Vorlesung Obdachlosigkeit in Hamburg, Meinung (Blogeintrag 6)

Kleiner und kurzer Meinungsblog: Der Film zeigte auf, das Obdachlose durchaus sympathische und normale Menschen sind, nur mit dem wesentlichen Aspekt das sie auf der Straße leben. Es ist interessant zu sehen wie jeder von ihnen seine eigene Geschichte zu erzählen hat und zu Erfahren wieso er sich nun in dieser Situation befindet. Ebenfalls bewundernswert ist das Gruppenverhältnis und das Vertrauen, welches untereinander aufgebracht wird. Meine Sicht auf Obdachlose hat sich ins positive verändert, da man sich nun öfter die Frage stellt, wer diese Person eigentlich ist und welche Geschichte und Probleme hinter ihr steckt, anstatt wegzugucken. Ebenfalls sollte man sich in Zukunft durchaus mal öfter dazu aufbringen, eine kleine Spende zu hinterlassen. Was für uns ,,nur“ ein bis zwei Euro sind, kann für einen Obdachlosen schon eine warme Mahlzeit sein, welche ihn durch die eisige, kalte Nacht bringen kann.

Lucian Lengemann

Klausurstress von Zuhause aus? (Blogeintrag 5)

Klausurstress von Zuhause aus?

Das doch sehr knappe erste Halbjahr, welches man an der Uni Bremen verbracht hat, scheint sich nun langsam auszuklingen und es wird Zeit ein Fazit zu ziehen. Es begann alles mit einer O-Woche, welche für Corona-Verhältnisse sehr ausgelassen genossen werden konnte. Die ersten Wochen waren nun vorbei und man begann eine Uni-Alltagsroutine zu entwickeln. Dies Geschah leider nur bis zu einem bestimmten Punkt, welcher lautete: Aufgrund von steigenden Inzidenz-Zahlen bleibt die Uni bis auf weiters geschlossen und die Vorlesungen finden zunächst wieder in Online statt. Nun gut, das war es erstmal mit der schönen Routine welche sich über den Anfangszeitraum aufgebaut hatte. Die Challange hierbei war es nun, den Kopf nicht hängen zu lassen und sich auch von zuhause aus zu motivieren, weiterhin alles zu geben. Wie bei allen Dingen, war es auch hier nur eine Frage der Zeit bis man sich an die Gegebenheiten gewöhnt hat und anfing sich mit ihnen zu arrangieren. Nach mehreren Monaten begann sich dann alles um die anstehenden Klausuren zu drehen. Dabei durften natürlich auch nicht die typischen Organisatorischen Probleme fehlen, welche bei allen die Fragen aufkommen ließen, wie die Klausuren nun geschrieben werden. Online? Präsenz? Oder doch ein ganz anderer Alternativplan? Im Endeffekt stellte sich heraus das die Klausuren Online stattfanden und alle versuchten sich vorzustellen wie so etwas ablaufen könnte. Die Klausur stellte jedoch schon eine schweres Hindernis dar, aber irgendwo hatte es auch einen positiven und fast schon lustigen Beigeschmack zuhause im Pyjama seine Klausur zu bestreiten.

Lucian Lengemann

Kulturwissenschaft studieren – Und dann ?

Wohin führt der ganze Weg eigentlich ?

 

Genau diese Frage habe ich mir vor etwa einem halben Jahr gestellt. Kulturwissenschaft? Was ist das überhaupt? Damit kann man doch nichts werden? Such dir was vernünftiges.

