Heterogenität in der Schule ist keine Theorie, sondern Realität. Eine Realität, die sogar über das schulische Umfeld hinausgeht, denn die Bevölkerung in Deutschland ist keine homogene Masse, in der jeder dem anderen vollständig gleicht. Ganz im Gegenteil: Deutschland ist bunt. Vor allem in Bezug auf soziokulturelle Unterschiede innerhalb der Gesellschaft, hat es in jüngster Zeit immer wieder viele Debatten gegeben. Statistisch betrachtet ist Deutschland ein Einwanderungsland und verzeichnete Ende 2017 sogar einen Höchststand von 10,6 Millionen Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit (Statistisches Bundesamt). Demnach ist es nicht nur ratsam, sondern gleichermaßen unabdinglich sich mit Heterogenität auseinanderzusetzen und Bewältigungsmaßnahmen zu finden. Im schulischen Umfeld haben sich folgende Konzepte zur migrationsbedingten Heterogenität entwickelt: Ausländerpädagogik, Interkulturelle Bildung, Antirassistische Pädagogik sowie Diversity Education.
Ein Freund von mir ist in Russland geboren und ist im Grundschulalter mit seiner Familie nach Deutschland gezogen. Da die Universitätsabschlüsse und Arbeitserfahrungen der Eltern hierzulande nicht anerkannt wurden, waren seine Eltern gezwungen, sich anderweitig in handwerklichen Berufen ausbilden zu lassen. Unter anderem dadurch fehlte es ihnen an Geld. So passierte es nicht selten, dass mein Freund die Kleidung seines großen Bruders tragen musste und somit nicht immer modisch angezogen war. In seiner Klasse (Gymnasium) wurde er dann nicht nur seitens seiner Klassenkameraden, sondern traurigerweise sogar von seiner Lehrerin diskriminiert – einfach weil er „anders“ zu sein schien. Schüler hatten sich mehrfach über meinen Freund beschwert und ihn gemobbt. Daraufhin hat seine Lehrerin das Thema in großer Runde vor der gesamten Klasse angesprochen: „Was habt ihr denn für ein Problem mit ihm?“, fragte sie tatsächlich. Daraufhin fielen Antworten wie: „Der trägt immer die selben alten Klamotten“ oder sogar „Ich hab das Gefühl, der ist so ein Schlägertyp“. Schlimm genug, dass diese SchülerInnen solche (falschen!) Vorurteile hatten, aber dass mein Freund auch noch von seiner Lehrerin vor der Klasse vorgeführt wurde, setzt der ganzen Misere die Krone auf. Hier wurde ein Schüler ausschließlich aufgrund seines soziokulturellen „Andersseins“ ausgegrenzt und verurteilt. Ich vermute, die besagte Lehrerin hat mit dieser Gesprächsrunde versucht, das Problem zu klären. Zu diesem Beispiel würden Ansätze der Interkulturellen sowie der Antirassistischen Pädagogik passen (die jedoch gescheitert sind), da versucht wurde, Diskriminierungen abzubauen und die Heterogenität innerhalb der Schulklasse anzuerkennen. Die Methode der Lehrerin trug jedoch nicht zu mehr Akzeptanz bei, sondern verschlimmerte die Situation für meinen Freund eher. Kurze Zeit später hat seine Klassenlehrerin ihm empfohlen, die Klasse zu wechseln.
Ein Gegenbeispiel: In meiner Schulzeit spielte es, meiner Auffassung nach, glücklicherweise keine Rolle, welchen soziokulturellen Hintergrund SchülerInnen meiner Klasse hatten. Meine LehrerInnen behandelten jeden Schüler gleich, von Rassismus oder Vorurteilen habe ich nichts gemerkt, auch unter den SchülerInnen gab es in meinen Schulklassen keine Probleme dieser Art. Meine Klassenlehrerin in der Sekundarstufe 1 hat – ganz im Gegenteil – immer Wert darauf gelegt, das „Wir-Gefühl“ innerhalb unserer Klasse zu stärken, was ihr auch sehr gut gelungen ist. Sie hat das Thema „soziokulturelle Unterschiede“ auch gar nicht explizit behandelt oder angesprochen, für uns war es einfach nicht wichtig, woher jemand kam, hauptsache man war respektvoll und freundlich zueinander. Zu diesem Beispiel passt wohl am besten das Konzept der Diversion-Education, bei der keine Isolierung einzelner gesellschaftsunterscheidender Aspekte betrachtet wird, sondern die Fokussierung auf Gemeinsamkeiten mit Hilfe von Beziehungsarbeit unternommen wird.
Für kommende Praktika möchte ich für mich herausfinden, wie LehrerInnen sich der (soziokulturellen) Heterogenität in Klassenräumen stellen. Dazu ist es wichtig zu wissen, dass 1. Heterogenität existiert und 2. nichts Negatives ist. Menschen sind nun einmal unterschiedlich und es bringt niemandem etwas, jemanden aufgrund seines soziokulturellen Hintergrundes auszugrenzen. Ganz im Gegenteil, ich finde es absolut wichtig, das Zusammengehörigkeitsgefühl innerhalb der Klasse zu stärken und im besten Falle voneinander zu lernen. Andernfalls kommt kein/e Schüler/in gerne zur Schule. Außerdem soll die Schule auf die „richtige Welt“ vorbereiten. Doch wie soll ein respektvoller Umgang unter den SuS stattfinden, wenn nicht einmal die LehrerInnen imstande sind, diese Situation zu meistern?
Ich sehe gerade in dem Konzept der Diversity Education viel Potenzial. Man sollte sich nicht auf Unterschiede konzentrieren, sondern auf Gemeinsamkeiten mit Hilfe von Beziehungsarbeit. Auf der anderen Seite kann es auch vorteilhaft sein, über gewisse (u.a. kulturelle) Unterschiede innerhalb der Schülerschaft bzw. Gesellschaft aufzuklären, einfach damit SchülerInnen lernen, die eigene Brille einmal abzusetzen und sich in andere Menschen und Situationen hineinzuversetzen. Dies wäre meiner Ansicht nach einer von vielen guten Ansätzen, um SchülerInnen nicht nur den Schulalltag, sondern auch das Leben zu erleichtern.