HA, (Polina Romanova) Kurztext

Beobachtungprotokoll 

Datum: 14.11.2023

Dauer: 12:30- 13:30

Ort: Hauptbahnhof Bremen 

Um 13:30 beginne ich mit meiner Beobachtung vor der Passage Bürgerweide, welches der zweite Ein-Ausgang des Hauptbahnhof ist. Er liegt auf der Seite der ÖVB- Arena. Mit dem Rücken zum Bahnhof, stehe ich mit meinem Handy zwischen den zwei automatischen Schiebetüren. Es ist kalt und windig und die Menschen um mich herum tragen mittlerweile dicke Jacken und Mützen. Die Anzahl der Menschen ist überschaubar. Rechts von meiner Seite stehen zwei Männer, sie unterhalten sich leise. Jeder in seiner Hand eine Zigarette. Sie rauchen ihre Zigarette zu Ende und gehen wieder rein in den Bahnhof. Ihnen kommt eine Frau mit Kinderwagen entgegen. Links von meiner Seite steht auch eine Frau, ebenfalls mit einer Zigarette in der Hand, sie drückt diese am Mülleimer aus, schmeißt sie rein und geht in Richtung Bürgerpark. Ich stehe noch eine Weile und sehe eine Gruppe von vier Jugendlichen, die aus dem Aldi rauskommen. Jede von ihnen entweder mit einem Rucksack auf dem Rücken oder einer Umhängetasche auf der Schulter. Alle von ihnen mit einer Brottüte in der Hand. Immer wieder beobachte ich, dass Menschen aus dem Bahnhof rauskommen, eine Zigarette rauchen und dann wieder durch die Schiebetüren sich in den Bahnhof begeben. Ich gehe rein und führe die Beobachtung weiter drinnen fort. Mir fällt direkt der Geruch von Frittierten Pommes und Bratwurst in die Nase. Hier ist es warm und neben der Pommesbude, dessen Name „Hüftgold“ ist, liegt noch ein Restaurant, eine Kneipe und eine Cocktailbar. Ich stehe ziemlich am Rand des Ganges, wodurch mir immer wieder Menschen entgegen kommen. Mir fällt ein älteres Pärchen auf, der Mann hat schon gräuliches Haar und beide in Stepjacken. Seine schwarz, ihre rosa. Sie gehen eingehackt, schauen sich aktiv um. Zwei Meter vor mir stehen vier Koffer mitten im Gang, deren Besitzer nicht zu sehen. Immer wieder laufen Menschen an den Koffern vorbei, manche ebenfalls mit einem Koffer, manche ohne Gepäck. Die Besitzer treffe ich nicht mehr an, denn ich gehe weiter. Während ich den Bahnhof weiter entlang gehe, spricht mich ein Verkäufer der Bäckerei an, ich verstehe nicht was er mir sagen möchte, lächle ihn nur an und gehe weiter. Ich bleibe stehen und nehme wahr wie sich der Raum verändert. Die Decke ist nun tief, vor mir eine Reihe von Fahrkartenautomaten. Wo das Tageslicht gerade noch dominiert hat, ist es nun das Deckenlicht. Es sind kleine Lampen sind fest verbaut in der Decke und überall verteilt. Es laufen Menschen in beide Richtungen. „RS 210 über Kirchweyhe, heute ca. 10 Minuten später und von Gleis acht.“, die DB Durchsage hallt durch den Bahnhof. Ich sehe eine Gruppe von fünf, sie gehen an mir vorbei und unterhalten sich auf einer Sprache, die ich nicht spreche. Mit einem normalen Gangtempo gehen sie in Richtung Ausgang. In die entgegengesetzte Richtung beobachte ich immer wieder Menschen, die sich zum Zug beeilen, sie gehen mit einem erhöhten Tempo. Manche von ihnen laufen mit ihrem Rucksack wahrscheinlich zum Gleis. Während ich hier stehe, spüre ich einen kalten Windzug, der wahrscheinlich von den Gleisen kommt. Es ist kalt und ungemütlich. Ich gehe weiter und beobachte beim vorbeilaufen, eine Frau, welche in das Schaufenster eines Buchladens schaut und gleichzeitig mit großen Löffeln ihr take away Essen isst. „RE 41 von Hamburg Hbf, heute von Gleis 9 und ca. 5 Minuten Verspätung.“ Ich setzte mich auf eine kalte Stange, die den Fahrstuhl zum Gleis umzieht. Bin jetzt zwischen Gleis 10-7. Vor mir ist eine elektronische Werbetafel: „Echte Freunde- finde deine Schulfreunde wieder“. Rechts von mir eine analoge Anfahrts- und Abfahrtstafel. Es steht eine Frau vor dieser. Sie fällt mir direkt auf, denn ihre Schuhe und Jacke haben denselben Farbton- knallgelb. Mit dem Finger geht sie über die Abfahrtsanzeigetafel, steht dann noch einen Moment da und geht zum Gleis 8-7. Sie geht jedoch nicht hoch, sondern bleibt vor der Treppe stehen. Dort verweilt sie einen Moment und geht dann zum Gleis 10-9, wo sie ebenfalls vor der Treppe stehen bleibt und nicht hochgeht. Sie schaut hoch und geht dann schließlich in Richtung Ausgang Bahnhofsplatz. Ich bleibe hier noch einen Moment sitzen und es fällt auf- die Menschen sind mehr geworden und es ist hektischer, denn die Gangweise aller ist schnell. „Meine Bank kann schützen, was ich will“, sagt mir die Werbetafel. Ich stehe auf und gehe weiter. Zwischen Gleis 1-4 sehe ich einen Sitzplatz, ich setze mich dorthin, neben mir ein Mann. Von hier aus habe ich einen Blick auf die Menschen, die gerade von ihren Gleisen kommen, denn alle haben einen zielgerichteten Blick, und zwar den zum Ausgang. Alle laufen hier, egal ob mit Kinderwägen, Fahrrad, jung oder alt, in einem zügigen Schritttempo. Mir fällt ein älterer Herr auf, er hat einen krummen Rücken und läuft gebügt. Er hält dem Schritttempo der agilen Menschen mit und lässt sich von seinem leichten humpeln nicht beirren. Es wird gefacetimed, telefoniert, Musik gehört und gegessen. Es ist laut und immer wieder die Stimme: „RS..Heute ca. 5 Minuten später, ich wiederhole….“, „Zug…, Ankunft…, fällt heute aus, wir bitten um Entschuldigung.“. Ich stehe auf und stelle mich in eine Ecke des Ein- und Ausgangs in Richtung Bahnhofsplatz. Jetzt ist hier keine tiefe Decke mehr. Die Halle ist mit Licht gefüllt, durch die großen Fenster. Vor mir ein Stand mit Italienischen Spezialitäten und daneben die DB Info. Die Schiebetüren des Ein- und Ausgangs scheinen sich garnicht mehr zu schließen, denn es hört garnicht mehr auf, jemand rein-, oder rauszugehen. „RE…Richtung…Heute ca. 40 Minuten später, der Grund hierfür…wir bitten um Entschuldigung.“. Ein Hund beginnt zu bellen, es hallt durch die ganze Halle. Es ist unübersichtlich, es fällt schwer sich auf eine Situation zu konzentrieren. Immer wieder wird eine Beobachtung von einer anderen abgelenkt. Ich gehe raus auf den Bahnhofsvorplatz. Draußen ist es kalt und der Wind ist stark. Ich gehe ein paar Meter, drehe mich um und sehe nun den kompletten Vorderbereich des Hauptbahnhofs. Im Rücken hört man immer wieder eine Tram auf den Schienen. An mir gehen Menschen vorbei, entweder in Richtung Tram oder zum Hauptbahnhof, es ist viel los. Viele gehen auch in andere Richtungen, wie z.B. Richtung Museum, Polizeizentrale oder Innenstadt. Links sehe ich eine Gruppe von fünf Menschen, sie trinken Kaffee. Die einzige Frau in dieser Gruppe sitzt auf ihrer Tüte, die anderen halten ihre in den Händen. Sie unterhalten sich. Zehn Meter weiter ein Mann bettelnd auf den Knien. 