Alles Sprüche und Fragen die ich mir anhören musste als ich erzählte, dass ich nun vorhabe Kulturwissenschaften zu studieren. Im ersten Augenblick hört es sich zugegebenermaßen vielleicht auch etwas „trocken“ oder schwer vorstellbar an, aber dieser Fachbereich bietet einem ein so immenses Spektrum an Themenvielfalt sowie Tiefe ins Detail wie fast kein anderes. Es geht hier nämlich um etwas historisches, aktuelles sowie auch zukunftsorientiertes. Kultur gab es, gibt es und wird es auch für immer in bestimmten Formen geben – und das überall auf der gesamten Welt. Kultur ist nunmal alles und nichts zugleich. Mit welchem Fuß wir zuerst eine Wohnung betreten kann Kultur sein. Welche Gewürze wir in unsere täglichen Speisen involvieren kann auch Kultur sein. Und auch wie wir anthropologisch betrachtet Tag für Tag mit unseren Mitmenschen agieren ist kulturell bedingt. All diese verschiedenen Aspekte machten mich auf meiner Studiengangssuche neugierig und führten mich zu diesem Bachelorfach nach Bremen. Ich ahnte es anfangs auch nicht, aber es ist wirklich derartig erstaunlich, welch verschiedene Wege man doch mit diesem Studium einschlagen kann. Angefangen bei klassischen Berufen im Kultur- und Veranstaltungsmangement sowie Marketing und Werbung bis hin zum Journalismus, der Wissenschaft an sich und auch dem Tourismus stehen einem alle Türen offen. Man wird eben auf extrem vieles vorbereitet. Es ist nämlich nicht mehr nur das typische Bild des Musuemsmitarbeiters, der Ausstellungen präsentiert oder in Archiven rumforscht. Kulturwissenschaft ist das und darüber hinaus noch viel mehr. Also falls ihr noch am überlegen seid, ob KuWi (wie wir Studis es nennen) etwas für euch ist, dann lasst mich folgendes sagen: Wenn ihr auch nur das kleinste Interesse am aktuellen Zeitgeist und Kultur im Generellen habt – Dann traut euch !

Mein Fazit zum Ende des 1. Semesters

Zwischen Partytime und Online Vorlesung

 

 

Wir schreiben nun gerade den 15. Februar. Das Semester ist hat mittlerweile ein Ende genommen und auch meine letzten Klausuren sind geschrieben. Was nun bleibt ist die Freude auf die doch langen Semesterferien und ein zwiegespaltener Rückblick auf die letzten Monate. Alles fing eigentlich wieder an, wie wir es aus den Jahren zuvor gewohnt waren. In der Ersti Woche gingen alle ausgelassen feiern, man lernte neue Leute kennen und wir konnten die Uni erkunden samt Campusgelände, Hörsaal etc. Doch dann fing das ganze Corona Spiel von vorne an. Die Inzidenzen stiegen wieder drastisch an, das soziale Leben wurde immer weiter eingegrenzt und schlussendlich lief der Rest des ersten Semesters online ab. Abgesehen davon, dass es draussen schon sowieso total früh dunkel wurde und eiskalt war, konnte man nun nicht einmal mehr vernünftig Kontakte pflegen an der Uni oder sonstigen Kultureinrichtungen aufgrund der pandemischen Lage. Eine echt triste Zeit begann somit, aber mit der Zeit lernte ich mich mit der Situation zu arrangieren und das beste draus zu machen. Ich lernte nun viel mehr für die Uni und habe mich auch mit mir selbst viel intensiver beschäftigt. Dadurch, dass ich die meiste Zeit erneut in meiner Heimat verbracht hatte, konnte ich auch meinen Eltern regelmäßig zur Seite stehen und helfen und meine alten Freunde wieder öfter besuchen. Insgesamt betrachtet fand ich das ganze Semester jedoch als solches, ziemlich schön. Es hat mir Lust auf mehr gemacht und umso gespannter bin ich nun, wie das Sommersemester 2022 wird. Ich meine, das Wetter und die Corona Lage kann ja nur besser werden. Also Daumen hoch!

