„Das Leid des chilenischen Militärputsches aus den Augen eines Autopsieprotokollanten.“

Bei dem Film „Post Mortem“ handelt es sich um ein chilenisches Drama sowie einen düsteren Liebesthriller aus dem Jahre 2010 unter Regie von Pablo Larrain. Larrain wurde am 19. August 1976 in Santiago de Chile geboren. Er studierte Film, gründete mit seinem Bruder eine Produktionsfirma und verarbeitete in den drei Spielfilmen Tony Manero, Post Mortem und No! die Geschichte der Militärdiktatur unter Augusto Pinochet. 

Der Militärputsch von 1973 gilt also als historischer Kontext. Der ehemalige Präsident Salvador Allende wurde gestürzt und die 17-jährige Diktatur von Augusto Pinochet eingeleitet. Es kam zu weitereichenden Menschenrechtsverletzungen. Die Ermordung und das Verschwindenlassen von politischen Gegnern begann bereits am Tage des Putsches und weiteten sich in den nachfolgenden Jahren aus.

Dies spiegelt sich bereits in der erste Szene wieder. Die Kamera wurde unterhalb eines Panzers angebracht. Man sieht den Unterboden des Panzers und die Straße mit Flugblättern und hört die lauten Motorengeräusche der Maschine.

Im nächsten Cut sieht man einen Mann am Fenster, der die Straße beobachtet. Die Maschinengeräusche sind nur noch ganz leicht zu hören. Er sieht wartend aus. Die Einstellungsgröße bleibt bestehen. Der Schnitt ist langsam. Es wirkt so, als würde die Kamera einfach weiterlaufen.

Bei Post Mortem handelt es sich generell um einen stillen und langsamen Film. Bereits zu Beginn wird deutlich, dass sich die Menschen nur schwer ins Private zurückziehen können. Auf die Panzeraufnahme folgt der direkte Übergang ins Privatleben des Mannes.

Sein Name ist Mario (Alfredo Castro) und er steht im Mittelpunkt von Larrains Drama. Er ist ein Mitarbeiter eines Leichenschauhauses. Genauer gesagt Assistent eines Pathologen in Santiago und dafür verantwortlich die Kommentare der Mediziner während der Autopsie zu verschriftlichen. Er wohnt alleine und ist verliebt in seine Nachbarin Nancy Puelma (Antonia Zegers), auf die er so sehnlichst wartet in der ersten Szene. Sie ist Showtänzerin und lebt mit ihrem jüngeren Bruder David und ihrem Vater, einem überzeugten Kommunisten und Allende-Anhänger, auf der anderen Straßenseite. Zunächst geht das Interesse ausschließlich von Mario aus, denn sie lässt ihn wiederholt abblitzen.

Am 11. September findet in Nancys Haus eine Militärrazzia statt. Ihr Bruder und Vater werden festgenommen und auch Nancy ist zunächst verschwunden. Mario beginnt infolgedessen eine hektische Suche und ist weiterem mentalen Druck auf der Arbeit ausgesetzt. Im Leichenschauhaus stapeln sich die Leichen wortwörtlich die Treppen hoch und die Todesursachen sollen nach dem Militär verschleiert werden. Das Ärzteteam ist überfordert und stößt beim Anblick der toten Politiker, Demonstranten und Zivilisten an ihre Belastungsgrenze. Dies spiegelt sich in einem Nervenzusammenbruch von Marios Kollegin Sandra (Amparo Noguera) wieder, welcher aus meiner Sicht sehr eindrucksvoll anzuschauen war und den Film wirklich belebte.

Eine weitere Szene die hervorzuheben ist, ist in der Mario und die Ärzte eine Leiche obduzieren sollen. Sie sind umgeben von Militärs und erst allmählich stellt sich die Leiche als Salvador Allende heraus.

Nachdem Mario seine junge Nachbarin wiedergefunden hat, versteckt er sie auf seinem Hinterhof und versorgt sie mit einem Radio und Essen. Nancy steht weiterhin auf der Fahndungsliste des Militärs, da sie sich wiederholt mit jungen Aktivisten abgegeben hat. Dies wird deutlich, als sie sich spontan einer Demonstration anschließt und als sie bei einem Abendessen bei Mario zu Hause sagt: „Bei mir sitzen den ganzen Abend Männer und sprechen über Politik.“ Sie empfindet weiterhin nichts für ihn und dies wird sich im Laufe des Filmes noch rächen.

