Heterogenität im Schulalltag

Begleitblog zur Ringvorlesung zum Thema Heterogenität 2018

Mathematische Leistungsunterschiede – empirische Befunde und Konsequenzen für das mathematische Lernen

Filed under: Allgemein — at 9:54 am on Freitag, Juni 29, 2018  Tagged
  1. Bei der PISA Studie im Jahr 2000 stellt man im Bereich der Mathematik bei den SuS in Deutschland enorme Defizite fest, so wie in den meisten anderen Bereichen auch. Bei Mathematik sind die Unterschiede und defizite jedoch auffallend groß, jeder vierte Schüler wurde sogar in die „Risikogruppe“ eingeordnet, die  wenigstens in die Kompetenzgruppe V.
    Ist dieser Unterschied in den Leistungen ein Grund zur Sorge? Ich würde sagen ja, sobald wir einen Mangel an Mathematikern und Naturiwissenschaftlern in diesem Land feststellen können. Diese Fall ist wohl bereits eingetreten, wenn man sich ansieht wie viele Grundschullehr beispielsweise fachfremd Mathematik unterrichten. Die Zahlen sprechen in diesem Fall für sich, SuS die von einem solchen Lehrer unterrichtet werden erbringen in der Regel selbst auch schlechtere Leistungen als jene, die von jemandem unterrichtet wurden, der gezielt Mathe studiert hat. Ich würde also schon sagen, dass wir ein Problem haben und das dieses Problem sich mittlerweile auch selbst bedingt wie in einer Abwärtsspirale.
  2. Ein spielerisches Herangehen an den Mathematikunterricht könnte insofern hilfreich für die SuS sein, die nicht in der Lage sind sich komplexe Abläufe im Kopf oder auf Zahlenebene vorzustellen. Eine Verbildlichung der Abläufe und jegliche Motivation im Matheunterricht nicht wegzuhören, nachdem man abgehängt wurde ist eine deutliche Verbesserung zum bisherigen System, in dem Schüler die ihre Grenzen erreichen oft bis zum Ende ihrer Schulzeit nicht mehr aufholen können. Da ich selbst auch zu dieser Gruppe SuS gehört habe, bin ich da sicherlich auch nicht ganz unbefangen wenn ich sage, dass jegliche Veränderung um den Mathematikunterricht zugänglicher für SuS zu machen, die bisher nicht damit zurechtkamen, als positiv zu bewerten ist. Mathematik ist ein sehr abstraktes Fach, in dem vor allem in höheren Klassenstufen auch Dinge unterrichtet werden, die ein Großteil der SuS niemals in seinem Alltag brauchen wird. Gerade bei solchen Abstrakten und alltagsfernen Inhalten kann es helfen das ganze greifbarer zu machen, indem man die Unterrichtseinheiten mit praktischen Aktivitäten verknüpft.
  3. Ich würde in kommenden Praktika darauf achten, wie deutlich man SuS ansieht, dass sie im Mathematikunterricht bereits abgeschaltet haben und wie viel die Möglichkeit gegeben wird das leistungsstärkere SuS den schwächeren versuchen die Zusammenhänge zu erläutern. Gerade im Mathematikunterricht köntne ich mir vorstellen, dass es dadurch zu erfreulichen Ergebnissen kommen kann, wenn man es von mehreren Leuten unterschiedlich erklärt bekommt, da vielleicht eine dieser Erklärungen dann der eigenen Denkweise gerechter wird als allein die Formulierung der Lehrperson.
  4. Zum einen muss man sowohl den SuS gerecht werden, die im Mathematikunterricht gut mitkommen und Erfolge erzielen, als auch denen die Probleme oder sogar große Probleme haben. Hier die Balance zu halten und das Unterrichtstempo nicht stark zu verlangsamen ist sicherlich eine schwierige Ausgabe.
    Zudem denke ich das gerade im Fall Mathematik eine große Auswahl an Ursachen dafür bestehen kann, warum ein SuS hinter den erwarteten Leistungen oder den Leistungen der anderen SuS zurückbleibt. Hier als Lehrkraft von außen eine Diagnose zu stellen und die richtige Methode zu finden, um dem Schüler zu helfen ist schwierig.