Teilnehmende Beobachtung am Blexer Deich

Teilnehmende Beobachtung

Beobachtungstag: 26.12.2021

Beginn der Beobachtung: 16:00 Uhr

Ende: 16:30 Uhr

Im Rahmen der durchzuführenden Participant Observationhabe ich mich für einen Ort entschieden, der bei mir in der Heimatstadt Nordenham über die Jahre immer mehr an Popularität gewonnen hat. Es handelt sich um den Segelflugplatz im Nordenhamer Ortsteil Blexen. An diesem Flugplatz gelegen befindet sich der Blexer Deich und eine Erhöhung auf der sich ein kleiner Parkplatz sowie eine Aussichtsplattform befindet. Viele Touristen als auch Bewohner der Stadt versammeln sich hier, um den Sonnenuntergang und den Blick über die Weser gen Bremerhaven zu genießen. In den vergangenen Jahren waren es überwiegend Leute mittleren Alters oder Rentner, die diesen durchaus besinnlichen Ort aufsuchten. Seit ein paar Jahren jedoch versammeln sich dort auch immer Jugendliche mit ihren Autos. Um herauszufinden wie es zu diesem Wandel kam und was dieser Ort für die Menschen genau bedeutet, habe ich mich für eine halbe Stunde an den Flugplatz begeben und mir in meinem Auto Notizen gemacht und die Leute um mich herum genauestens beobachtet und befragt. Der Segelflugplatz befindet sich im Nordwesten Blexens und grenzt an eine circa 25 Kilometer lange Deichstraße, die entlang der Blexer Weserseite bis ins benachbarte Butjadingen führt. Um den Flugplatz zu erreichen, muss man mit dem Auto die Deicherhöhung von circa 12 Meter aufwärts hinauf fahren, um den Aussichtsbereich zu erreichen. Auf diesem Bereich befindet ein kleiner Parkplatz für maximal sechs bis sieben Autos, 3 Parkbänke (auf denen sich die Leute frontal zur Weserseite mit Blick auf die Stadt Bremerhaven hinsetzen können), sowie eine von der Stadt Nordenham befestigte Box mit verschiedenen Fossilen sowie Antiquitäten aus dem Wattenmeer. Zudem befindet sich am äußeren Ende des Flugplatzes noch ein schmaler Weg der nach unten Richtung Weser führt. Dreht man sich um, sieht man ein großes Feld mit Schafen und einige Bauernhäuser sowie die Blexer Kirche. In der halben Stunde die ich am Flugplatz verbracht habe konnte ich einige interessante Sachen beobachten. Als ich ankam war noch kein Auto da und die gesamte Fläche war leer. Einzig und alleine meine Wenigkeit, der sich schon leicht rötende Himmel am Horizont und mein silberner Peugeot 207cc. Um ehrlich zu sein wunderte mich dies schon ein wenig, da dieser Ort zur Sonnenuntergangszeit normalerweise rege besucht ist. Doch schon kurz nach diesem Gedanken kamen die ersten Autos an. Eine rote Mercedes E-Klasse und ein schwarzer Citroën C3 parkten links neben mir. Aus dem roten Mercedes stieg ein altes Ehepaar aus, dass ich sogar persönlich kannte. Im Citroën befanden sich zwei Mädchen, die sich bei McDonalds etwas zu essen herausgeholt haben. Kurz darauf kam noch ein Mann mit seinem Hund den Deich hoch und setzte sich auf die Parkbank. In diesem Zuge habe ich mein Auto verlassen und bin rübergegangen zu dem mir bekannten Rentnerpaar. Ich fragte die beiden, wie es ihnen geht und was sie dazu bewegt hat hierher zukommen. Der Mann sagte mir, dass er jedes Jahr am zweiten Weihnachtstag mit seiner Frau einen Spaziergang durch den Ort macht und schlussendlich hier landet und einfach nur den Ausblick genießt und die Zweisamkeit mit seiner Frau. Ich spüre hier jedesmal voll die Idylle, merkte er noch zufrieden lächelnd an. Nachdem ich mich mit den beiden zu Ende unterhalten hatte ging ich noch rüber zur Parkbank und fragte den Mann mit dem Hund, was ihn hierher verschlagen hat. Er schaute mich zunächst etwas verwundert an, aber antwortete mir dann ausführlich, dass er mit seinem Collie jeden Tag hier hochkommt nach seiner großen Runde und sich auf der Bank erst einmal ausruht vom langen Spaziergang. Für ihn verkörpert dieser Ort laut eigener Aussage, eine Art Freiheit und Flucht vor dem Alltagsstress, weshalb er auch täglich gerne nach der Arbeit mit seinem Hund hierher kommt. Etwa 5 Minuten nach meinem Gespräch mit ihm kamen, dann noch zwei weitere Autos an. Insgesamt 5 Jugendliche stiegen aus und rauchten zusammen eine Zigarette, während sie sich ausgiebig darüber unterhielten, wie genervt sie doch von der aktuellen Corona Situation sind und wie sehr sie es vermissen mal wieder feiern zu gehen. Sie standen in einem Halbkreis versammelt da und schienen nicht besonders beeindruckt vom Sonnenuntergang zu sein, da sie überwiegend damit beschäftigt waren sich zu beklagen.

