Ich habe mich für das Video mit dem Interview mit Prof. Dr. Simone Seitz mit dem Titel: „Unterrichtsprinzipien für inklusiven Unterricht“ entschieden. (Link: https://path2in.uni-bremen.de/themen/unterrichtsprinzipien-fuer-inklusiven-unterricht/). Ich finde das Thema spannend, sich als angehende Lehrperson mit der Frage zu beschäftigen, was eigentlich zentrale Fragen und Voraussetzungen in Bezug auf Unterrichtsprinzipien für inklusiven Unterricht sind und wie sich diese von Qualitätsmerkmalen guten Unterrichts abgrenzen lassen.
- Welche theoretischen Hinweise aus der Vorlesung passen zu den Inhalten des Videos (oder sind widersprüchlich)?
Prof. Dr. Seitz betont innerhalb ihres Interviews mehrmals, dass die Anerkennung ein wichtiges Thema (auch) für inklusiven Unterricht ist. Dabei bezieht sie sich auf das Didaktische Dreieck bestehend aus dem „Ich“, der einzelnen Person, dem „Wir“,der Gruppe, und dem „Es“, dem Problem, das alle zusammenbindet. Laut Schröder handelt es sich hierbei um ein Modell, das „das Zusammenspiel der drei wichtigsten Faktoren didaktischer Prozesse des Unterrichts“ erläutert (vgl. Schröder 2001: 75). Hierbei nennt er als die drei Faktoren die Lehrer*innen, die Schüler*innen und den Stoff (vgl. ebd.: 75). Ansonsten stimmen die Erläuterungen dieses Modells mit dem, was Seitz in ihrem Interview darüber sagt, überein.
Entlang dieses Dreiecks ergeben sich laut Seitz in ihrem Interview drei Prinzipien:
- die Anerkennung der einzelnen Persönlichkeiten,
- die Anerkennung der Sozialität, denn Lernen und Bildung sind soziale Prozesse – z.B geht es darum, wie Kinder in unterschiedlichen Kontexten miteinander lernen,
- die Komplexität der Frage bzw. des Problems – es geht nicht darum, die Probleme kleiner zu machen, sondern gerade durch die großen Probleme das Lernen der unterschiedlichen Lerner*innen miteinander zu verbinden.
Diese drei Prinzipien passen auch zu dem in der Vorlesung thematisierten Aspekt des „gemeinsamen Lernens als Chance für Lernen“ (vgl. RV06: 3). Seitz nennt in ihrem Interview hierzu handlungsorientiertes Lernen als Beispiel dafür, dass ein pädagogischer Impuls bedeutsam für alle Lerner*innen sein kann. Eine Trennung der Schüler*innen in verschiedene Leistungsgruppen lehnt sie dabei ab. Ebenso haben wir in der Vorlesung darüber gesprochen, dass eine solche Trennung vermieden werden soll (vgl. RV06: 14).
An dem Punkt des gemeinsamen Lernen knüpft auch Elisbeth Stiehm an. Sie betont, dass alle Kinder in den schulischen Alltag einbezogen werden sollen (vgl. Stiehm 2017: 209). Dabei ist es wichtig, jedem Kind die Chance zur individuellen Entfaltung zu bieten (vgl. ebd.: 209).
2. Welche eigenen Praxiserfahrungen sind Ihnen zum Thema des Videos in den Sinn gekommen? Es können konträre oder vergleichbare Aspekte sein.
In meinem Orientierungspraktikum an der Grundschule habe ich genau die Erfahrung gemacht, dass es „guter“ Unterricht daraus entstehen kann, den Kindern einen Raum zu schaffen, in dem sie nicht in Leistungsgruppen eingeteilt werden, sondern gemeinsam, handlungsorientiert lernen können. Vor allem im Mathe- und Deutschunterricht bekamen die Kinder oft die Möglichkeit, individuell zu entscheiden, wie sie (an Stationen) arbeiten möchten und ihrer Meinung nach am besten können. So haben beispielsweise unterschiedliche Kinder eine Aufgabe alleine am Platz oder zusammen im Sand bearbeitet. Hierbei war jedoch zu beobachten, dass das Lerntempo oft nicht an die verschiedenen Lerner*innen angepasst werden konnte.
In anderen Unterrichtsstunden, meist in Stillarbeitsphasen, gab es solche Freiheiten dann auch nicht mehr. Im Zuge der individuellen Fördermaßnahmen wurden Schüler*innen hierbei oft in Nebenräume gesetzt, um dort an ihren, manchmal vereinfachten, manchmal denselben Aufgaben zu arbeiten.
3. Welche Fragen an ihre (zukünftige) Praxis ergeben sich aus dem Video? Fokussieren Sie auf sich als Lehrperson.
Für mich als angehende Lehrkraft nehme ich aus dem Video die Erkenntnis mit, dass Anerkennung in der Schule eine große Rolle spielt.
Nun stellt sich mir jedoch die Frage, wie ich den Blick auf die Persönlichkeit jedes Einzelnen im Unterricht überhaupt auffangen kann und wie ich die im Video thematisierten Unterrichtsprinzipien inklusiven Unterrichts umsetzen kann.
Quellen:
- Stiehm, E. (2017): Begabungsförderung in einer Schule auf dem Weg zur Inklusion am Beispiel einer irischen Schule, in: Fischer, Christian et. al. (Hrsg.) Potentialentwicklung. Begabungsförderung. Bildung der Vielfalt., Münster, New York: Waxmann Verlag GmbH, S. 209.
- Schröder, Prof. Dr. H. (2001): Didaktisches Dreieck, in: Didaktisches Wörterbuch. Wörterbuch der Fachbegriffe von „Abbilddidaktik“ bis „Zugpferd-Effekt“. Berlin, Boston: Oldenbourg Wissenschaftsverlag, S. 75.
- Veranstaltungsfolien: Ba‐Um‐Het Ringvorlesung 2024 (RV06).
- Video: https://path2in.uni-bremen.de/themen/unterrichtsprinzipien-fuer-inklusiven-unterricht/.
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