RV12 Reflexion

Da ich Bildungswissenschaften des Primar- und Elementarbereichs und u.a. das Fach Inklusive Pädagogik studiere habe ich mich in den letzten Semestern schon sehr viel mit Heterogenität in der Schule beschäftigt und habe inhaltlich viele Wiederholungen, aus der Sicht anderer und bekannter Dozenten, erfahren.

In allen Vorlesungen wurde die Vielfältigkeit der Heterogenität der SchülerInnen in den Mittelpunkt gestellt: So gibt es keine dichotomen Gruppen von Kindern mit oder ohne Migrationshintergrund, oder etwa mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf. Demnach gibt es auch weder „die eine“ didaktische Handlungsweise oder „das eine“ angemessene Vorgehen. Jeder Schüler und jede Schülerin müssen von den Lehrkräften individuell betrachtet werden, um eine an den Kompetenzen orientierte Lehre zu ermöglichen. Dies sehe ich auch als die größte Herausforderung an meinen späteren Beruf.

Einer der interessantesten Inhalte aller Vorlesungen ist die enorme Bedeutung von sprachlichen Kompetenzen in allen Unterrichtsfächern und demnach die Auswirkungen auf die schulischen Lernerfolge, das spätere Berufs- und auch Sozialleben. Wenn bedacht wird, dass die Zahl der Bücher im Regal der Eltern den Bildungsstand und auch späteren Bildungserfolg der SchülerInnen widerspiegelt, wird auch hier wieder die enorme Heterogenität der in Deutschland aufwachsenden Kinder verdeutlicht.

Bei dem Stichwort „Bücher“ erinnere ich mich direkt an die Vorlesung vom 04. Juni, bei der Gender im Unterricht thematisiert wurde. Dort habe ich mir die Beobachtungsfrage gestellt, ob Lehrkräfte bei ihrer Unterrichtsgestaltung auf eine gendersensible Gestaltung achten und dies besonders bei der Auswahl von Büchern und Arbeitsmaterialien. Hier sehe ich auch weiterhin die Beobachtungsaufgabe, der ich in meinem nächsten Praktikum (dem POE in Deutsch) nachgehen möchte.

Herkunft, Gender und soziale Lage

In der Vorlesung „Umgang mit Heterogenität in der Grundschule“ wurde in der letzten Sitzung das Thema „Herkunft, Gender und soziale Lage“ behandelt.

Im Hinblick auf sprachlichen Unterricht halte ich den sprachlichen Input in der Unterrichtssprache Deutsch in den ersten Lebensjahren von besonderer Bedeutung, weil die Qualität und auch Quantität dieses Inputs Auswirkungen auf das mündliche Sprachverständnis und Sprachverstehen der SchülerInnen hat.

In meinem letzten Praktikum hat an der Schule ein Sportfest stattgefunden. Dort konnte ich beobachten, wie eine pädagogische Hilfskraft ein Kind, welches erst in diesem Schuljahr aus Syrien nach Deutschland gekommen ist und aktuell noch den Vorkurs besucht, gefragt hat ob das Laufen ihm gefallen hat. Woraufhin das Kind antwortete „Gefallen? Nein, nein nicht gefallen. Kein Pflaster“. Das Kind hat vermutlich gedacht, dass die pädagogische Hilfskraft wissen möchte ob es hingefallen sei. Wahrscheinlich kannte das Kind die Doppeldeutigkeit vom Wort ‚gefallen‘ noch nicht und konnte in diesem Zusammenhang die Bedeutung im Kontext noch nicht herstellen. Bei diesem Beispiel führte das falsche Verständnis zu keinen weiteren Problemen, da die pädagogische Kraft ihr Anliegen in anderen Worten umformulierte und das Kind die Frage verstand. Trotzdem wurde mir daran bewusst, wie komplex doch der Erwerb der deutschen Sprache ist. Kinder müssen zu vielen Wörtern nicht nur eine einzelne, in jedem Kontext richtige Bedeutung lernen. Beispielsweise das Wort „Seite“ könnte sich auf eine Buchseite, eine Gitarrensaite oder die Seite eines geometrischen Körpers beziehen.

