Im Rahmen des Seminars Digital Storytelling an der Uni in Bremen kommt hier unser Abschlussfilm über unser liebgewonnenes Projekt foodvorort.
Wir haben die Zeit genossen, uns über regionale Lebensmittel zu informieren und Geschichten auf dem Markt zu sammeln. Nun möchten wir euch mit unserem Film „Eine Marktgeschichte – Ein Filmprojekt von foodvorort“ einen Einblick in die tolle Arbeit geben. Wir hoffen ihr genießt ihn so, wie wir alle erlebten Geschichten genossen haben.
Kategorie: Allgemein
Ich stelle mal dem Eintrag voran: Spontane Marktbesuche haben wirklich etwas für sich und ich bin ein Fan vom Zufall.
Glücklicherweise fällt an diesem Dienstag ein Seminar in der Uni aus und ich entschließe mich dazu, meine gewonnenen Freistunden zu Hause zu verbringen. In der Bahn verpasse ich, ganz in mein Buch vertieft, meine Haltestelle und fahre eine Station weiter. Wie es der Zufall also will, entschließe ich mich spontan einen, nun nicht mehr so großen Umweg, über den Delmemarkt zu laufen. Frisches Gemüse kann man ja immer gebrauchen.
Kaum dort angekommen, entdecke ich einen neuen Stand, den ich vorher noch nie dort gesehen habe. Dick verpackt in seine weiß-grüne Zelt-Kutte steht der Marktstand da. Ich überlege kurz, dann trete ich ein. Eigentlich ist mir Bio als Studentin immer zu teuer. Aber hier werden meine Augen plötzlich groß und mein Einkaufsbeutel dann auch schnell schwer. Außerdem werde ich hellhörig und lausche dem Gespräch zwischen Marktverkäufer und Kundin. Die Preise finde ich für Bio- und Regionalware recht human. Ich hieve meinen Einkaufsbeutel auf den Verkaufstresen. Der Marktverkäufer lächelt und fragt, ob er mir mit noch etwas behilflich sein kann.
Ansgar, wie ich später noch erfahren werde, ist ein echter norddeutscher Jung. Er trägt Fischermütze und Weste, darunter ein Baumwoll-Hemd. Ich schätze ihn auf Ende 20, der leichte Bart lässt ihn kaum älter aussehen. Ich stelle mich und unser Projekt kurz vor, dann frage ich auch schon, ob denn die ganze Ware aus eigener Herstellung stammt. Größtenteils schon, ist die Antwort, nur manches muss der Hof dazukaufen, um den Ansprüchen der Kunden gerecht zu werden. „Wir bauen hier ganz in der Nähe an“, sagt er und drückt mir auch schon einen knallgelben Flyer in die Hände. So ist der erste Kontakt zu Frau Steding und ihrem Team hergestellt. Einige Telefonate und E-Mails später, haben wir nicht nur die Erlaubnis Ansgar zu interviewen und ihn bei seiner Arbeit auf dem Markt zu filmen, sondern auch eine Einladung auf den Biohof der Familie Steding in der Tasche.
Wie gesagt, ich bin ein Fan vom Zufall.
Der Verkäufer kommt aus einer ganzen Verkäuferfamilie. Er erzählt mir, dass bereits 1960 das erste Familienmitglied auf dem Markt stand, auf dem ich jetzt stehe.
Es ist 9:00 Uhr Morgens und eiskalt. Das Gemüse auf dem Stand sieht aus, als wäre es aus einem anderen Bild hineinretuschiert. Es leuchtet grell und frisch im morgendlichen Licht. Der Verkäufer mir gegenüber strahlt mich erfreut an, als ich mein Interesse an regionalen Lebensmitteln bekunde. Mit seiner grünen Schürze und dem Wollpullover macht er jedem Bilderbuchverkäufer Konkurrenz.
