Subventionen im Schiffbau: Der Vulkan & die Ost-Werften

Die Wirtschaftsbranche des Schiffbaus hat in ihrer Geschichte bereits mehrmals Subventionen, beispielsweise zum Erhalt von Arbeitsplätzen oder dem Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit erhalten. Dieser Blogbeitrag betrachtet die Subventionen, die der Bremer Vulkan in den 1970-90er Jahren erhalten hat. Zunächst wird der Begriff der Subvention erläutert, bevor anschließend der deutsche Schiffbau kurz dargestellt wird. Der Fokus des Beitrags sind jedoch die Subventionen des Bremer Vulkans und seine Werften in Ostdeutschland.

Definition Subvention

Subventionen sind finanzielle staatliche Zuschüsse an Staaten, Unternehmen oder private Haushalte, welche nicht an eine direkte Gegenleistung gebunden sind. Unterschieden wird zwischen direkten (Finanzhilfen) und indirekten (Steuervergünstigungen) Subventionen (bpb 2020). Finanzhilfen sind nach § 12  des Stabilitäts- und Wachstumsgesetzes (StabG) insbesondere Bundesmittel für Anpassungs-, Erhaltungs- und Produktivitätshilfen an Betriebe und Wirtschaftszweige. Steuervergünstigungen sind ähnlich zu den Finanzhilfen gegliedert. Eine Steuervergünstigung gilt dann als Subvention, sobald mittel- oder unmittelbar wirkende Begünstigungen einzelner Sektoren oder Teilbereiche der Wirtschaft gegeben sind. Steuervergünstigungen sind auch unmittelbar wirkende Sonderregelungen, die die Wirtschaft insgesamt gegenüber der Allgemeinheit begünstigen, wie aktuell bei der gesenkten Mehrwertsteuer (BMF 2020 S.10).

Die Ziele der Subventionen sind vielfältig. So sollen Innovationen, Absatz und Investitionen gefördert, die Ansiedlung oder Gründung von Unternehmen unterstützt, der Strukturwandel bewältigt oder auch der Arbeitsplatzabbau verhindert werden (bpb 2020).

Die Bundesregierung ist verpflichtet dem Bundestag und Bundesrat alle zwei Jahre einen Bericht über die Subventionen des Bundes vorzulegen (Bericht für 2020 aufrufbar unter: Subventionsbericht 2020) (bpb 2020).

Aktuelle Subventionen im Schiffbau

Der deutsche Schiffbau wird momentan durch die Maßnahme: 38. Innovativer Schiffbau sichert wettbewerbsfähige Arbeitsplätze, mit einem finanziellen Volumen von 25 Mio. € für das Jahr 2020 gefördert. Ziel ist es die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Schiffbauindustrie zu stärken. Die    Innovationsförderung beträgt dabei bis zu 25 % bei großen Unternehmen und bis zu 50 % bei  KMU  der förderfähigen Kosten für erstmalige industrielle Anwendungen schiffbaulicher Innovationen, welche innovative schiffbauliche Produkte oder innovative Verfahren sein können (BMF 2020 S.198f.)

Das Kurzarbeitergeld welches momentan für 8.000 Mitarbeiter im Kreuzfahrtschiffbau in Papenburg und in Mecklenburg-Vorpommern (Weser-Kurier 2020) gezahlt wird, ist hingegen keine Subvention, sondern eine Versicherungsleistung der Arbeitslosenversicherung (DB 2019 S.3).

Die Wirtschaftsminister und -senatoren der norddeutschen Bundesländer (Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern) fordern die Bundesregierung im Zuge der aktuellen Corona-Situation auf, Maßnahmen zur Stabilisierung der Werften zu ergreifen. Konkret schlagen sie vor, die öffentliche Beschaffung von Schiffen zu beschleunigen und dass sich die Bundesregierung für ür die Einrichtung eines möglichst europäischen Förderprogramms zur Flottenerneuerung einsetzen soll (BuB 2020).

Ein interessanten Einblick in die Subventionen bei Reedereien gibt folgender Zeit-Artikel.

Deutsche Schiffbauindustrie

Die deutsche Schiffbauindustrie besteht nicht nur aus Werften zum Schiffbau, sondern auch aus einer Zuliefererindustrie von Materialien, Komponenten und Dienstleistungen. Die wichtigsten Produkte sind der Schiffbaustahl und Stahlkomponenten, sowie maschinenbauliche Teile. Auch der Bereich der Meerestechnik, welche die Erforschung und Nutzung der Meere als Energie-, Rohstoff- und Nahrungsquelle bezeichnet ist Teil der Schiffbauindustrie. Nach Schätzungen des Verbands für Schiffbau und Meerestechnik e.V. sind mehr als 220.000 Beschäftigte in dieser Branche tätig (VSM 2020a).

