Abschlussreflexion

Aufgabe 1, a und b)

Die Teilnahme an der Ringvorlesung ermöglichte mir eine kontinuierliche Erweiterung meiner Perspektive sowie die Gewinnung verschiedener theoretischer Erkenntnisse. In diesem Kontext sind insbesondere zwei Erkenntnisse hervorzuheben. Ein Thema war die Fragestellung, ob Lehrkräfte ihre Meinung äußern dürfen. Über viele Jahre hinweg war ich der festen Überzeugung, dass ich als Lehrkraft so neutral wie möglich sein muss und meine Meinung nicht mit den Lernenden teilen darf, um sie nicht zu beeinflussen. Die Vorlesungen und die Prinzipien des Beutelsbacher Konsenses, welche dort behandelt wurden, ermöglichten mir die Aneignung einer neuen Perspektive. Unter Berücksichtigung der genannten Prinzipien erscheint es durchaus möglich, die eigene Meinung zu äußern. Zu den Prinzipien des Beutelsbacher Konsens gehört beispielsweise die Forderung, im Unterricht kontroverse Themen zu behandeln. Zudem sollte der Unterricht die Schüler:innen dazu befähigen, politische Situationen und ihre eigenen Interessenlagen zu analysieren (vgl. Wehling, 1977, S. 197f.). Dennoch ist es wichtig zu beachten, dass ich meine Meinung zwar teilen darf, sie aber nicht als einzig richtige vermittelt werden sollte (Giesinger, 2021, S. 19).

Im Rahmen des Studiums der Religionswissenschaften ist es von besonderer Bedeutung, eine ausgewogene Darstellung der verschiedenen Positionen zu gewährleisten. In Bremen gilt der bekenntnisfreie Unterricht, was bedeutet, dass ich Religionen unterrichten darf, ohne selbst einem Bekenntnis anzugehören. Dennoch ist insbesondere darauf zu achten, dass die Ausführung in einem respektvollen Rahmen erfolgt. Auch, wenn ich keiner Religion angehöre, ist es mir nicht gestattet, den SchülerInnen meine Ansichten aufzuzwingen und sie zu überzeugen, dass meine Ansicht die einzig richtige ist. 

Eine weitere Vorlesung, die mir in besonders positiver Erinnerung geblieben ist, ist diejenige mit dem Titel „(Un-)Gleiche Chancen für alle“. Im Rahmen der Vorlesung wurde bereits zu Beginn die Thematik der Diskriminierung erörtert. Dabei wurde festgestellt, dass Diskriminierung nicht nur auf individueller Ebene, sondern auch auf struktureller Ebene stattfindet (vgl. Gomolla 2016, S. 73). Dies verdeutlicht, dass Diskriminierung ein tief verwurzeltes Phänomen in der Gesellschaft ist. In diesem Kontext erfolgt eine Unterteilung der Diskriminierung in direkte und indirekte, institutionelle Diskriminierung. Die direkte institutionelle Diskriminierung richtet sich offen gegen bestimmte Menschengruppen, wobei der Fokus der indirekten Diskriminierung eher auf fairen Regelungen liegt, bei denen jedoch unterschiedliche Bevölkerungsgruppen ungleich betroffen sind. Auch im schulischen Kontext kann es zu einer Benachteiligung von Schüler:innen kommen, obwohl sie die gleichen Leistungen erbringen wie ihre Mitschüler:innen (Bonefeld & Dickhäuser, 2018). Daher obliegt es den Lehrkräften, sich kontinuierlich mit der Thematik auseinanderzusetzen und aktiv Maßnahmen zu ergreifen, um derartige Situationen zu vermeiden. 

Aufgabe 2

Zu Beginn meiner Schulzeit wurde dem Thema Mehrsprachigkeit im Unterricht nur wenig Aufmerksamkeit gewidmet, denn wahrscheinlich stellt dieser Themenbereich eines der größten Herausforderungen für Lehrkräfte dar.

Es gibt eine Vielzahl von Themen, die von den Schülern nicht angesprochen werden. Dadurch besteht das Risiko, dass sie den Inhalt des Unterrichts nicht vollständig aufnehmen können, wodurch eine faire Bewertung ihrer Leistungen nicht erfolgen kann. 