Marios Gesicht bleibt in jeder Einstellungsebene starr und emotionslos. Er wirkt fast schon unsympathisch. In der letzten Einstellung begeht er eine Tat, welche erst durch die neuen instabilen politischen Verhältnisse ermöglicht wurde. Die Frage bleibt ob er dafür je zur Rechenschaft gezogen wird.

Der Regisseur Pablo Larrain verwendet einige untypische filmische Mittel. Als Drehorte dienen vor allem Marios Haus, das Leichenschauhaus sowie sein roter Kleinwagen. Alle Schauspieler sind im Stile der 70er-Jahre gekleidet. Mario trägt immer ein  weißes Hemd mit einem gelben Cardigan und auf der Arbeit einen weißen Kittel. Nancy ist hingegen prunkvoller gekleidet. Wie für eine Showtänzerin üblich trägt sie Pelz und auffälligen Schmuck.

Besonders hervorzuheben sind das Seitenverhältnis, das Farbschema und der Schnitt. Der Film hat fast schon ein Seitenverhältnis von 3:1, was sehr untypisch ist und ihn ultrabreit macht. Das Farbschema ist ebenfalls sehr gedämpft und passt in die tristen 70er-Jahre in Chile. Der Schnitt ist zudem sehr langsam. Oft bleiben die Einstellungsgrößen bestehen, auch wenn die Akteure nicht mehr im Bild sind.

Szenen bzw. Schauplätzen die mir besonders in Erinnerung blieben, waren als Mario, Sandra und Dr. Castillo in einer Totalen vor dem Obduktionstisch standen und als Sandra im Leichenschauhaus ihren Nervenzusammenbruch hatte. Außerdem war das Ende sehr einprägsam.

Im Großen und Ganzen fand ich die Handlungen verständlich. Ein Hintergrundwissen über die Abläufe in Lateinamerika bzw. vor allem Chile in den 70er-Jahren ist von Vorteil. Erst durch den Film wurden mir die Auswirkungen der politischen Spannungen auf das Privatleben der Bevölkerung bewusst.

Aus meiner Sicht ist es daher ein durchschnittlicher Film. Wenn man an Standardfilme gewöhnt ist, in denen die Geschichte ziemlich geradlinig ist, dann ist dieser Film nichts für einen. Er ist langsam und verbindet private und öffentliche Spannung. Um zu verstehen, was vor sich geht, muss man wissen, was damals im Land vor sich ging. Der Film mischt Geschichte mit schwarzem Humor und erzählt wichtige Dinge, ohne sie direkt zu sagen. Er erzählt eindrucksvoll, was hinter den Kulissen ablief. Wenn man sich nur auf den Standard-Plot konzentriert, dann verfehlt man das Wesentliche.

Die ruhige Kamera und die düstere graue Beleuchtung ermöglichen statische Einstellungen, die sich langsam ihrer Bedeutung und ihrem Kontext öffnen. Der etwas unsympathische Protagonist Mario zeigt in einem düsteren Finale seine wahre Entfremdung und seinen Eigennutz. Erst durch seine Augen werden das Leid und Unrecht des Putsches so richtig sichtbar.

Zusammenfassend ist es ein kluger Film mit starken Bildern. Dennoch finde ich ihn zu langweilig, trist und eintönig. Larrain wollte genau dies durch das gewählte Farbschema, die Story und den Schnitt hervorheben, doch es sagt mir einfach nicht so zu. Ich mag eher actiongeladene, schnellere Filme mit einer geradlinigeren Geschichte.

Wichtigste Informationen:

  • Titel des Films: Post Mortem
  • Namen der beteiligten Schauspieler: Alfredo Castro, Antonia Zegers, Amparo Noguera, Marcello Alonso, Jaime Vadell
  • Name des Regisseurs/ Directors: Pablo Larrain
  • Filmgenre/ Filmart: Drama
  • Produktionsland: Chile, Mexiko, Spanien
  • Erscheinungsdatum: 05. September 2010 (Venice)
  • Länge des Films: 98 Minuten