Es ist wieder so weit. Lichterketten werden aufgehängt, Plätzchen werden gebacken, die gleichen, altbekannten Weihnachtslieder laufen wieder im Radio rauf und runter und der ein oder andere schaut mal wieder zu tief ins Glühweinglas. Es ist schon wieder Vorweihnachtszeit. Die Zeit, in der man sich eigentlich auf die Feiertage freuen und entspannt in Weihnachtsstimmung kommen möchte, sich aber dann doch bis zum 24. Dezember gestresst auf Geschenksuche und genervt von all dem Weihnachtskram wiederfindet. Alles in allem mögen wir aber doch alle diese etwas kitschige, aber doch schöne Zeit, oder?

Letztes Jahr hatte ich persönlich leider nicht die Möglichkeit, mit meiner Familie Weihnachten zu feiern. Wieso dem so war?
Nun ja, ich befand mich im vierten Monat meines Au-Pair-Jahres in England. Ich hatte eine super liebe Gastfamilie, welche aus der „Host-mum“ und ihrem wirklich süßen 5-jährigen Sohn bestand, auf den ich unter der Woche aufpasste. Dafür durfte ich umsonst dort leben und England erkunden. Ich hatte mich auch eigentlich darauf gefreut, die Feiertage in einem anderen Land zu verbringen und andere Traditionen mitzubekommen, jedoch kam alles ein bisschen anders als erwartet. Da meine Gastmutter als „Nurse“ arbeitete, übernahm sie oft Nachtschichten, weshalb ich dann häufig abends nicht mehr weggehen konnte, sondern zu Hause blieb, um mein Gast-Kind ins Bett zu bringen und auf ihn aufzupassen. Alles halb so schlimm, allerdings hatte sie auch vor, an Heiligabend zu arbeiten, weshalb ich mich dann dazu entschloss, meine zwei Wochen Urlaub, die mir als Au-Pair pro halbes Jahr zustanden, in Anspruch zu nehmen und zurück nach Deutschland zu fliegen, da ich wenig Lust hatte, Weihnachten alleine zu verbringen.

Jedoch hat mir die Corona-Krise dann einen sehr großen Strich durch meine Pläne gemacht, wie wahrscheinlich schon sehr vielen Menschen im Laufe der Pandemie. Plötzlich passierte etwas, womit ich nicht gerechnet hatte. Mir wurde verboten, in das Land, in dem ich geboren und aufgewachsen war und mein ganzes bisherige Leben verbrachte, zurückzukehren. Es war wie ein Schlag ins Gesicht.
„Dürfen die mir einfach so verbieten, nach Hause zurückzukehren?“, fragte ich mich und mit „die“ meinte ich natürlich etwas gereizt die Regierung. Danach brach etwas Panik bei meinen Eltern und mir aus und wir versuchten alles Mögliche, um irgendwie einen Flug nach Deutschland zu organisieren, doch nichts half, es war komplett aussichtslos. Nach drei gebuchten Flügen, die alle gecancelt wurden, gab ich also auf und entschied mich dazu, Weihnachten in England zu verbringen, mir blieb ja schließlich keine andere Wahl. Es wurden dann aber doch noch relativ schöne Feiertage. Gut, Heiligabend musste ich alleine mit einer Flasche Rotwein und einem Facetime-Call mit meinen Eltern verbringen, aber zu sehen, wie mein Gast-Kind am Morgen des 25. Dezembers überaus glücklich seine Geschenke auspackte, war dann doch sehr schön. Und auch regelmäßige Ausflüge in die Londoner Innenstadt machten diese Zeit zu etwas ganz Besonderem. Die hunderten von Lichterketten und auch sonstigen wunderschönen Weihnachtsdekorationen, welche sich über Londons Straßen erstreckten, ließen mich den ganzen Trubel für einen Moment vergessen und waren es definitiv wert, Weihnachten dort zu verbringen.

Die Weihnachtszeit habe ich also doch ganz gut überstanden, aber diese eine Frage beschäftigt mich bis heute noch: Wie weit darf die Regierung in unsere freien Entscheidungen eingreifen? Dürfen sie mir tatsächlich, trotz deutschem Pass, verbieten, nach Deutschland zurückzureisen?

Es gibt darauf eine ganz einfache Antwort: Ja – Wenn es zum Vorteil der gesamten Bevölkerung dient, dann schon. Und damit sind nicht nur Reisewarnungen gemeint. Unsere Grundrechte werden schon seit fast 2 Jahren nun massiv eingeschränkt. Die sogenannte Quarantäne z.B. beschränkt die Fortbewegungsfreiheit oder das Kontaktverbot beschränkt das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Hört sich ganz schön drastisch an, oder?
Naja nicht wirklich. Wenn man überlegt, wie wenig wir eigentlich aufgeben müssen, im Vergleich zu den vielen Hunderttausenden Menschen allein in Deutschland, die aufgrund dieser Pandemie eine*n oder vielleicht sogar mehrere Geliebte verloren haben. Auch ich habe akzeptiert, dass das Opfer, welches ich bringen musste eigentlich ein relativ Kleines ist und wir dadurch hoffentlich alle zusammen, die Pandemie so schnell, wie möglich beenden können.

Und da wir vermutlich alle schon genug über Corona gelesen haben, wünsche ich hiermit nur noch frohe Weihnachten, bleibt verantwortungsvoll euren Mitmenschen gegenüber und gedenkt vielleicht zwischen Weihnachtsessen und Bescherung auch mal all der Menschen, die im Laufe dieser Pandemie schon eine geliebte Person verloren haben.