Abschließend haben sich bei dieser Form der teilnehmenden Beobachtung einige interessante Erkenntnisse für mich herauskristallisiert. Der Segelflugplatz am Deich hat für die verschiedenen Menschen in Nordenham einen durchaus unterschiedlichen Stellenwert beziehungsweise Nutzen. Genau dies spiegelt sich insbesondere im Alter der Leute wider. Die Jugendlichen beispielsweise nutzten diesen Ort als kurzen Zwischenhalt/Treffpunkt, während das Rentnerpaar gezielt daherkam und der Platz für sie eine gewisse Historie und Tradition beherbergte. Auch der Mann mit dem Hund hat diesem Ort noch einmal einen besonderen Stellenwert zugeordnet, indem er ihn als Flucht aus dem Alltag betrachtete und ihn mit einem Rückzugsortverglich. Insofern war es also durchaus interessant einen derart unscheinbaren Ort zu beobachten, der an und für sich keine großartigen Besonderheiten aufweist, jedoch die unterschiedlichsten Menschen im Minutentakt anzieht mit gänzlich verschiedenen Beweggründen.

Meine Beobachtung im Bremer Hauptbahnhof (Blogeintrag 4)

Universität Bremen *Ws 21/22* Dr. Javier Gago Holzscheiter Aufgabe 2 09-50-M1-S6: Seminar ,,Einführung in die Ethnologie ́ ́ Beobachtung

Name: Lucian Lengemann Ort: Bremer Hauptbahnhof Zeit: 12:37 – 13:25

Ich befinde mich im Bremer Bahnhof in der Nähe des Haupteingangs. Ich stehe im seitlichen Teil der Vorhalle an einem offenen Stehtisch der Bäckerei Le Crobag. Von diesem Platz aus kann ich in alle Richtungen das Treiben der Menschen beobachten. Das Zifferblatt der übergroßen runden Bahnhofsuhr unterhalb des Gewölbes an der lichtdurchfluteten Fensterfront gegenüber des Haupteingangs, zeigt 12:37 Uhr. Es ist Mittagszeit. Entsprechend der Bremer Winterferien ist es am Bahnhof heute sehr betriebsam. Viele Menschen bewegen sich unterschiedlich schnell in verschiedene Richtungen des Bahnhofs. Die meisten von ihnen tragen winterliche Kleidung und jeder einen Mundschutz. Viele Personen führen ein Gepäckstück mit sich. Besonders viele Menschen kommen, meist einzeln oder zu zweit, immer wieder nacheinander von Draußen aus dem Haupteingang und bewegen sich durch die Vorhalle in Richtung Bahnsteig und umgekehrt. Dadurch, dass sich in der Mitte der Vorhalle durch hohe Metallgitter abgegrenzte Sitzgelegenheiten befinden, bilden sich zwei Hauptwege, welche überwiegend in zwei verschiedene Richtungen genutzt werden. Die beiden Hauptwege führen vom Haupteingang durch die tageslichthelle Vorhalle und münden in den beiden Tunneln der neonbeleuchteten Geschäftsstraße in der Unterführung des Bahnhofs. In unmittelbarer Nähe vor mir befinden sich unter der hohen Deckwölbung, gut sichtbar, über den Eingängen der Tunnel, die wechselnden Anzeigen der Fahrgastinformation mit weißer Schrift auf blauem Hintergrund. Eine lautstarke Ansage ertönt durch die geräuschvolle Vorhalle: ,,Sehr verehrte Fahrgäste, der ICE Nummer 1397, der planmäßig auf Gleis 3 um 12:50 Uhr einfahren sollte, hat heute 30 Minuten Verspätung.’’

