Als es im Seminar darum ging, sich Gedanken zu machen, welche Themen uns interessieren würde, war uns Vieren unabhängig voneinander klar, dass wir etwas zum Thema Obdachlosigkeit machen wollen. Trotz unterschiedlicher Beweggründe und verschiedenen Zugängen zu dieser Thematik sind wir uns doch sehr einig: wir wollen denjenigen, die sonst nicht gehört werden, eine Stimme geben, sie ihre Geschichte erzählen lassen. 

Worin wir uns ebenfalls einig waren, ist, dass uns unser Zuhause viel bedeutet und wir herausfinden wollen, wie es sich anfühlt, wenn man keinen privaten Rückzugsort hat, keine eigenen vier Wände, kein Zuhause. 

In Deutschland leben Schätzungen zu folge 48.000 Obdachlose. Wie kann es sein, dass so viele Menschen kein Zuhause haben?
In unserer (Home) Story soll es vor allem um das komplexe Thema Zuhause gehen, aber auch darum, wie es ist, keines zu haben. Vor allem seit Beginn der Corona-Pandemie hat sich die Bedeutung des eigenen Zuhauses noch weiter verstärkt. Während draußen die Gefahr besteht, sich mit dem Virus zu infizieren, sind wir Zuhause sicher. Neben den sogenannten AHA-Regeln etablierten sich schnell die Leitsätze der Pandemie: Bleibt zu Hause oder Stay at Home. 

Wie schwierig ist die Lage der Obdachlosen während der Pandemie, wenn Sicherheit bedeutet, Zuhause zu bleiben, Abstand zu halten, Kontakte zu vermeiden und sich die Hände zu waschen? Die Realität eines Obdachlosen ist schwer mit diesen Maßnahmen zu vereinbaren.

Neben den grundlegenden Themen Zuhause und kein Zuhause während der Pandemie möchten wir auf das Schicksal der Obdachlosen aufmerksam machen. In unserem Alltag fehlt uns oft der Blick für das Leid, was um uns herum passiert. Alltags-Stress und neue Herausforderungen, die mit dem Lockdown und dem grassierenden Virus einhergehen, machen uns blind für die noch viel aussichtslosere Lage derer, die ihre Tage derzeit auf der Straße verbringen müssen, irgendwo zwischen Infektionsrisiko und Kältetod. 

Aus diesen Themenschwerpunkten ergeben sich für uns die Fragestellungen: Wie fühlt es sich an, obdachlos zu sein, während die Bevölkerung dazu angehalten wird, Zuhause zu bleiben?

Um unseren Fragestellungen auf den Grund zu gehen, wollen wir vor allem Gespräche mit den Betroffenen führen.
Als erstes haben wir Obdachlose in Bremen angesprochen, ob sie bereit wären, mit uns über ihre Situation zu sprechen. Die Resonanz dazu war sehr positiv. Wir haben Termine vereinbart, um ausreichend Zeit für die Gespräche zu haben. Um unser übergeordnetes Thema nicht aus den Augen zu verlieren, haben wir vor den Gesprächen einen Leitfaden mit verschiedenen Fragen erstellt, der dazu dienen soll, das Gespräch zu strukturieren. 

Neben den Gesprächen würden wir gerne ein Video eines Gespräches drehen und eine Fotostory erstellen, die das Leid der Obdachlosen zum einen auditiv und zum anderen visuell darstellen soll. 

Unser Erkenntnisinteresse besteht darin, zu erfahren, wie es Obdachlosen aktuell geht. Wie es sich anfühlt, auf der Straße zu leben und welche Hilfsangebote zur Verfügung stehen. Wir wollen ein Verständnis davon bekommen, wie Menschen die derzeitige Pandemie Situation sehen, deren wirtschaftliches Interesse eher gering ist. Wir wollen erfahren, ob Obdachlose Angst haben, sich mit dem Virus zu infizieren, da es für sie nicht die Sicherheit des eignen Zuhauses gibt. 

Unser Ziel ist es, Obdachlosen eine Stimme zu geben. Sie erzählen zu lassen und auf ihre Situation aufmerksam zu machen. In Gesprächen möchten wir mehr von Einzelschicksalen erfahren und diese dann umfassend erzählen und darstellen. Wir wollen eine Plattform schaffen, auf der es im Rahmen der Themen Zuhause und Corona-Pandemie um eine Vielzahl Menschen geht, denen ein Privileg, welches uns allen zusteht, nicht zuteil wird: ein Zuhause zu haben.