In der ersten Abbildung wird der Auftragsbestand des Seeschiffbaus in Deutschland von 2008-2018 dargestellt. Im Jahr 2018 gab es neben dem Auftragsbestand von 20,1 Mrd. €, also Aufträgen deren Produktion noch aussteht, Ablieferungen im Wert von 2,5 Mrd. € und Auftragseingänge im Wert von 4,4 Mrd. €. In der zweiten Abbildung wird die Beschäftigungsentwicklung der deutschen Schiffbauindustrie von 2000-2019 dargestellt. Hier fällt auf, dass vor der Corona-Pandemie die Zahl der Beschäftigten auf 18.122 gestiegen ist.

Abbildung 1: Zahlen und Fakten zum Seeschiffbau in Deutschland (VSM 2020b)

Abbildung 2: Beschäftigungsentwicklung im deutschen Schiffbau (statista 2019)

Bei Interesse sind weitere Informationen zur Schiffbauindustrie bei statista verfügbar.

Subventionen des Bremer Vulkans

Der Bremer Vulkan erhielt in den Jahren 1984-1997 insgesamt 1,8 Milliarden Mark seitens Bremens und 100 Mio. Mark pro Jahr seitens der EU (gesamt 3,2 Mrd. Mark), um weiterhin zu bestehen und wettbewerbsfähig zu sein (Thiel 2010 S.120). Doch warum gab es diese Subventionen? Es lassen sich drei Hauptgründe für die Subventionen festmachen. Diese sind die Anpassung an die Marktbedingungen und somit auch der Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit und der Erhalt von Arbeitsplätzen.

Bereits in dem Jahr 1973 mit der Inbetriebnahme eines neuen Baudocks der Vulkan Werft am 08.05.1973, forderte eine geringere Nachfrage an Tankern, welche aufgrund der Ölkrise und der höheren Bedeutung der Förderung des Nordseeöls sowie Öl-Import aus Ländern der arabischen Halbinsel  vorlag, die Werft zu einem Umdenken in Bezug auf ihre Unternehmensstrategie. Die Vulkan Werft erkannte diese neuen Marktbedingungen jedoch nicht und verblieb in der Hoffnung auf mehr Aufträgen für Tankerschiffe, trotz günstigerer Konkurrenz bei gleicher Qualität aus Japan und Südkorea. Auch die AG Weser erkannte diese neuen Marktbedingungen, wie zahlreiche andere Deutsche Werften nicht rechtzeitig (Der Aufstieg und Untergang der A. G. Weser / Das Werftensterben der AG “Weser” und des Bremer Vulkan). Trotz der Nichtanpassung der Bremer Werften erhielten diese in den Jahren 1971 bis 1975 293 Millionen Mark Subventionen zur Erhaltung der Arbeitsplätze und der Beschaffung neuer Aufträge. Erst ab 1978 wurden vermehrt Reparaturen und Umbauten von beispielsweise Offshore-Fahrzeugen als Aufträge anstelle von Neubauten bei der Vulkan Werft angenommen (Thiel 2010 S. 81-83).

Die Auftragslage der Werften war in den folgenden Jahren sehr von den Subventionen seitens der Bundesländer, in diesem Fall Bremen und den Subventionen seitens des Bundes und der EU abhängig. In den 1980er und 1990er Jahren waren die Subventionen beispielsweise die Beschaffung neuer Arbeitsaufträge in der Form der Produktion von Rüstungsschiffen für die Bundesmarine zur Kompensation der geringen Nachfrage nach Tanker und Massengutschiffen. Zu den Produktions- und Wettbewerbs-Hilfsprogrammen, zählen auch die Subvention aus dem Jahr 1980 und 1981, bei denen 10% bzw. 7,5% des Auftragswertes von innovativen Schiffbau, etwa Gastankern, Fähren, Passagierschiffe, Fischereifahrzeuge und andere Spezialfahrzeuge, beispielsweise für die Meerestechnik, subventioniert wurden (Kiesel 1997 S.90).

Somit fand eine Neuorientierung der Werften als Antwort auf die neue Marktnachfrage, wie beispielsweise Handelsschiffe mit einer Wettbewerbs-Hilfe von 20% (Thiel 2010 S.108) sowie dem innovativen Schiffbau als Ziel statt. Mit dem Bremer-Werftenverbund-Strukturkonzept wurde außerdem eine größerer Produktpalette gewährleistet (Thiel 2010 S.120). Weitere Infos zum Werftenverbund bei dem Blogbeitrag: “Staatskonzern Bremer Vulkan”.

Die Ost-Werften des Bremer Vulkans

Wie kam der Bremer Vulkan zu den Ost-Werften? Nach der Wiedervereinigung Deutschlands in dem Jahr 1990 entstanden neue Wettbewerbs- und Marktbedingungen aufgrund der an der Ostsee ansässigen Werften Industrie. Die Politik suchte nach Möglichkeiten zu einer Erhöhung der bundesdeutschen Schiffbaukapazität, jedoch gab es hierfür aufgrund der unterschiedlichen Preisniveaus und innerdeutschen Wettbewerb nicht genügend Aufträge und somit keine Lösung. In der mecklenburgischen Werftindustrie waren insgesamt rund 50.000 Mitarbeiter vorhanden, welche zudem über entsprechendes Know-How, Technik und Infrastruktur wie beispielsweise in Stralsund, mit der Spezialisierung auf Fischfangflotten verfügen (Thiel 2010 S.113).