„Seit 1930, ja. Mein Großvater hat das Geschäft eröffnet. Und jetzt stehe nunmal ich selbst hier.“ Er brummt zufrieden. Jeden Montag bis Samstag verkauft er mit seinem Vater die Wahren, meist regionale Lebensmittel, immer saisonal, von 8:00-13:00 Uhr. Als ich frage, wann sie denn bereits auf dem Markt ankommen würden, lacht er und ich gähne allein bei dem Gedanken um 5:00 Uhr aufzustehen. „Eine 35 Stundenwoche ist es nicht, aber es lohnt sich. Frische Luft und frische Leute, verstehst du.“ Er lacht wieder.
Italienischer Super-Mangold
Woher seine Wahren kommen, möchte ich als nächstes Wissen. Seine vorherige Antwort war mir etwas zu schwammig. „Vom Großhändler, aber wir achten immer darauf, woher er die bekommt. Wir wollen schon regional bleiben. Der Mangold ist aber aus Italien.“ Ich muss etwas verdutzt auf den bereits bezahlten Mangold in meinem Beutel geschaut haben, denn er fügt hinzu: „Du, den Mangold aus Deutschland hätten wir gar nicht mehr gebrauchen können. Der ist hinüber. Ist nur so groß“ Er hält seine Hände etwa 20 cm weit voneinander entfernt vor seine Brust. Stolz erklärt er, dass aber die anderen Gemüsesorten dafür aus der Region kommen würden, die könne man gut einlagern. Nur den Mangold eben nicht.
Der Italienische Super-Mangold hat dafür aber auch einen stolzen Preis. Er kostet 3,80€ das Stück.
Märkte sind nichts für das typische Studentenleben. Während die ersten Gemüseliebhaber sich bereits gegen 8 Uhr versammeln, um auch ja den schönsten Kürbis der Saison zu ergattern, wälzen wir Studenten uns hin und her und träumen von Bratkartoffeln zum Frühstück. Da euch aber eure foodvorort-Crew auch auf einem Samstag nicht hängen lässt, haben wir die liebe Amal aus dem Bett geschmissen!
Leider gehört auch sie absolut nicht zu den Frühaufstehern und so schafft sie es nur mit Müh und Not gegen 12:30 Uhr zum Markt in der Wachmannstraße.
Aber keine Sorge ihr Studenten, auf diesem Markt könnt ihr tolle Produkte sogar bis 14h ergattern.
#märktesindnichtsfürspätaufsteher
Die Verkäufer sind gut gelaunt und sprechen mit uns gerne über ihre Produkte, dabei wird offen und ehrlich gesagt, was aus eigenem Anbau kommt und was dazugekauft wird. Ihr könnt dieses auch ganz einfach selbst auf den Schildern nachlesen. Zu dieser Jahreszeit bekommen wir aus dem eigenem Anbau der Verkäufer vor allem Kürbisse und Produkte die sich gut lagern lassen wie Äpfel, Birnen und Kartoffeln. Zudem finden wir eine erstaunlich große Auswahl an frischen Kräutern, zusammengebunden in kleinen Sträußen.
Tipp: Die Violetta-Kartoffeln mit reichlich Thymian in die Pfanne hauen. #bratkartoffelnzumfrühstück
Das Bewusstsein der Gesellschaft für Lebensmittel wird immer größer. Was für Inhaltsstoffe sind im Fertigprodukt? Wieso befindet sich etwas Tierisches in meinem Weißwein? Und überhaupt: Was heißt eigentlich regional?
Über wenig andere Themen lässt sich so leicht diskutieren wie über Lebensmittel. Denn jeder hat Kontakt mit ihnen und kann demnach eine Meinung dazu äußern. Und das tut die Gesellschaft auch.