Um mich herum nehme ich die in bunten Neonfarben beleuchteten und beschrifteten Geschäfte wahr; ebenso wie die leuchtenden digitalen Werbeplakate. Ich kann beobachten, wie sich viele Menschen immer wieder einen Schnellimbiss kaufen und dafür in langen Schlangen stehend Wartezeiten in Kauf nehmen. Dabei ist auffällig, dass sie große Abstände zueinander halten. Als ich mich umdrehe, sehe ich drei Menschen unterschiedlichen Alters in der Schlange der Bäckerei Le Crobag stehen. Ich beobachte, wie gerade eine junge Frau in roter Wintermütze und schwarzer Daunenjacke ein Croissant und einen Kaffee im roten Pappbecher entgegennimmt. Nachdem sie über die Ladentheke Geld gegen die Ware eintauscht, kommt sie auf mich zu und setzt sich auf einen Hochstuhl an meinen Nebentisch und lässt ihren schwarzen Rucksack auf den Boden fallen. Sie nimmt einen Schluck Kaffee aus ihrem bedeckelten Pappbecher, stellt diesen auf den Tisch und holt ihr Handy aus der Jackentasche. Sie tippt eine Nachricht ein. Als die circa 30 Jahre alte Frau ihr Handy wieder in die Jackentasche steckt und weiter an ihrem Kaffee schlürft, spreche ich sie an: ,,Entschuldigung, darf ich Ihnen eine Frage stellen? Ich bin Student an der Uni Bremen undführe eine Beobachtungsstudie durch. Darf ich fragen, wo Sie hinfahren?’’ Die junge Frau, deren braunhaariger Pony aus der roten Wollmütze herausschaut, lächelt freundlich und antwortet: ,,Na klar! Ich fahre nach Kiel und besuche eine Freundin’’.

Ich bedanke mich und begebe mich geradewegs gegenüber von mir zu den Stellwänden mit den Fahrgastinformationen. Dort stelle ich mich neben einen jungen Mann, der gerade den Fahrplan auf einem gelben Plakat hinter einem Plexiglas Kasten studiert. Als ich näher komme, geht er weiter in Richtung Bahnsteig und zieht geräuschvoll seinen silbergrauen Koffer hinter sich her. Ich schaue hinter die Stellwände und setze mich in den offenen, abgetrennten Sitzbereich neben eine alte Dame auf eine kalte Metallbank. Im Wartebereich sind die meisten Plätze besetzt. Mir fällt auf, dass immer ein Platz zwischen den Leuten frei ist. Hier sitzen sieben Reisende mit warmen Winterjacken unterschiedlichen Alters und Nationalität mit ihrem Gepäck. Vier von ihnen beschäftigen sich mit ihrem Handy, die anderen drei sitzen bewegungslos da. Die Uhr zeigt inzwischen 13:20 Uhr. Nach weiteren fünf Minuten stehe ich auf, gehe zum Ausgang und verlasse durch den Hauptausgang die Bahnhofshalle, wo mir ein kalter Windzug entgegen strömt.

Während meiner Beobachtungsstudie konnte ich in verschiedenen Situationen feststellen, dass die Regeln der Schutzvorkehrungen der Corona Pandemie das gewohnte Verhalten der Menschen stark beeinflusst. Statt wie zu früheren Zeiten, in der Bahnhofshalle auch größere Gruppen anzutreffen, hielten sich die Menschen meist alleine oder in Zweier oder Dreier Gruppen auf. Offensichtlich handelte es sich meiner Beobachtung nach hierbei um Familien oder befreundete Personen. Auch hielten die Besucher Richtungswege und Abstandsregeln sowie die Maskenpflicht ein. Entgegen der üblichen Hektik in der Vorweihnachtszeit, empfand ich nun, trotz einer gewissen Betriebsamkeit am Bahnhof, eine deutliche Entschleunigung gegenüber der Vor- Corona-Zeit.

