Darf ich als Lehrkraft meine Meinung sagen? 

Gessner et al. (2016) weisen auf die Gefahr hin, den Beutelsbacher Konsens fälschlicherweise als ‚Neutralitätsgebot‘ zu verstehen (Stichwort „Neutralität und politische Lethargie als Gefahr für politisches Leben“ auf Folie 13). Erläutern Sie, weshalb es sich hierbei um eine Fehlinterpretation handelt.

  • Das Neutralitätsgebot und der Beutelsbacher Konsens weisen zwar ähnliche Aspekte auf, wie die Förderung der Demokratie, unterscheiden sich jedoch in der Umsetzung. Der Beutelsbacher Konsens zielt insbesondere darauf ab, die Thematisierung kritischer bzw. politischer Themen im Unterricht zu fördern, um mehrere Meinungen offenzulegen. Auf diese Weise erhalten Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit, ihre Meinungen und Ansichten zu vertreten, sie zu stützen und gegebenenfalls neue Aspekte zu lernen (Wehling 1977, S. 180). Dies ist insbesondere für die demokratische Bildung von Relevanz (Wehling 1977, S. 179f.). Da dennoch eine gewisse Neutralität gewahrt werden muss, zielt das Neutralitätsgebot darauf ab, den neutralen Staat von religiösen Institutionen zu trennen.Im Rahmen des Beutelsbacher Konsenses ist es von entscheidender Bedeutung, dass Lehrkräfte keine Neutralität vortäuschen. Die Förderung des kritischen Denkens der Schüler:innen sowie die Schaffung eines Raumes, in dem die Denkweisen aller Beteiligten respektiert werden, sind wesentliche Ziele des Neutralitätsgebots. Dieses ist zwar grundsätzlich geeignet, um eine faire Behandlung unterschiedlicher Perspektiven zu gewährleisten, stellt jedoch nicht das übergeordnete Ziel von Bildungsprozessen dar.

Arbeiten Sie die Bedeutung des Beutelsbacher Konsens für ein Thema heraus, das in einem von Ihnen studierten Unterrichtsfach verortet ist. Was gibt es bei der Durchführung einer Unterrichtseinheit zu diesem Thema unter Berücksichtigung des Beutelsbacher Konsens zu beachten?

Im Rahmen meines Studiums der Fächer Germanistik und Religion möchte ich mich in diesem Abschnitt dem Religionsunterricht widmen. Der Beutelsbacher Konsens, der zwar keinen direkten Bezug zum Religionsunterricht aufweist, jedoch dennoch für einige Themen Relevanz besitzt, kann auch hier als Orientierung dienen. Auch im Religionsunterricht werden kontroverse Themen behandelt, wie beispielsweise religiöse Konflikte, Ethik oder Weltanschauungen. In Bezug auf diese Themen manifestieren sich divergierende Standpunkte, die Anlass zu Diskursen bieten. Dabei werden divergierende Perspektiven reflektiert und offene Diskussionen ermöglicht. Als Lehrkraft ist es jedoch wichtig, die Ziele des Neutralitätsgebots zu berücksichtigen bzw. aus der Perspektive der religiösen Gemeinschaften zu lehren.

Lesen Sie sich den taz-Artikel „Unterricht im Schützengraben“ durch. Erläutern Sie, warum es für den Unterricht wichtig ist, sich kritisch mit den verschiedenen Parteiprogrammen auseinanderzusetzen.

Die Auseinandersetzung mit den Parteiprogrammen ist von besonderer Relevanz für den Unterricht, da dieser für eine ausgewogene und demokratische politische Bildung steht. Die Schüler:innen beschäftigen sich nicht nur mit den Unterschieden der vorhandenen Parteien, sondern verstehen auch den Prozess unterschiedlicher Entscheidungen. Dafür ist die Vermittlung grundlegender Kenntnisse über politische Bildung unerlässlich. Das „Wahlprogramm” wird einer kritischen Analyse unterzogen, um die Verbreitung von „Fake News” zu verhindern. Diesbezüglich wird im Unterricht eine intensive Auseinandersetzung mit den Themen „Social Media” und „Fake News” vorgenommen. Dazu gehört auch die Arbeit mit seriösen Quellen (Lanius 2021, S. 196-201).

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Quellen:

Die Bedeutung des Beutelsbacher Konsens, Wehling, Hans-Georg (1977): Konsens à la Beutelsbach? Nachlese zu einem Expertengespräch. In: Siegfried Schiele und Herbert Schneider (Hg.): Das Konsensproblem in der politischen Bildung. Stuttgart, S. 173-184. 

Verschwörungstheorien im Unterricht, Lanius, David (2021): Wie sollten Lehrende mit Fake News und Verschwörungstheorien im Unterricht umgehen? In: Johannes Drerup, Miguel Zulaica y Mugica und Douglas Yacek (Hg.): Dürfen Lehrer ihre Meinung sagen? Demokratische Bildung und die Kontroverse über Kontroversitätsgebote. Stuttgart: Kohlhammer, S. 188-208. 


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