Beginnend bei dem Ein- und Ausgang der Bürgerweide, sind die Passanten entspannt. Ich nehme nicht viele Menschen wahr. Hauptsächlich nur die, die eventuell in eines der Restaurants, Kneipen oder Buden arbeiten, Zeit überbrücken oder verbringen. Sie rauchen, reden miteinander und begeben sich dann wieder in den Bahnhof, es wirkt wie eine Raucherpause auf der Arbeit oder wie eine „Verdauungszigarette“. Die Situation, könnte auch vor einem Einkaufszentrum stattfinden. Es wirkt sehr unüblich für einen Bahnhof. Erst als ich drinnen stehe, sind es die Koffer, die einem bewusst machen, dass es sich hier nicht um ein Einkaufszentrum handelt. Die Menschen kommen durch den Eingang und ziehen hinter sich einen Koffer oder tragen einen Reiserucksack auf dem Rücken. Die Grundsituation schwankt jedoch immer mal wieder zwischen Einkaufszentrum und Bahnhof, denn das ältere Pärchen mit den Steppjacken, schlendert an mir vorbei. Sie gehen langsamer, als man es üblich tut. Sie sind eingehackt Arm in Arm und schauen sich aktiv und interessiert um, vielleicht machen sie einen Spaziergang, nehmen eine Abkürzung nach Hause oder machen in Bremen einen Städtetrip. Es ist ein wenig befremdlich so etwas zu sehen, da es nicht in die Kulisse eines Bahnhofs passt, beziehungsweise nicht das ist, was ich normalerweise kenne. Diese Art von Schlendern, könnte gut auch in einem Einkaufszentrum stattfinden. Im weiteren Beobachtungsbereich, wo die Decke tief hängt und es dunkler und kälter ist, beeilen sich die Menschen zunehmend zum Zug. Dies schließe ich daraus, denn ihre Gangweise ist schnell und ein Mann mit einem Rucksack auf dem Rücken läuft an mir vorbei. Dabei haben sie ihr Ziel vor Augen und wenden diesen nicht nach rechts oder links ab. Ganz im Gegenteil von der Gruppe, die an mir vorbeigeht. Sie unterhalten sich, vielleicht kommen sie gerade aus einem der Züge. Während ihrer Unterhaltung bemerken sie mich und ich tausche mit einer Frau aus der Gruppe einen kurzen flüchtigen Blick aus. 