Lucian Lengemann

Exzerpt zum Text „Gegen Kultur schreiben“ von Lila Abu-Lughod (1996) (Studienleistung)

Fachbereich 09 – Kulturwissenschaften
WiSe 2021/22
Tutorin: Hannah-Sophie Eylers
Hybrid Tutorium zu „Einführung in die Ethnologie“ (Oberg)
09-50-M1-T1
Meyer, Jessica
Matrikelnummer: 4458439
E-Mail: meyerje@uni-bremen.de

 

 

Exzerpt zum Text „Gegen Kultur schreiben“ – von Lila Abu-Lughod:

 

Der Artikel von Lila Abu-Lughod „Gegen Kultur schreiben“ erschien 1996 im Sammelband „Wechselnde Blicke. Frauenforschung in internationaler Perspektive. Opladen, S. 14-46.“ (In: Ilse Lentz/Herausgeberin Andrea Germer).

 

Zur Autorin: Lila Abu-Lughod ist eine palästinensisch-amerikanische Anthropologin. Momentan ist sie Professorin für Sozialwissenschaften am Institut für Anthropologie der Columbia University in New York City und ist spezialisiert auf ethnografische Forschung in der arabischen Welt.

 

Lila Abu Lughod kritisiert den bisherigen  Kulturbegriff in der Kulturanthropologie in ihrem Beitrag, da er so wie ihn James Clifford und George E. Marcus in ihrem 1986 veröffentlichtem Sammelband „Kultur schreiben“ beschreiben ihrer Ansicht nach die Personengruppen der FeministInnen und der „halfies“ ausgegrenzt werden. Als „halfies“ definiert sie „Personen, deren nationale oder kulturelle Identität aufgrund von Migration, Erziehung im Ausland oder ihrer Abstammung gemischt ist“ (S. 14).

Abu-Lughod schreibt, dass sie zeigen möchte das Kultur im bisherigen anthropologischen Diskurs zu Abgrenzungen führt und hierarchischen Strukturen herbeiführt. Deshalb ruft sie AnthropologInnen jetzt dazu auf,  gegen Kultur zu schreiben (S. 14-15).

 

Selbst und andere/Kultur und Differenz:

Abu-Lughod geht in diesen Abschnitten auf die Schwierigkeiten und Probleme ein die das bisherige Verständnis des Kulturbegriffs ihrer Meinung nach mit sich bringen, „könnte er jetzt zu etwas geworden sein, dem AnthropologInnen in ihren Theorien, ihrer ethnografischen Praxis und in ihrem ethnografischen Schreiben entgegen arbeiten sollten“ (S. 15).

Ein Beispiel das Abu-Lughod nutzt um diese Problematik zu beschreiben ist die

Beziehung die FeministInnen und „halfies“ AnthropologInnen zu sich selbst haben, so schreibt sie zum Beispiel: „Der interessantere Aspekt der Lage der Feministin ist freilich, was sie mit dem halfie gemeinsam hat: ihre Fähigkeit, das Selbst der Anthropologie in aller Ruhe anzunehmen ist blockiert. Für beide ist, wenn auch auf unterschiedliche Weise, das Selbst gespalten, gefangen an der Schnittstelle zwischen Systemen der Differenz“ (S.18).

Das beschreibt für sie das Problem der Macht der Unterscheidung zwischen Selbst und dem anderen.

Weiter schreibt sie, dass die Dilemmata der „halfies“ noch gravierender sind, da sie meist für die anthropologische Fachwelt schreiben würden, da sie aber nicht westlichen Gemeinschaften in Verbindung gebracht würden sie auch von Mitgliedern dieser Gemeinschaften kritisiert.

Weiter schreibt sie das sie sich beim Sprechen ihrer Aussagen sehr bewusst seien, da sie immer auch automatisch das andere darstellen, deshalb seien sie immer gezwungen sich besonders gründlich mit Ethik und Politik auseinanderzusetzen, weil sie immer zwischen der Rolle des „Sprechers als“ und des „Sprechers über“ wechseln würden.

