TP 2: Anforderungsmanagement

Anforderungsmanagement und Qualitätssicherung (Dr. Stefan Welling, ifib)

Ziel des Teilprojektes 2 ist es, ausgehend von einer Anforderungsanalyse auf Basis von Nutzungsszenarien und Anwendungsfällen, die evolutionäre Vorgehensweise der Softwareentwicklung zu unterstützen. Hierbei erfolgt eine enge Abstimmung mit dem Entwicklungspartner construktiv, um bereits frühzeitig bei der Systemspezifikation die funktionalen und insbesondere nicht-funktionalen Anforderungen zu berücksichtigen. Im Sinne eines systematischen Anforderungsmanagements werden die Ergebnisse rückgekoppelt und damit in einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess integriert. Teil dieser Qualitätssicherung sind regelmäßige Nutzertests, bei denen Aspekte der Nutzbarkeit und Nützlichkeit (inklusive Barrierefreiheit) untersucht sowie rechtliche Anforderungen an Daten-, Persönlichkeits- und Jugendschutz erhoben und bewertet werden. Dabei werden etablierte Verfahren des Usability-Engineering eingesetzt und durch neue agile Methoden ergänzt, die dem Gegenstand und der spezifischen Nutzergruppe besser entsprechen.

Im Rahmen der kontinuierlichen Qualitätsentwicklung werden ab der Mitte der Projektlaufzeit erste Szenarien für einen Transfer der Ergebnisse in andere Regionen und andere Bildungsbereiche entwickelt und evaluiert. Diese Szenarien münden dann in ein Verstetigungskonzept, das gemeinsam mit den anderen Projektpartnern ausgearbeitet und umgesetzt wird.

Enge Kooperation mit den beteiligten Projektpartnern

Eine enge Kooperation mit den beteiligten Projektpartnern stellt hierbei eine zwingende Voraussetzung für die erfolgreiche Gestaltung dieses Teilprojektes dar. Folgende Bereiche sind dafür vorgesehen:

  • In enger Abstimmung mit dem Entwicklungspartner construktiv werden die erhobenen Anforderungen sowie die rechtlichen Rahmenbedingungen reflektiert und in die Systemspezifikation und die prototypische Umsetzung eingebunden.
  • Die Nutzererwartungen sowie die funktionalen und nicht-funktionalen Anforderungen werden gemeinsam mit dem Projektpartner BIBF erhoben und
    bewertet. Somit bleibt gewährleistet, dass sie mit den entwickelten didaktischen Szenarien harmonieren.
  • Der Transfer der Plattform in andere Bildungsbereiche erfolgt gemeinsam mit dem Projektpartner ITB, mit dessen Hilfe die Verwertbarkeit der ursprünglich für den informellen Bildungsbereich entwickelten Plattform in formale Bildungsarrangements im Sinne der Employability bewertet werden kann.

Hintergrund

Aus der Perspektive des Teilprojektes liegt die Herausforderung in der Verbindung von agilen Entwicklungsmethoden – die typischerweise bei der Entwicklung von Web 2.0 Applikationen eingesetzt werden – und traditionellen Verfahren des Anforderungsmanagements. Hierzu liegen bisher nur wenige Erfahrungen bzw. Forschungsergebnisse vor. Entweder handelt es sich um große Softwareprojekte, die aus Gründen des Qualitätsmanagements oftmals durch strikte, prozessorientierte Standardverfahren organisiert werden (z.B. V-Modell XT), oder es handelt sich um kleinere, schnell umzusetzende Web-Projekte, die im Rahmen von Extreme Programming oder Agile Development durchgeführt werden. Für eine Verbindung beider Verfahren liegen bisher keine empirischen Ergebnisse vor.
Die Besonderheit des Projektes wird zudem dadurch hervorgehoben, dass es sich um spezielle Benutzergruppen handelt, für die eine spezifische Form der Anforderungsanalyse entwickelt werden muss: Auf der einen Seite sind dies Jugendliche und junge Erwachsene, deren Zugang zum Internet relativ weit verbreitet ist und die zu den so genannten Power Usern von Web 2.0 Angeboten zählen. Die Medienkompetenz in dieser Zielgruppe ist jedoch sehr unterschiedlich ausgeprägt, was insbesondere an der Gruppe der sogenannten „Risikoschüler“ (PISA) deutlich wird. Hier zeigt sich die neue Qualität der „digitale Spaltung“, die zunehmend auch als „digitale Ungleichheit“ gesehen wird, da es nicht mehr einzig um den Zugang zu digitalen Medien geht, sondern vielmehr auch um die Verwertung der sich daraus ergebenden Chancen für die eigene Stellung innerhalb der Gesellschaft. Die zweite Nutzergruppe, die zu einem späteren Zeitpunkt in das Projekt eingebunden wird, sind Ausbilder, Lehrkräfte oder Meister im Handwerksbereich. Diese gelten als weniger medien-affin und haben bisher nur wenig Kontakt zu Web 2.0 Applikationen. Der innovative Gehalt des Vorhabens besteht deshalb darin, die Anforderungen dieser sehr unterschiedlichen Nutzergruppen zu erheben, zu bewerten und geeignete Formen der Umsetzung zu finden. Eine weitere Herausforderung ist rechtlicher Natur: Urheberrechte, Persönlichskeitsrechte, Überprüfung der Inhalte ohne Zensur (Probleme anderer Portal- Betreiber) aber auch Datenschutz und Datensicherheit müssen gewahrt werden, wenn auf der Plattform in Zukunft Portfolios von potenziellen Bewerber/innen dauerhaft zur Verfügung gestellt werden sollen. Hierfür müssen geeignete Instrumente (z.B. Zugriffsrechte, Backup-Verfahren) geschaffen werden, die eine ganzheitliche Wahrung aller rechtlichen Aspekte im Einklang mit den Nutzungsanforderungen und den technischen Möglichkeiten erlauben.

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