Immer mehr festigt sich das Gefühl eines Bahnhofs, denn ich sehe eine Frau, die mit ihrem großen Rucksack ihr take away Essen isst und dabei in eines der Schaufenster interessiert schaut. Vermutlich wartet sie auf etwas, womöglich auf ihren Anschlusszug und überbrückt die Zeit mit einem kurzen Essen, welches sie auf die Hand sich mitgenommen hat. Sehr üblich für einen Bahnhof. Ich meine immer wieder wahrzunehmen, dass Menschen ihre Zeit versuchen zu überbrücken. Sie stehen entweder rum, telefonieren, Plaudern mit deren Reisepartnern oder beschäftigen sich anderweitig. Die Frau mit der gelben Jacke und ihren gelben Schuhen scheint vielleicht auch zu warten. Fast wirkt es, als ob ihr Zug ausgefallen ist. Sie steht eine weile vor der Abfahrtstafel und führt ihren Finger immer wieder über dieselbe Zeile. Wirkt fast, als ob sie sich vergewissern möchte, dass es tatsächlich genauso da steht. Durch ihre Unschlüssigkeit der Gleiswahl, wäre es dazu möglich, dass sie nicht oft mit der Bahn unterwegs ist. Egal was hier die Wahrheit ist, es wirkt ein wenig Unsicher. Die Unsicherheit bestätigt sich, denn sie geht weder zum einen, noch wählt sie das andere Gleis und geht anschließend in Richtung Ein- und Ausgang Bahnhofsvorplatz. Das Grundtempo bei den Gleisen 1-4 ist schnell. Ich sitze auf der Seite, auf welcher die meisten den Bahnhof verlassen. Die meisten gehen mit einem schnellen und großen Schrittes Richtung Ausgang. Die wenigsten schauen nach rechts und links, sondern haben den Ausgang fest im Blick. Das schnelle Tempo steckt die Menschen gegenseitig an. Ich sehe den alten Mann, der mit den vorwiegend jungen Masse mitgeht. Vielleicht muss er noch eine Tram bekommen, vielleicht hat er einen Termin. 

Es ist spannend zu beobachten, dass der Bahnhof nicht an allen Stellen derselbe ist. Angefangen beim Ein- und Ausgang der Bürgerweide wirkt es entschleunigter. Weniger Menschen sind hier anzutreffen. Die meisten verbringen hier aktiv ihre Zeit. Ob hier nun ihre Lieblingskneipe ist oder sie einfach die Zeit zum nächsten Zug überbrücken müssen. Nur wenige gehen von dieser Seite aus zu ihrem Zug. Wenn man immer weiter in den Bahnhof sich begibt, ist eine spürbare Veränderung wahrnehmbar, denn immer mehr Menschen begeben sich zu ihren Zügen, haben ein bestimmtes Ziel vor Augen, gehen schneller. Es ist lauter und hektischer. Diese Grundstimmung ist auch bis zum Ein- und Ausgang Richtung Bahnhofsvorplatz noch wahrzunehmen, denn hier sind viele Menschen. Es ist unübersichtlicher. 

Im ganzen ist es eine spannende Erfahrung die Menschen am Bahnhof zu beobachten. Im folgenden würde mich interessieren die Menschen aktiv zu befragen, wie sie ihre Zeit am Bahnhof verbringen, um richtige Aussagen treffen zu können und nicht nur Vermutungen aufzustellen. 


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