei Kindern erfolgt durch vielfältige pädagogische Ansätze, wie zum Beispiel Bilderbuchbetrachtungen und das Ermutigen zur eigenen Textproduktion (vgl. Schüler, Lis, 2021, S. 7-26). Diese Aktivitäten unterstützen die Entwicklung von grundlegenden Schriftkompetenzen und legen damit den Grundstein für eine umfassendere Teilhabe an schriftlicher Kommunikation und Kultur. Im Gegensatz dazu umfasst der Begriff der Kulturtechnik alle Fertigkeiten und Teilleistungen, die zum Lesen und Schreiben gehören. Dies schließt sowohl die Struktur als auch den Gebrauch von Schrift ein (vgl. Dehn & Hüttis-Graff, 2010, S. 51).
Aufgabe 3: Die neuesten Ergebnisse der IGLU Studie 2022 zeigen einmal mehr, dass sich die Leistungsheterogenität im Lesen(lernen) weiter verschärft. Stellen Sie vor dem Hintergrund des weiten Begriffs von Schriftspracherwerb und insbesondere des Begriffs der elementaren Schriftkultur Überlegungen dazu an, wie es zu diesen Ergebnissen kommen konnte und wie sich Leseunterricht verändern müsste, damit viel mehr Kinder zu Leser:innen werden können.
Die aktuellen Ergebnisse der IGLU-Studie 2022 zeigen, dass sich die Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler beim Lesen weiter auseinanderentwickeln. Zum einen spielt die Vielfalt der Erfahrungen und des Zugangs zur Schrift eine entscheidende Rolle. Kinder, die bereits früh in ihrem Umfeld mit Büchern und schriftlicher Kommunikation in Berührung kommen, haben oft einen Vorsprung im Lesenlernen. Die Förderung der elementaren Schriftkultur, die grundlegende Fähigkeiten im Umgang mit Schriftsprache vermittelt, könnte diese Unterschiede auszugleichen. Des Weiteren können individuelle Lernvoraussetzungen und -geschwindigkeiten zu einer Differenzierung in der Lesefähigkeit führen. Einige Kinder benötigen möglicherweise mehr Zeit und Unterstützung, um die Grundlagen des Lesens zu erlernen, während andere schneller vorankommen. Deswegen könnte ein angepasster Leseunterricht, der auf die Bedürfnisse und Lerngeschwindigkeiten der einzelnen Schülerinnen und Schüler eingeht, helfen die Leistungsheterogenität zu verringern. Zusätzlich könnten auch Unterschiede in den Leseerfahrungen und -praktiken zu den beobachteten Ergebnissen beitragen. Kinder, die regelmäßig lesen und Zugang zu einer Vielzahl von Texten haben, entwickeln oft eine bessere Lesefähigkeit als solche, die weniger Leseerfahrungen machen. Deswegen muss man das Interesse und die Motivation der Kinder wecken, um mehr Kinder zu begeisterten Leserinnen und Lesern zu machen. Zusammenfassend ist eine ganzheitliche Herangehensweise an den Leseunterricht erforderlich.
Literaturverzeichnis:
Dehn/ Hüttis-Graff, Mechthild/ Petra: Zeit für die Schrift II. Beobachtung und Diagnose. Berlin, 2010
Schüler, Lis (2021) (Hg.): Elementare Schriftkultur in heterogenen Lernkontexten. Zugänge zu Schrift und Schriftlichkeit. Seelze: Klett/Kallmeyer, S. 7-26
Die Heterogenität im Schriftspracherwerb stellt stellt eine Herausforderung für Lehrkräfte dar, da die Schüler*innen verschiedene Kenntnisse mitbringen. Daher ist es wichtig sich diese Unterschiede bewusst zu machen. Das Memory mit Schrift eignet sich gut, um Einblicke in die Kenntnisse der Kinder zu bekommen (vgl. Dehn/ Hüttis-Graff, 2010, S. 46).
Wie im Beitrag erwähnt wurde, ist in dem Video erkennbar, dass Mia und Anastasia über grundlegende Kenntnisse der Schrift verfügen. Sie sind in der Lage die einzelnen Buchstaben und Buchstabenkombinationen zu erkennen. Ich würde noch ergänzen, dass die Kinder sich an den Anfangslauten der Wörter orientieren, wie beispielsweise bei dem Wort Schmetterling. Außerdem wird am Beispiel Auto deutlich, dass das Kind versucht das Wort silbenweise zu lesen. Zusätzlich kann erwähnt werden, dass sowohl Mia als auch Anastasia sich den Regeln des Spiels bewusst sind und sie die Karten nicht in der falschen Reihenfolge aufdecken.
Die Begriffe „elementare Schriftkultur“ und Kulturtechnik wurden im Beitrag erklärt und voneinander abgegrenzt. Ergänzen lässt sich hier, dass die „elementare Schriftkultur“ sowohl Zweckformen wie Briefe oder Formulare als auch literarische Formen wie zum Beispiel Reime oder Geschichten beinhaltet (vgl. Schüler, 2021, S. 9). Den im Beitrag erwähnten Mitteln zur Förderung der „elementaren Schriftkultur“ stimme ich zu. Ich würde als Erfahrung aus meinem Orientierungspraktikum zusätzlich das Vorlesen ergänzen. Das Vorlesen von Geschichten kann einen Zugang zur elementaren Schriftkultur ermöglichen, da die Kinder beim Zuhören neue Wörter aufgreifen können und sich dadurch ihr Wortschatz erweitert. Weitere Möglichkeiten wären die Förderung des kreativen Schreibens, indem man die Schüler*innen kurze Geschichten verfassen lässt oder das gegenseitige Schreiben und Austauschen von Briefen.
Der Beitrag thematisiert als mögliche Ursache für die Ergebnisse der IGLU Studie u.a. die unterschiedlichen Leseerfahrungen der Kinder. Auch wurden individuelle Lernvoraussetzungen und -geschwindigkeiten als mögliche Ursache angeführt. Zu dem Punkt würde ich ergänzen, dass dabei Unterschiede in der sprachlichen Entwicklung der Kinder bestehen könnten, denn wie wir in der dritten Ringvorlesung erfahren haben, gibt es in den Schulen mittlerweile eine hohe Anzahl an Kindern mit Migrationshintergrund. Diese Kinder wachsen meistens mit einer anderen Erstsprache als Deutsch auf und kommen häufig erst in der Schule mit der deutschen Sprache in Kontakt.
Quellen:
Dehn, Mechthild/ Hüttis-Graff, Petra (2010): Zeit für die Schrift ll. Beobachtung und Diagnose. Berlin, S. 45-54
Schüler, Lis (2021): Elementare Schriftkultur in heterogenen Lernkontexten. Zugänge zu Schrift und Schriftlichkeit.