Anonymität im Wohnheim

„Ich weiß zum Beispiel gar nicht wer hier auf dem Stock wohnt und wer mein Nachbar ist.“ [Lee]

„Gerade führe ich das längste Gespräch mit eine[r] Mitbewohner[in], das ich je hatte.“ [Felix]

„Anonym trifft es ganz gut!“ [Chahd]

Wie bereits durch die Interviews deutlich wurde (besonders auch durch die oben gelisteten Zitate), zeigt sich, dass das Wohnheim eine anonyme Form des Lebens sein kann. Nicht immer ist dies der Fall, aber eine Studie zeigt, dass sich 40 von 50 Bewohner*innen aus unterschiedlichen Wohnheimen (das entspricht 80 %) mehr Kontakt zu anderen Bewohner*innen beispielsweise durch Gemeinschaftsräume wünschen. (Anonymität in Wohnheimen, o. D.) Einige ziehen mit der Intention, viele Menschen kennenzulernen, ins Studentenwohnheim. Die anderen 20 % finden den Kontakt genau richtig. Das Thema Anonymität spielt also eine regelmäßige Rolle bei den im Wohnheim Lebenden. Expert*innen betonen aber auch, dass das Thema Anonymität bzw. Einsamkeit mit Persönlichkeitsmerkmalen zusammen hängt, wie beispielsweise der Intro- und Extravertiertheit. Vom Studierendenwerk gibt es meist besondere Unterstützungen an Gemeinschaftsräumen, Events, Leihotheken und vielem mehr, um Einsamkeit vorzubeugen.

Die Frage für meine Forschung ist, nehmen die vier Interviewten das Wohnheim als anonymen Ort wahr und was macht das mit ihnen?

„Anonym trifft es ganz gut […] besonders am Anfang, wenn man noch nicht so eng mit anderen Leuten war, hat es eher so gewirkt wie ein Hotel“ äußert sich Chahd auf die Frage hin, wie sie die Atmosphäre im Wohnheim beschreiben und bewerten würde. Lee äußert, dass sie andere Vorstellungen von und Erwartungen an das Wohnheim hatte [„Ich dachte irgendwie, dass man hier mehr Kontakt hat, also dass es vielleicht mehr Gemeinschaftsaktivitäten gibt. [D]as wäre vielleicht ganz cool.“] Im nächsten Moment revidiert sie ihre Aussage, weil sie „[…] auch gerne in [ihrem] Zimmer für [s]ich [ist und] froh, wenn [sie dort] ein bisschen Energie tanken kann.“ Dies zeigt nicht nur, dass das Leben im Wohnheim sowohl von den gerade frisch Eingezogenen, als auch von einer bereits im engen Kontakt dazu stehenden Person als anonym wahrgenommen werden kann, sondern auch, dass die Anonymität, die im X herrscht, zum Teil als positiv wahrgenommen wird. Eine für meine Forschung interessante Erkenntnis.

Hier ist besonders zu betonen, dass sich dies nicht verallgemeinern lässt und ich mich hier auf meine empirischen Forschungsergebnisse stütze.