Wochenmärkte erleben in den Großstädten wieder einen Boom und sogar die Supermarktketten ziehen mit ihren Produkten „aus der Region“ nach. Und das finden wir gut! Auch in unserem Alltag spielen regionale Lebensmittel und das bewusste Essen eine Rolle. Lieben wir doch das Gemüse aus Omas Garten und schmecken den Unterschied zwischen frischen Karotten, an denen die Erde noch klebt und der Zwei-Kilo-Schale Möhren aus Spanien. In der Großstadt Bremen angekommen, wollen wir nicht auf frische, gesunde Lebensmittel von „um die Ecke“ verzichten und möchten in unserer Mini-Feldforschung über das Thema „Food vor Ort – Regionale Lebensmittel im Stadtbereich Bremen“ diskutieren.
Deshalb stellen wir uns zunächst die Frage, welche Angebote gibt es auf den Wochenmärkten bei uns in Bremen überhaupt und warum kaufen die Konsumenten lieber dort als im Supermarkt? Interessiert sind wir hier an der Meinung der Leute. Gehen sie jeden Tag zum Markt oder kaufen sie einen Großteil dennoch im Supermarkt ein? Welche Produkte finden sie nicht auf dem Markt, weshalb sie auf andere Läden zurückgreifen müssen? Denn Einkaufen auf dem Markt heißt auch, sich im Verzicht zu üben. Regional ist gleich saisonal. Vieles was man auf dem Markt einkaufen kann, wie zum Beispiel Wirsing, gibt es nur in der bestimmten Jahreszeit.
Leider ist es so, dass die Produkte aus der Region des Öfteren mit einem großen Nachteil daherkommen: dem Verkaufspreis. Dabei wären sie rein logisch betrachtet sogar günstiger. Ein Beispiel: Ein Huhn wächst nahe Bremen auf, wird zum Schlachten und Entnehmen, Gefrieren und Verpacken jedoch weiterversandt und wird dennoch als „Hähnchen aus der Region“ verkauft. Könnte man da nicht vermuten, dass ein Huhn günstiger wäre, wenn alles vor Ort geschehen würde, da die Lieferwege wegfallen? Weshalb wir zur nächsten Frage kommen: Woher stammen die regionalen Produkte wirklich und wie qualitativ sind sie? Sind sie ihr Geld wert? Hier möchten wir auch eine Verbindung zu den Supermärkten herstellen. Wie definieren sie die regionale Herkunft ihrer Produkte? Wie groß ist der Vorteil vom Verkauf der Lebensmittel gegenüber den Kosten der Anschaffung? Und stehen sie tatsächlich in so engem Kontakt wie es die Werbung vermuten lässt (REWE Werbespot 2016)?
In der letzten Forschungsfrage begeben wir uns an den Anfang der Kette und beschäftigen uns mit den Landwirten. Profitieren Landwirte in unserer Region vom zunehmenden Bewusstsein der Verkäufer? Können sie es sich leisten nur regional zu verkaufen? Was sind ihre Wünsche für die Zukunft und wie sieht ihre Gegenwart aus? Auch ihn sehen wir oft in der Werbung: Den glücklichen Landwirt, der seinen Salat aus dem Acker zieht und ihm liebevoll den Tau aus den Blättern streicht. Doch wir vermuten, den gibt es nicht wirklich. Wir
sind also neugierig, wie viel ein Landwirt auf sich nehmen kann und muss, um seine Produkte regional zu vertreiben.
Um unsere Forschung umzusetzen und unsere vielen Fragen zu beantworten, werden wir eine Reihe von Methoden anwenden. Dieses Feld ist im Gegensatz zu anderen leicht zugänglich und wir hoffen schnell einiges herausfinden zu können.
