Wie würden sie jemanden, der nicht an der Ringvorlesung (rv14) teilgenommen hat, die Unterschiede zwischen Mobbing, Diskriminierung und Rassismus erklären?
Mobbing: Laut Olweus (1978, 2010) gibt es drei signifikante Merkmale, woran Mobbing zu erkennen ist: 1. Die Verletzungsabsicht: im Mittelpunkt steht die Schädigung einer Person oder einer Gruppe. 2. Wiederholung der Übergriffe: Handlungen werden wiederholt über einen längeren Zeitraum ausgeübt. 3. Machtungleichgewicht: Das Machtverhältnis fällt zugunsten der Person oder Gruppe aus, welche die Übergriffe ausüben. Zudem kann sich Mobbing auf unterschiedliche Weise ausdrücken. Es lassen sich vier Erscheinungsformen unterscheiden (Bradshaw et al. 2015; Olweus 2010; Scheithauer et al. 2006): 1. Physisches Mobbing: Handlungen, die die Zielperson körperlich verletzen sollen. 2. Verbales Mobbing: Die Zielperson soll mittels verletzende oder kränkende Äußerungen getroffen werden. 3. Rationales Mobbing: Die sozialen Beziehungen der Zielperson wird angegriffen oder zerstört, dies geschieht z.B durch das Herausekeln aus einer Peer Group, Lästern oder das verbreiten von Gerüchten. 4. Cyber Mobbing: Findet mit der Verwendung digitaler Medien statt, auch hier findet wiederholte Verunglimpfung, Belästigung oder Ausgrenzung statt. (Vgl. S. Wachs und W. Schubarth. Schule und Mobbing)
Diskriminierung: „Als soziale Diskriminierung werden Praktiken der Herabsetzung, Benachteiligung und Ausgrenzung bezeichnet, die gegen Angehörige bestimmter Gruppen bzw. Gruppen gerichtet sind.“ (Gomolla, 2016; Vgl. Prof. Dr. Karakasoglu, Yasemin; Dr. Barasi, Dennis, 2023, Vorlesungsfolie RV14, „Formen der Ausgrenzung“, Foliennummer 17) Diskriminierung nimmt Bezug auf verschiedene Differenzkategorien, wie z.B u.a. Gender, Weltanschauung, Alter, Sprache, Migration und sexuelle Identität. (Gomolla 2016)
Rassismus: Es werden „Ideen, Vorstellungen, (Alltags-) Theorien, Repräsentationen, Wissen u.Ä.“ hervorgebracht oder reproduziert. Es werden dabei sogenannte ,Rassen´ gebildet, daraufhin werden Dominanzverhältnisse zwischen den Menschengruppen legitimiert und (re-)produziert. Die Differenzierung von Gruppen erfolgen, um bestimmte Gruppen von Ressourcen auszuschließen und der höher hierarchisierten Gruppe einen privilegierten Zugang zu sichern. (Vgl. Hall 2004: Leiprecht 2016, S. 226; Rommelspacher 2009, S. 25; Weiß 2013, S. 44)
Unterschied: Mobbing, Diskriminierung und Rassismus sind stark miteinander verbunden, treten häufig auch gemeinsam auf. Analysiert man die Merkmale und Kontexte, lassen sie sich besser differenzieren. Mobbing geht immer einher mit wiederholenden verletzenden Verhalten, gegen eine Zielperson oder Gruppe. Rassismus basiert auf Vorurteilen und Ungleichbehandlung, dieses wird durch eine Hierarchisierung der ,Rassen´ legitimiert. Diskriminierung basiert ebenfalls auf Vorurteilen und Herabsetzungen, bezieht sich aber auf Gruppen oder Angehörige bestimmter Gruppen.
Inwiefern hat Ihnen die Vorlesungssitzung neue Erkenntnisse bezüglich selbst in der Schule beobachteter oder erlebter Situationen vermittelt? Bitte nehmen Sie dabei auf theoretische Inhalte der Vorlesung Bezug und verwenden Sie – wenn möglich – ein konkretes Beispiel (Nicht vergessen: Verwenden Sie dabei mindestens 2 wissenschaftliche Quellen!).
Da ich in meiner Schulzeit leider häufiger mit dem Thema Mobbing in Berührung gekommen bin, waren mir viele Punkte und Informationen der Vorlesung bereits bewusst. Was ich jedoch nicht wusste und rückblickend auf meine Schulzeit sehr aufschlussreich fand, ist dass die Lehrer*innen davon ausgehen in 85 Prozent aller Mobbing Fälle einzugreifen. (Fereidooni 2015, S. 4) Auch bei Anwesenheit der Lehrkräfte wurde während meiner Schulzeit kaum bis gar nicht interveniert, dementsprechend würde ich mich der Meinung der Schüler:innen anschließen, dass Lehrkräfte deutlich seltener intervenieren, als sie von sich denken.
