In der Vorlesung haben wir uns mit dem Spannungsfeld zwischen Inszenierung und Zuschreibung in Bezug auf Genderdynamiken und Genderpädagogik in der Schule auseinandergesetzt. Inszenierung und Zuschreibung meint hier zwei Prozesse, die Genderidentifikation und zugehörige gendertypische Merkmale beinhalten.
Hierbei ist die Inszenierung eine bewusste Darstellung von Weiblichkeit und Männlichkeit, wohingegen die Zuschreibung ein unbewusster Prozess ist, bei dem Kinder sich an die gesellschaftlichen Normen für ihr jeweiliges Geschlecht anpassen (vgl. RV05: S. 30).
Zuschreibungen in Bezug auf Genderdynamiken und Genderpädagogik beziehen sich dabei auf die Art und Weise, wie Geschlechterrollen und Geschlechteridentitäten jeweils von Gesellschaft und Schule verstanden und zugeschrieben werden. So wird Jungen oftmals zugeschrieben, dass sie vergesslicher oder unorganisierter seien, wohingegen Mädchen unter anderem als besonders schützenswert gelten (vgl. Faulstich-Wieland 2005: S. 13). Auch werden Jungen häufig eher Charakteristika wie Stärke im Sinne von Härte und weniger Emotionalität zugeschrieben, während Mädchen gesellschaftlich häufig eher als ruhiger, brav und emotional sowie allgemein schwächer beschrieben werden (vgl. RV05: S. 26).
Diese Rollenbilder bekommen Kinder auch aus ihrem sozialen und familiären Umfeld, darunter auch beispielsweise in der Schule vorgelebt (vgl. Folien RV05: S. 30).
Kinder, die diesem Rollendenken nicht entsprechen, befinden sich in dem benannten Spannungsfeld (vgl. Fantini 2019: S. 12).
Damit durch die Zuschreibungen der Genderrollen keine Benachteiligungen von Schüler:innen entstehen, ist es zwingend notwendig, dass Schulentwicklungsprozesse stattfinden, die dafür sorgen, dass Schüler:innen miteinbezogen werden, ohne dass diese primär als Repräsentanten ihres Geschlechts gesehen werden (vgl. Faulstich-Wieland 2005: S. 15). So könnte eine geschlechtergerechte Schulatmosphäre geschaffen werden, wofür jedoch das Wissen um die strukturellen Ungleichheiten nötig ist(vgl. ebd.: S. 14-15).
Während meiner Schulzeit und während meines Praktikums konnte ich einige, meistens negative Erfahrungen zum „Genderpaly“ sammeln.
Sowohl in meiner Grundschulzeit als auch auf der weiterführenden Schule erinnere ich mich an den typischen Spruch von Lehrkräften: „Jetzt brauche ich einmal ein paar starke Jungs zum Tragen“ erinnern. Auch im Unterricht wurde Gruppen- und Partnerarbeit häufig in Junge-Mädchen-Paaren eingeteilt, „weil man sich so besser helfen kann“. Hierbei galt beim Sportunterricht meist der Junge als der „stärkere“, wohingegen beim Deutschunterricht eher die Mädchen den „stärkeren Part“ darstellen sollten. Eine bessere Einteilung wäre hierbei eine Einteilung nach tatsächlicher Leistung und Stärken gewesen, da nach dieser geschlechterspezifischen Einteilung oftmals ungünstige Paarkombinationen entstanden, die sich in ihren jeweiligen Stärken und Schwächen gar nicht optimal ergänzen konnten.
Eine Beobachtungsaufgabe für kommende Praktika zum Thema „gendersensible Pädagogik“ unter Bezugnahme auf mindestens ein anderes Heterogenitätsfeld der Ringvorlesung könnte beispielweise lauten:
Nach welchen Kriterien werden im Unterricht Gruppen oder Partner eingeteilt? (Zuteilung nach „Junge-Mädchen“ oder an Leistung orientiert? Gibt es Unterschiede je nach Unterrichtsfach?)
Diese Forschungsfrage ist an meine Erfahrung aus dem Orientierungspraktikum und meiner Schulzeit (siehe Frage 2) angelehnt
Quellen:
- Fantini, Christoph (2019). Männlichkeitsentwürfe in widersprüchlichen Verhältnissen – das Beispiel, Bremen: Universität Bremen.
- Faulstich-Wieland, Hannelore (2005): Spielt das Geschlecht (k) eine Rolle im Schulalltag. Plädoyer für eine Entdramatisierung von Geschlecht, Vortrag in der Reihe Gender Lectures an der Humboldt-Universität Berlin am 11.05.2005.
- Veranstaltungsfolien: Heterogenitätskategorie Geschlecht/Gender in Schule – im Spannungsfeld von Inszenierung und Zuschreibung (Ringvorlesung BAUMHET)
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