Die Vulkan Werft hat den neu entstandenen Produktionsstandort an der Ostsee als Chance zur Expansion in Deutschland und Europa gesehen und investierte unter der Bremer Vulkan Verbund AG in zahlreiche Werften wie beispielsweise in Wismar, Rostock und Stralsund, jedoch war kein Bedarf für eine zweite parallele Agglomeration von Produktionsstandorten gegenüber den Standorten an der Unterweser gegeben, sodass diese Aufstockung der Produktionskapazitäten als nicht wirtschaftlich sinnvoll angesehen werden kann (Thiel 2010 S. 115-117).

Anfang des Untergangs des Bremer Vulkans 

Nach dem rasanten Wachstum der Bremer Vulkan Werft wurde dieses durch erste Meldungen der „Zweckentfremdung öffentlicher Gelder“ und des „Missmanagement“ in dem Jahr 1994 gebremst, da die Kritiker dem Werftenverbund vorwarfen zweckgebundene finanzielle Mittel in Form von Investitions- und Betriebshilfen für die Tochterunternehmen in Mecklenburg-Vorpommern anderweitig verwendet zu haben (Thiel 2010 S. 199).

Weiter zum  Blogbeitrag “Staatskonzern Bremer Vulkan” für weitere Details zum Untergang des Vulkans und dessen Hintergründen. Folgen des Konkursverfahrens waren die Loslösung der Ost-Werften und die Übernahme des Marine-Schiffbaus durch die Fr. Lürssen Werft. Der Schiffbau in Vegesack wurde mit dem letzten ausgelieferten Containerschiff am 15.08.1997 eingestellt (Thiel 2010 S.210).

Werften in Ostdeutschland heute

Wie steht es heute um die Werften in Ostdeutschland? An den Standorten in Wismar, Rostock und Stralsund entstand der Werftenverbund MV WERFTEN Wismar GmbH mit 2.900 Mitarbeitern (MVW 2020). Dieser wurde in dem Jahr 2016 für 230 Mio. € von dem malaiischen Konzern Gentig übernommen (NWZ 2019). Außerdem besteht am Standort in Rostock die Neptun Werft mit 700 Mitarbeitern weiterhin und ist seit 1997 Teil der Meyer-Gruppe (NW 2020). Wie bereits zu Beginn erwähnt sind momentan 8.000 Mitarbeiter im Kreuzfahrtschiffbau in Papenburg und in Mecklenburg-Vorpommern in Kurzarbeit.

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

2 Gedanken zu „Subventionen im Schiffbau: Der Vulkan & die Ost-Werften

  1. In Mecklenburg-Vorpommern gab es übrigens zunächst auch heftigen Widerstand gegen den Verkauf des Schiffbaukombinats an den Vulkan (aus Sorge vor Arbeitsplatzabbau und wegen des Veradchts, der Vulkan wolle vor allem die ostdeutsche Konkurrenz ausschalten). Auch der 1. Ministerpräseident des Landes, Alfred Gomolka (CDU) sträubte sich lange gegen den Verkauf, bis er von seiner Landspartei und -fraktion entmachtet wurde (der Landesvorsitzende war als Amtsvorgänger von Angela Merkel der damalige Bundesverkehrsminister Günther Krause). Erst nach dem Rücktritt Gomolkas war der Weg für den Verkauf durch die Treuhandanstalt frei. Gomolka hatte den separaten Verkauf der Werften an verschiedene internationale Investoren befürwortet. Die Gewerkschaften hingegen wollten die Verbundlösung mit dem Verkauf nach Bremen.

  2. Der Werftenverbund MV-Werften steht offenbar unter erheblichen finanziellen Problemen und soll anhand eines Notkredits der Bundesregierung in Höhe von 193 Millionen Euro für die angeschlagenen MV Werften in Wismar, Rostock und Stralsund, auf denen Kreuzfahrtschiffe gebaut werden, “gerettet werden”.

    Recherchen von panorama 3 zeigen jedoch, dass der seitens der Bundesregierung geforderte Bau von mindestens sechs neuen Universal-Schiffen (bis zu 2.000 Passagiere) im Rahmen der Kreditvergabe nicht wirtschaftlich sinnvoll sei. Zudem gibt es Kritik an dem Inhaber der Werften, der Glücksspiel- und Kreuzfahrt-Konzern Genting aus Hongkong, da dieser bisher nicht an der Sarnierung der Werften interessiert sei. Zudem ist in dem Papier von “Schadensausfallminderung” und der Gefahr der Insolvenz der MV Werften die Rede.

    https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr/genting-werft-101.html

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