Kulturwissenschaft studieren – Und dann ?

Wohin führt der ganze Weg eigentlich ?

 

Genau diese Frage habe ich mir vor etwa einem halben Jahr gestellt. Kulturwissenschaft? Was ist das überhaupt? Damit kann man doch nichts werden? Such dir was vernünftiges.

Alles Sprüche und Fragen die ich mir anhören musste als ich erzählte, dass ich nun vorhabe Kulturwissenschaften zu studieren. Im ersten Augenblick hört es sich zugegebenermaßen vielleicht auch etwas „trocken“ oder schwer vorstellbar an, aber dieser Fachbereich bietet einem ein so immenses Spektrum an Themenvielfalt sowie Tiefe ins Detail wie fast kein anderes. Es geht hier nämlich um etwas historisches, aktuelles sowie auch zukunftsorientiertes. Kultur gab es, gibt es und wird es auch für immer in bestimmten Formen geben – und das überall auf der gesamten Welt. Kultur ist nunmal alles und nichts zugleich. Mit welchem Fuß wir zuerst eine Wohnung betreten kann Kultur sein. Welche Gewürze wir in unsere täglichen Speisen involvieren kann auch Kultur sein. Und auch wie wir anthropologisch betrachtet Tag für Tag mit unseren Mitmenschen agieren ist kulturell bedingt. All diese verschiedenen Aspekte machten mich auf meiner Studiengangssuche neugierig und führten mich zu diesem Bachelorfach nach Bremen. Ich ahnte es anfangs auch nicht, aber es ist wirklich derartig erstaunlich, welch verschiedene Wege man doch mit diesem Studium einschlagen kann. Angefangen bei klassischen Berufen im Kultur- und Veranstaltungsmangement sowie Marketing und Werbung bis hin zum Journalismus, der Wissenschaft an sich und auch dem Tourismus stehen einem alle Türen offen. Man wird eben auf extrem vieles vorbereitet. Es ist nämlich nicht mehr nur das typische Bild des Musuemsmitarbeiters, der Ausstellungen präsentiert oder in Archiven rumforscht. Kulturwissenschaft ist das und darüber hinaus noch viel mehr. Also falls ihr noch am überlegen seid, ob KuWi (wie wir Studis es nennen) etwas für euch ist, dann lasst mich folgendes sagen: Wenn ihr auch nur das kleinste Interesse am aktuellen Zeitgeist und Kultur im Generellen habt – Dann traut euch !

Mein Fazit zum Ende des 1. Semesters

Zwischen Partytime und Online Vorlesung

 

 

Wir schreiben nun gerade den 15. Februar. Das Semester ist hat mittlerweile ein Ende genommen und auch meine letzten Klausuren sind geschrieben. Was nun bleibt ist die Freude auf die doch langen Semesterferien und ein zwiegespaltener Rückblick auf die letzten Monate. Alles fing eigentlich wieder an, wie wir es aus den Jahren zuvor gewohnt waren. In der Ersti Woche gingen alle ausgelassen feiern, man lernte neue Leute kennen und wir konnten die Uni erkunden samt Campusgelände, Hörsaal etc. Doch dann fing das ganze Corona Spiel von vorne an. Die Inzidenzen stiegen wieder drastisch an, das soziale Leben wurde immer weiter eingegrenzt und schlussendlich lief der Rest des ersten Semesters online ab. Abgesehen davon, dass es draussen schon sowieso total früh dunkel wurde und eiskalt war, konnte man nun nicht einmal mehr vernünftig Kontakte pflegen an der Uni oder sonstigen Kultureinrichtungen aufgrund der pandemischen Lage. Eine echt triste Zeit begann somit, aber mit der Zeit lernte ich mich mit der Situation zu arrangieren und das beste draus zu machen. Ich lernte nun viel mehr für die Uni und habe mich auch mit mir selbst viel intensiver beschäftigt. Dadurch, dass ich die meiste Zeit erneut in meiner Heimat verbracht hatte, konnte ich auch meinen Eltern regelmäßig zur Seite stehen und helfen und meine alten Freunde wieder öfter besuchen. Insgesamt betrachtet fand ich das ganze Semester jedoch als solches, ziemlich schön. Es hat mir Lust auf mehr gemacht und umso gespannter bin ich nun, wie das Sommersemester 2022 wird. Ich meine, das Wetter und die Corona Lage kann ja nur besser werden. Also Daumen hoch!