Das die meisten Mobbing/Bullying- Vorfälle ohne die Anwesenheit einer Lehrkraft stattfinden, wusste ich bereits vor der Vorlesung. (Ehlert 2006, S.115) Die Tatsache, dass Lehrkräfte fast doppelt so häufig in Mobbingsituationen intervenieren, wenn sie eine Fortbildung besucht haben, fand ich interessant und aufschlussreich. (Wachs & Schubarth 2021) Aufgrund dieser Erkenntnis, würde ich es sehr wichtig finden, wenn Lehrkräfte regelmäßig an solchen Fortbildungen teilnehmen würden. Durch Fortbildungen könnten Lehrkräfte ein breiteres Gewaltverständnis, Diagnosekompetenz und Empathiefähigkeit entwickeln. (Vgl. Prof. Dr. Karakasoglu, Yasemin; Dr. Barasi, Dennis, 2023, Vorlesungsfolie RV14, „Formen der Ausgrenzung“, Foliennummer 11) Zudem würden wahrscheinlich mehr Mobbing/Bullying- Vorfälle erkannt und behandelt werden.
Lesen Sie das folgende Beispiel „Hakan Yilmaz“ (unten) aufmerksam durch. Als dritte*r Kolleg*in haben Sie die Situation, die Hakan Yilmaz schildert beobachtet. Wie würden Sie die Aussage des anderen Lehrers einordnen (mit Bezug auf die Inhalte der Vorlesung rv14)? Was wären Ihre nächsten Schritte als Lehrer*in und Kolleg*in?
Fallbeispiel: Hakan Yilmaz: „Also, da war noch ein Erlebnis zu Beginn ähm (.) der Klassenfahrt mit meinem Kollegen, wo ich mit einer Schülern gesprochen habe und ein Kollege (.) ähm (.) dann im Grunde gesagt hat, als ich die Schülerin gefragt habe, was äh sie denn in Zukunft machen möchte (.) beruflich (Interview Hakan Yilmaz, IHY, Z. 702-705). […] sie hat irgendwas gesagt. Daran kann ich mich jetzt auch gar nicht mehr erinnern. Äh, er [der Kollege, Anm.d.Verf.] daraufhin aber gesagt hat: „Ach, möchtest du doch nicht Kameltreiber werden wie der Herr Yilmaz?“ Ne? (.) In dem Moment war das für mich natürlich etwas irritierend, weil ich äh das nicht so ganz zuordnen konnte; welchen Hintergrund das Ganze hat. (.) Ähm, mit ihm auch nochmal drüber gesprochen, warum er das in Anwesenheit der Schülerin gesagt hat. Ich glaube die Schülerin konnte das nicht so ganz zuordnen, was damit ohnehin gemeint war. Sie ist dann auch direkt gegangen, aber (.) ich habe mich in dem Moment halt irgendwie auch (.) ähm äh, puf, (.) ja, so komisch gefühlt, weil ich äh, ne, etwas irritiert war, weil ich mit so einer Antwort auch nicht gerechnet habe“ (Fereidooni 2015, S. 249).
Das Verhalten der Lehrkraft ist inakzeptabel und unannehmbar. Diese Bemerkung ist nicht nur verletzend, kränkend und unangebracht, sondern auch äußerst rassistisch. Als erstes würde ich ein Gespräch mit dem Schüler suchen, um mit ihm die Situation nachträglich zu besprechen und ihm die Möglichkeit zu geben, seine Gedanken und Gefühle zu dieser Situation nochmal loszuwerden. Anschließend würde ich das Gespräch mit meinem Kollegen suchen und ihm nahe bringen, dass solch ein Verhalten absolut inakzeptabel ist. Zu dem würde ich in Erfahrung bringen wollen, wieso er zu solch einer Auffassung kommt. Nach dem Gespräch würde ich diesen Vorfall der Schulleitung melden.
Literaturverzeichnis
Arndt, Susan: Rassismus. Eine viel zu lange Geschichte. 2017
Prof. Dr. Karakasoglu, Yasemin; Dr. Barasi, Dennis, Titel: „ Strukturelle und individuelle Formen der Ausgrenzung und Abwertung. Differenzierung zwischen Mobbing, (institutioneller) Diskriminierung und (Alltags-) Rassismus“, BAUMHET Vorlesung RV14, Jahr: 11.07.2023. Zuletzt aufgerufen: 14.07.2023.
Wachs, Sebastian; Wilfried Schubarth: Schule und Mobbing. (Hrsg): T. Hascher et al., Handbuch Schulforschung. Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2021
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