Außerdem zieht sie einen Vergleich zwischen Kultur und „Rasse“ (die „Rasse“ sei ein Vorgänger des Konzepts der Kultur) (S. 22).

Man könne laut Abu-Lughod auch behaupten Kultur sei für die Anthropologie wichtig, da die anthropologische Unterscheidung zwischen Selbst und Anderem darauf beruhe. Kultur sei das entscheidende Instrument zur Herstellung des anderen (S.21). Auch schreibt sie, viele würden jetzt die Sorge äußern, dass der Kulturbegriff dazu tendieren würde Differenzen festzuschreiben (S. 24).

 

Diskurs und Praxis/Verbindungen/Ethnografien des Partikularen:

In diesen Abschnitten beschreibt Abu Lughod drei Strategien, die in ihren Augen geeignet sind um gegen Kultur zu schreiben.

Die erste Strategie beschäftigt sich mit dem Diskurs und der Praxis.

Die Herkunft und Bedeutung des Begriffs des Diskurses beruht auf Vorstellungen von Foucault und Bourdieu. Er soll den Unterschied zwischen

Theorie und Praxis verdeutlichen.

Die Begriffe der Praxis und des Diskurses seien nützlich, weil sie der Annahme der Gebundenheit entgegenwirken (S.26-27).

 

Verbindungen:

Diese zweite Strategie besteht darin, neue Ansatzpunkte für die Gebiete und

die Problemfelder zu finden mit denen sich die Anthropologie befasse (S.27).

Außerdem ist laut Abu-Lughod das Einbeziehen des Zusammenspiels zwischen

Gegenwart und Vergangenheit wichtig, da dies wichtig für einige Entwicklungen sei (S.28).

 

Ethnografien des Partikularen:

Bei ihrer dritten Strategie beschreibt Abu-Lughod wie wichtig es ist, Generalisierungen kritisch zu betrachten, da diese Teil einer Sprache der Macht seien, aber gleichzeitig nicht wirklich auf das eingehen was sie beschreiben (S.30).Da der bisherige benutzte Diskurs ihrer Meinung nach hierarchische Unterscheidungen zwischen „ihnen und den Anthropologischen Anderen“ noch verstärkt (S.S. 32), schlägt Abu-Lughod vor, „mit narrativen Ethnografien des Partikularen zu experimentieren, die auf der Feldforschung aufbauen“ (S.33).

 

Taktischer Humanismus?

Im letzten Abschnitt ihres Artikels schreibt sie, dass die Strategie der Ethnografien des Partikularen für sie am besten geeignet ist um gegen Kultur zu

Schreiben, da sie die Ähnlichkeiten in unser aller Lebensumständen zum Vorschein bringt (S. 38).

Sie will mit ihrer Kritik an der Anthropologie auch dazu anregen zu hinterfragen

Worüber und für wen wir schreiben (S.38).

Auch schreibt sie, dass es gute Gründe gibt um den Humanismus zu hinterfragen, stellt aber fest das der „Humanismus im Westen weiterhin die

Sprache der menschlichen Gleichheit mit der größten moralischen Kraft ist“

Könne man ihn noch nicht aufgeben (S.39).

Das bezeichnet sie als „taktischen Humanismus“.

 

Diskussionsfragen:

 

1: Inwiefern ist Abu-Lughods Kritik an der Anthropologie 30 Jahre nach dem erstmaligem Erscheinen des Artikels heutzutage noch relevant? Wurden ihre Lösungsvorschlage in der Forschung angewandt?

 

  1. Wie lassen sich Hierarchien und Machtstrukturen zwischen den Personengruppen verringern oder ganz auflösen und wie kann in Zukunft

vielleicht sogar ihre Entstehung verhindert werden?

 

3: Inwieweit ist es hinnehmbar, dass Studien über Personengruppen wie die

„halfies“ von Personengruppen durchgeführt werden, die deren kulturelle Hintergründe und Perspektiven gar nicht nachvollziehen können, da sie einen

Ganz anderen Hintergrund/Herkunft haben?