Teilnehmende Beobachtung am Blexer Deich

Teilnehmende Beobachtung

Beobachtungstag: 26.12.2021

Beginn der Beobachtung: 16:00 Uhr

Ende: 16:30 Uhr

Im Rahmen der durchzuführenden Participant Observationhabe ich mich für einen Ort entschieden, der bei mir in der Heimatstadt Nordenham über die Jahre immer mehr an Popularität gewonnen hat. Es handelt sich um den Segelflugplatz im Nordenhamer Ortsteil Blexen. An diesem Flugplatz gelegen befindet sich der Blexer Deich und eine Erhöhung auf der sich ein kleiner Parkplatz sowie eine Aussichtsplattform befindet. Viele Touristen als auch Bewohner der Stadt versammeln sich hier, um den Sonnenuntergang und den Blick über die Weser gen Bremerhaven zu genießen. In den vergangenen Jahren waren es überwiegend Leute mittleren Alters oder Rentner, die diesen durchaus besinnlichen Ort aufsuchten. Seit ein paar Jahren jedoch versammeln sich dort auch immer Jugendliche mit ihren Autos. Um herauszufinden wie es zu diesem Wandel kam und was dieser Ort für die Menschen genau bedeutet, habe ich mich für eine halbe Stunde an den Flugplatz begeben und mir in meinem Auto Notizen gemacht und die Leute um mich herum genauestens beobachtet und befragt. Der Segelflugplatz befindet sich im Nordwesten Blexens und grenzt an eine circa 25 Kilometer lange Deichstraße, die entlang der Blexer Weserseite bis ins benachbarte Butjadingen führt. Um den Flugplatz zu erreichen, muss man mit dem Auto die Deicherhöhung von circa 12 Meter aufwärts hinauf fahren, um den Aussichtsbereich zu erreichen. Auf diesem Bereich befindet ein kleiner Parkplatz für maximal sechs bis sieben Autos, 3 Parkbänke (auf denen sich die Leute frontal zur Weserseite mit Blick auf die Stadt Bremerhaven hinsetzen können), sowie eine von der Stadt Nordenham befestigte Box mit verschiedenen Fossilen sowie Antiquitäten aus dem Wattenmeer. Zudem befindet sich am äußeren Ende des Flugplatzes noch ein schmaler Weg der nach unten Richtung Weser führt. Dreht man sich um, sieht man ein großes Feld mit Schafen und einige Bauernhäuser sowie die Blexer Kirche. In der halben Stunde die ich am Flugplatz verbracht habe konnte ich einige interessante Sachen beobachten. Als ich ankam war noch kein Auto da und die gesamte Fläche war leer. Einzig und alleine meine Wenigkeit, der sich schon leicht rötende Himmel am Horizont und mein silberner Peugeot 207cc. Um ehrlich zu sein wunderte mich dies schon ein wenig, da dieser Ort zur Sonnenuntergangszeit normalerweise rege besucht ist. Doch schon kurz nach diesem Gedanken kamen die ersten Autos an. Eine rote Mercedes E-Klasse und ein schwarzer Citroën C3 parkten links neben mir. Aus dem roten Mercedes stieg ein altes Ehepaar aus, dass ich sogar persönlich kannte. Im Citroën befanden sich zwei Mädchen, die sich bei McDonalds etwas zu essen herausgeholt haben. Kurz darauf kam noch ein Mann mit seinem Hund den Deich hoch und setzte sich auf die Parkbank. In diesem Zuge habe ich mein Auto verlassen und bin rübergegangen zu dem mir bekannten Rentnerpaar. Ich fragte die beiden, wie es ihnen geht und was sie dazu bewegt hat hierher zukommen. Der Mann sagte mir, dass er jedes Jahr am zweiten Weihnachtstag mit seiner Frau einen Spaziergang durch den Ort macht und schlussendlich hier landet und einfach nur den Ausblick genießt und die Zweisamkeit mit seiner Frau. Ich spüre hier jedesmal voll die Idylle, merkte er noch zufrieden lächelnd an. Nachdem ich mich mit den beiden zu Ende unterhalten hatte ging ich noch rüber zur Parkbank und fragte den Mann mit dem Hund, was ihn hierher verschlagen hat. Er schaute mich zunächst etwas verwundert an, aber antwortete mir dann ausführlich, dass er mit seinem Collie jeden Tag hier hochkommt nach seiner großen Runde und sich auf der Bank erst einmal ausruht vom langen Spaziergang. Für ihn verkörpert dieser Ort laut eigener Aussage, eine Art Freiheit und Flucht vor dem Alltagsstress, weshalb er auch täglich gerne nach der Arbeit mit seinem Hund hierher kommt. Etwa 5 Minuten nach meinem Gespräch mit ihm kamen, dann noch zwei weitere Autos an. Insgesamt 5 Jugendliche stiegen aus und rauchten zusammen eine Zigarette, während sie sich ausgiebig darüber unterhielten, wie genervt sie doch von der aktuellen Corona Situation sind und wie sehr sie es vermissen mal wieder feiern zu gehen. Sie standen in einem Halbkreis versammelt da und schienen nicht besonders beeindruckt vom Sonnenuntergang zu sein, da sie überwiegend damit beschäftigt waren sich zu beklagen.

Abschließend haben sich bei dieser Form der teilnehmenden Beobachtung einige interessante Erkenntnisse für mich herauskristallisiert. Der Segelflugplatz am Deich hat für die verschiedenen Menschen in Nordenham einen durchaus unterschiedlichen Stellenwert beziehungsweise Nutzen. Genau dies spiegelt sich insbesondere im Alter der Leute wider. Die Jugendlichen beispielsweise nutzten diesen Ort als kurzen Zwischenhalt/Treffpunkt, während das Rentnerpaar gezielt daherkam und der Platz für sie eine gewisse Historie und Tradition beherbergte. Auch der Mann mit dem Hund hat diesem Ort noch einmal einen besonderen Stellenwert zugeordnet, indem er ihn als Flucht aus dem Alltag betrachtete und ihn mit einem Rückzugsortverglich. Insofern war es also durchaus interessant einen derart unscheinbaren Ort zu beobachten, der an und für sich keine großartigen Besonderheiten aufweist, jedoch die unterschiedlichsten Menschen im Minutentakt anzieht mit gänzlich verschiedenen Beweggründen.