Als Lösungsansatz für die dargestellten Problematiken kann der integrative Ansatz dienen, welcher individualisierte Lernmaterialien bereitstellt. Dadurch kann eine Adaptierung der Aufgaben an die Bedürfnisse der Schüler:innen erfolgen, wodurch sich deren persönlicher Lernprozess optimiert. Eine weitere Lösungsmöglichkeit wäre die Präsenz mehrerer Lehrkräfte im Klassenraum. Um eine optimierte Unterstützung zu gewährleisten und eine Balance zwischen pädagogischem und fachlichem Wissen zu etablieren, kann das Engagement einer sonderpädagogischen Fachkraft sowie einer regulären Lehrkraft als Option in Erwägung gezogen werden (vgl. Vygotskij 1987: 85). Schüler:innen können von diesem Lösungsansatz profitieren, indem sich ihre Konzentration bessert, sie besser auf ihre eigenen Bedürfnisse eingehen und sie individuell gefördert werden.

Aus eigener Erfahrung kann ich keine Einschätzung zu dieser Thematik beitragen, allerdings berichten mir Bekannte und Freunde durchweg von positiven Erfahrungen. Die Schülerinnen und Schüler wurden in ihrem Handeln zunehmend selbstbewusster und erhielten Unterstützung, die sie andernorts möglicherweise nicht erhalten hätten. Dennoch lässt sich anmerken, dass auch die Lehrkräfte eine Art Unterstützung benötigen könnten, da die Umsetzung in die Praxis sich möglicherweise schwieriger gestalten könnte als angenommen. 

Aufgabe 3)

Ein Thema, das mein besonderes Interesse weckte, war die Frage der Meinungsäußerung von Lehrkräften und der dazugehörige Beutelsbacher Konsens. Als Schülerin war ich stets der Überzeugung, dass Lehrkräfte ihre Meinung nicht äußern sollten und eine neutrale Haltung einnehmen müssen. Der Beutelsbacher Konsens eröffnet eine neue Perspektive, in der die Möglichkeit besteht, die eigene Meinung zu äußern, während gleichzeitig die Schülerinnen und Schüler dazu angeregt werden, sich mit ihrer eigenen Position auseinanderzusetzen. Im Rahmen meines Studiums habe ich die Erkenntnis gewonnen, dass ich (vor allem in der Religionswissenschaft) meine Meinung äußern kann, ohne sie anderen aufzuzwingen. Ob die von mir gewählte Vorgehensweise letztlich als korrekt zu bewerten ist, wird sich erst in der Praxis zeigen. Dennoch hat die Vorlesung aufgezeigt, dass bestimmte Themenbereiche mit einer gewissen Zurückhaltung behandelt werden können. 

Zudem ist auch die Mehrsprachigkeit im Unterricht ein interessantes Thema. Leider war es hierbei schwierig, den praktischen Aspekt intensiv zu bearbeiten. Dennoch war der theoretische Part sehr lehrreich. Es gab viele Handlungsweisen, welche uns Studierenden helfen können, die Theorie später in einen praktischen Ansatz umzuwandeln und die Mehrsprachigkeit konstanter einzubinden. 

Quellen:

  • Wehling, Hans-Georg (1977): Konsens à la Beutelsbach? Nachlese zu einem Expertengespräch. In: Siegfried Schiele und Herbert Schneider (Hg.): Das Konsensproblem in der politischen Bildung. Stuttgart, S. 173-184.
  • Giesinger, Johannes (2021): Vermitteln und Mitteilen: Die Meinung der Lehrperson in der Diskussion kontroverser Themen. In: Johannes Drerup, Miguel Zulaica y Mugica und Douglas Yacek (Hg.): Dürfen Lehrer ihre Meinung sagen? Demokratische Bildung und die Kontroverse über Kontroversitätsgebote. Stuttgart: Kohlhammer, S. 19-30.
  • Gomolla, Mechtild (2016): Diskriminierung. In: Paul Mecheril (Hg.): Handbuch Migrationspädagogik. Weinheim und Basel: Beltz Verlag, S. 73-89.
  • Bonefeld, Meike; Dickhäuser, Oliver (2018): (Biased) Grading of Students’ Performance: Students’ Names, Performance Level, and Implicit Attitudes. In: Front. Psychol. 9 (481).
  • Vygotskij, Lev S. (1987): Ausgewählte Schriften. Band 2. Arbeiten zur psychischen Entwicklung der Persönlichkeit. Köln: Pahl-Rugenstein.

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