Natürlich bietet es sich an, zunächst bei klassischen Interviews anzusetzen um direkten Kontakt im Feld herzustellen. Auf den Märkten (Unser Fokus liegt hierbei besonders auf drei Märkten: Findorffmarkt, Markt auf der Domsheide und einem kleinen Markt in der Neustadt) möchten wir die Käufer zu ihrer Produktwahl befragen, um die individuellen Meinungen später filmisch darstellen zu können, als auch einen Überblick zu erhalten warum und was die Konsumenten in der Regel lieber auf dem Markt als im Supermarkt kaufen. Wir hoffen auf den Märkten Informationen zur Herkunft der Produkte zu bekommen und so an Kontakte zu Bauernhöfen zu gelangen, mit denen wir weiterarbeiten können. Denn auch auf den Bauernhöfen der Lieferanten möchten wir diese zu ihren Produkten befragen. Welche Produkte verkaufen sich am besten? Wie viel schaffen die Bauern zu produzieren? Wodurch zeichnen sich ihrer Meinung nach ihre Produkte aus?
Von den Interviews versprechen wir uns einen ersten Kontakt mit unserem Forschungsfeld und die Möglichkeit des weiteren Austausches. Dieser Austausch soll die Überleitung zu einzelnen informellen Gesprächen werden, welche uns einen größeren Einblick in die Denkweisen und Motivationen der Käufer und Produzenten geben sollen.
Unsere ausgewählten Märkte wollen wir über den gesamten Forschungszeitraum besuchen und in Notizen und kleineren filmischen Aufnahmen versuchen, die Mentalität an diesem Ort einzufangen. Dies soll über die teilnehmende Beobachtung geschehen, wobei wir uns über längere Zeit unter das Marktpublikum mischen und aufmerksam zusehen, welche Handlungen stattfinden.
Eine besondere Methode um praktisch mit dem Thema umzugehen soll eine Verkostung auf einem der Märkte werden. Wir wollen herausfinden ob der Konsument den Unterschied zwischen Supermarkt und regionalem Gemüse herausschmeckt. Hierfür werden wir einige Proben bereitstellen und die Konsumenten sollen den Lebensmitteln ihre jeweilige Herkunft zuordnen. Umgedrehte Kärtchen verstecken das Ergebnis, erst anschließend werden wir die Testpersonen mit ihren Ergebnissen konfrontieren und ihre Reaktion beobachten. Wir erhoffen uns davon schöne Filmmotive und vielleicht die Erkenntnis wie normal Supermarkt-Lebensmittel für uns sind.
Damit keine Erkenntnis undokumentiert bleibt, wird über unsere Forschung ein Blog erstellt, als Namen haben wir „foodvorort“ gewählt. Ein kurzer, knackiger Name, der zum einen den modernen Charakter des Themas darstellt und zum anderen den regionalen Aspekt aufgreift. Es sollen vor allem Texte in den Blog hochgeladen werden, abschließen wird das Projekt aber mit einem ca. sechs-minütigen Film und einem Foto-Essay, die ebenfalls online erscheinen. Wir erwarten während unserer angestrebten Forschungen viel Material für den Film zu sammeln und gegebenenfalls interessante Charaktere kennenzulernen, die man auf Fotos porträtieren könnte. Wir sind gespannt was unsere Feldforschung für Ergebnisse bringt und offen für Änderungen dieses Exposés, denn man weiß nie welche aufregenden Geschichten im Feld auf uns warten.
Moin ihr Lieben,
wir sind foodvorort eure neue Plattform über Nahrungsmittel aus der Region Bremen.
Ihr wolltet immer schon wissen aus welcher Region euer Apfel kommt? Was es gerade für saisonale, leckere Produkte auf eurem Markt um die Ecke zu kaufen gibt? Erfahrt, was der Landwirt von nebenan für tolle neue Ställe für seine Hühner baut oder ob er gerade überhaupt schon wieder Gülle fahren darf.
Hier werdet ihr fündig, wenn ihr euer Bewusstsein für regionales Essen erweitern möchtet. Forscht nach, wo der nächste Markt vor eurer Tür liegt und besucht den klasse Bauernmarkt im nächsten Dorf. Schaut auf unserm Blog vorbei und erfahrt die News rund um regionale Lebensmittel in Bremen und Umgebung.
Wir freuen uns auf euch!
Eure foodvorort-Crew