Das untypische Orchester

Als ich der Hitze der letzten Tage in den Theatersaal entfliehe finde ich mich in einem dunklen und kühlen Raum wieder. Auf der Bühne probt gerade das Orquesta No Típica. Es überrascht mich doch, wie schnell ich von einer Minute auf die andere dem stressigen Uni-Alltag für kurze Zeit stoppen kann und nur zuhöre, wie die Musik durch den Raum hallt. Die Probe hat bereits angefangen, deswegen setze ich mich schnell in eine der ersten Reihen und beobachte das Geschehen.

Auf der Bühne sitzen in einer Reihe die unterschiedlichsten Menschen, gewappnet mit allen möglichen Instrumenten und spielen gemeinsam eine Melodie, welche ich nicht kenne. Der Leiter des Tangomusikensembles Juan María Solare ist, so scheint es mir, überall gleichzeitig. Erst spielt er selbst das Klavier, dann gibt er den Takt an und schließlich verrät er mir in einem Gespräch, dass er auch die Arrangements für die Gruppe schreibt. Freundlich sowie in die Musik vertieft wirkt der argentinische Komponist und Pianist auf mich.

Nach jedem Semester veranstaltet das Ensemble ein Konzert, verrät er mir und erzählt weiter, warum sie sich Orquesta No Típica nennen:

„Die Gruppe heißt Orquesta No Típica […], das bedeutet etwas Atypisches, untypisches oder ein untypisches Orchester. Und wir spielen Tangomusik aus Argentinien, Urugay, also aus Südamerika, ja? Aber vor allem aus Argentinien […]. Die Bezeichnung Orquesta Típica ist eine ganz bestimmte Bezeichnung für ein Orchester mit ein paar Geigen und ähm, Bandoneons und Klavier. Aber dieses Orchester ist atypisch, weil die Besetzung aus denen besteht die spielen können und wollen. Also alle können mitmachen, ja? Und dadurch entsteht A: eine große Fluktuation, von Mitgliedern von Semester zu Semester und B: skurrile Besetzungen.“

Als ich schließlich frage was das Schönste für ihn daran wäre mit diesem Orchester zu arbeiten, erwähnt er zum einem die Möglichkeit auf Universitätsebene gemeinsam südamerikanische Tangomusik zu spielen und zum Anderen währenddessen unaufhörlich dazu zu lernen. Für ihn steche besonders die Möglichkeit persönliche Interessen und das musikalische Lernen zu verbinden heraus. Denn für die Teilnahme am Orchester gibt es auch die Möglichkeit Credit Points über General Studies zu sammeln. Dazu gehört das gemeinsame Abschlusskonzert nach jedem Semester. Wer danach weiterhin teilnehmen möchte, kann gerne bleiben. Jeder, der ein Instrument spielen kann ist willkommen, meint Solare zu mir. Am schwierigsten wäre es bestimmte Instrumente in die Arrangements zu integrieren, aber trotzdem liegt genau hier für ihn der größte Spaß an seiner Arbeit. Das unendliche arrangieren von Musik und das sammeln von praktischer Erfahrung. Für die Zukunft wünscht sich Solare trotz allem mehr Raum und Zeit für den theoretischen oder geschichtlichen Teil der Tangomusik, denn für diese spannenden Aspekte bleiben während der Proben leider kaum Zeit.

Am Ende unseres Gespräches wird mir bewusst, wie viele Rollen Solare gleichzeitig bespielt. Er ist nicht nur für das Arrangement zuständig, sondern dirigiert und koordiniert das gesamte Orchester. In der aktuellen Besetzung spielen verschiedene Studis, Mitarbeiter der Uni und Ehemalige Instrumente wie: Cello, Klarinette, Saxofon, Querflöte, Domra und vieles mehr. Mittlerweile hat das Orquesta No Típica über 30 Konzerte seit ihrer Gründung gespielt und dadurch besteht vor allem für Studis die Möglichkeit praktisches Musizieren im Rahmen eines Orchesters kennen zulernen. Im Gespräch mit dem Ensemble frage ich auch sie, was das Schönste an ihrer Teilnahme am Orchester für sie ist.

Clemens, der Informatik studiert sagt: „Es ist schön Musik als Gegenpol zu der Denkarbeit von Informatik zu haben“, denn viele der teilnehmenden Studis haben durch das Orchester nicht nur die Möglichkeit eine Abwechslung zum wissenschaftlichen Arbeiten an der Uni zu finden, sondern auch mehrere studentische Perspektiven miteinander zu verbinden. Wie zum Beispiel die Linda die Pianistin, welche gemeinsam mit Solare an einem Arrangement für das Orchester arbeitet und parallel diese Erfahrungen für ihr Studium an der HfK nutzen kann. Auch das „musikalische Fremdgehen“ findet Anklang bei den Mitgliedern, weil viele ihrer Instrumente durch die untypischen Arrangements ihre typische Musikrichtung verlassen. Als ich das Orquesta No Típica abschließend frage, welche drei Worte für sie ihr Orchester ausmachen, antworten sie mir: „Untypisch, gemeinschaftlich und offen“.

Falls Ihr Interesse an Tangomusik habt oder Euch auch die Musik des Orquesta No Típica anhören möchtet, könnt Ihr zum kommenden Semesterabschlusskonzert kommen. Dieses findet am Dienstag, 26. Juni 2018, um 12.30 Uhr im Theatersaal der Uni Bremen statt!

Kontakt: tango@uni-bremen.de
Internetseite: 
www.tango.uni-bremen.de

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