2 Comments »

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   Nicole

29. Juni 2018 @ 20:06

Hallo Julia!
du hast hier, sehr gelungen, die Problematik sowohl seitens der Schüler, als auch der Lehrkräfte dargestellt. Ich habe es auch schon erlebt, dass ca. 90% der Klasse im Matheunterricht einfach mal abgeschaltet hat, weil der Lehrer mit irgendwelchen Beweisen über das Ziel hinausgeschossen ist. Genauso habe ich schon erlebt, (als ich einmal eine Stunde Unterricht gemacht habe, weil unser Lehrer krank war) dass die Klassenkameraden feststellten, dass das alles ja gar nicht so schwer ist und sich fragten, warum er das denn nicht so erklärt hat.
Leider sind Mathelehrer Mangelware und leider ist das Studium so unglaublich fern von jedem, noch so abgehobenen, Unterricht in der Schule, dass mich das nicht wundert.
Die kurze Diskussion während der Vorlesung zeigt m.E. auch, dass der Bezug des Stoffes zum alltäglichen Leben viel deutlicher gezeigt werden sollte. Dass das bei linearer Algebra oder Analysis nicht so ganz einfach ist, kann ich mir allerdings auch gut vorstellen.
LG Nicole

8

   Jannis

1. Juli 2018 @ 22:13

Hallo Julia,

auf die Frage, ob es ein Grund zur Sorge ist, dass es Leistungsunterschiede im Mathematikunterricht gibt, hast du geantwortet:
Ja, sobald aus diesen Unterschieden ein Mangel an guten Mathematiker*Innen und Naturwissenschaftler*Innen resultiert.
Außerdem verstärkt sich dieser Mangel durch zu wenig gut ausgebildetes Lehrpersonal an Grundschulen.

Du hast deine Antwort auf einer sehr abstrakten, gesamtheitlichen Ebene explizit für Deutschland („in unserem Land“) formuliert. Die großen Leistungsunterschiede in Fach Mathematik führen für dich zu einem quantitativen Mangel an, ich nenne es mal, Fachkräften im mathematischen-naturwissenschaftlichen Bereich.

Für mich persönlich sind Leistungsunterschiede, egal in was für einem Fach, erstens normal und zweitens kein Grund zur Sorgen. Jeder Mensch lernt auf unterschiedliche Weise, unterschiedlich langsam, schnell oder intensiv. Manche bringen weniger Motivation mit und machen dafür andere Dinge lieber. Persönliche Unterschiede zwischen Person A und Person B sind für mich kein Grund zur Sorge.

In deinem zweiten, gesamtgesellschaftlichen Grund stimme ich dir zu, dass es ein Grund zur Sorge ist, wenn es vermehrt keine guten, fachspezifischen ausgebildeten Lehrkräfte mehr gibt.
Allerdings sind nicht die Unterschiede unter den Schüler*Innen für mich das Besorgniserregende, sondern die das Wissen, dass viele Defizite aus nicht ausgeschöpftem Schüler*Innenpotenzial entsteht. Das es SuS gibt, die lernen wollen und Mathe gut können, aber es an gut ausbildeten Lehrer*Innen fehlt, die ihnen den Zugang, Motivation oder Inhalt gut vermitteln können.

Deine Antwort auf Frage zwei hat mir sehr gut gefallen und ich würde dir zu stimmen. Den spielerischen Zugang zu den Inhalten, das „Nicht-abgehängt-werden“ im Laufe der Schuljahre und das „Konkretere – Anwendungsbezogene Rechnen“ sind auch für mich wichtige Bausteine. Natürlich benötigt man vieles von dem was unterrichtet wird in seinem späteren Leben nicht mehr. Trotzdem finde ich es wichtig eine gute Basis zu schaffen, auf den die SuS dann selbstständig aufbauen können ohne bestimmte Voreinschränkungen schon mitzubringen. Dafür können diese drei Punkte sicher helfen.

Deine Beobachtungsaufgabe finde ich sehr gut. Auch ich merke immer wieder, dass bestimmte Sachverhalte mir von unterschiedlichen Personen besser und anders formuliert viel gerechter werden. Inwiefern die Lehrperson ihr Lernzepter aus der Hand gibt und die SuS sich gegenseitig helfen können, ist sehr interessant zu sehen.

LG,
Jannis

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