Somit werde ich bei meinem nächsten Praktikum besonders auf doppelte Wortbedeutungen achten.

Genderperspektiven

Laut Artikel 3 Abs. 2 des deutschen Grundgesetzes sind Frauen und Männer gleichberechtigt. Dies spiegelt sich in vielen Teilen der Gesellschaft jedoch (noch) nicht wieder. Zum Beispiel zeigen Studien, dass die Notengebung in den Schulen von dem Geschlecht der Kinder beeinflusst wird. Denn trotz besserer Schulleistungsergebnisse der Mädchen in Mathematischen und Naturwissenschaftlichen Fächern sind sie hier dennoch weniger erfolgreich als Jungs (vgl. Kaiser 2006, S. 75ff).

Jeder Mensch wird täglich mit Werbung konfrontiert. Oft wird gezielt Werbung für Kinder gestaltet, um so das Kaufverhalten der Familien zu beeinflussen. Die Kinder werden zu Wirtschaftssubjekte bei denen es nur um Konsumgüter geht und nicht um pädagogische oder normative Werte. Denn bei den Konsumgütern werden Kinder häufig in eine bestimmte Rolle gedrängt. Ein kürzliches Beispiel für Geschlechterspezifische Werbung fällt mir der Lidl Prospekt zum Muttertag ein, in dem wurden speziell für die Frau unter anderem Staubsauger und Bügeleisen angeboten. Auch die neuen „Mädchen“-Überraschungseier gehören hier zu.

Eine mögliche Beobachtungsfrage wäre: Achten Lehrkräfte bei ihrer Unterrichtsgestaltung auf eine gendersensible Gestaltung? Besonders interessant finde ich, ob Lehrkräfte bei der Auswahl von Büchern und Arbeitsmaterialien sich der genderrelevanten Problematik bewusst sind und diese reflektiert beachten.

 

Literatur:

Kaiser, Astrid (2006): Gender im unterrichtlichen Alltag der Grundschule. In: Jösting, Sabine / Seemann, Malwine (Hrsg.): Gender und Schule. Bis-Verlag, Oldenburg. S. 75-96.

Zur Notwendigkeit von sprachsensiblem Fachunterricht

Möglicherweise ist der Schüler M., obwohl er in Deutschland geboren wurde, mit Deutsch als Zweitsprache aufgewachsen. Dies kann der Fall sein, wenn er zum Beispiel in seiner Familie in der frühen Kindheit eine andere Sprache kennengelernt hat. Zudem besteht die Möglichkeit, dass er keinen Kindergarten besucht hat, in dem er Deutsch schon früher in seiner Entwicklung hätte kennenlernen können. Zuletzt sollte der Unterschied zwischen der alltäglichen Umgangssprache mit der im Unterricht genutzten Bildungssprache bedacht werden.

In meinem Praktikum war ich in einer Schule mit einem hohen Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund. Viele von den Kindern sind mit Deutsch als Zweitsprache aufgewachsen. Zu Beginn der Unterrichtsstunde wurden oft noch unbekannte oder schwierige Wörter an die Tafel geschrieben und erklärt. Zusätzlich zu der Begriffsklärung wurden, im gesamten Unterricht, Gebärden unterstützend eingesetzt.

Eine Beobachtungsfrage im naturwissenschaftlichen Sachunterricht, mit der Verknüpfung von Sprache und Inhalt, könnte lauten:

„Welche Begriffe und Satzkonstruktionen nutzen SchülerInnen zum Erklären der Photosynthese?“

Die Schwierigkeiten könnten sein, dass die SchülerInnen das Prinzip der Photosynthese zwar verstanden haben, dieses jedoch durch einen fehlenden Wortschatz nicht verbalisieren können. Für die Lehrkraft ist schwer zu erkennen, dass die Probleme nicht im Fachlichen verstehen liegen.

Englischunterricht zwischen Selektion und Inklusion

In der Vorlesung „Umgang mit Heterogenität in der Grundschule“ wurde in der letzten Sitzung das Thema „Englischunterricht zwischen Selektion und Inklusion“ behandelt.

Im Fremdsprachenunterricht kann zum Verbessern der Aussprache, das Zuhören und anschließende Wiedergeben unterstützen. Doch der Stellenwert dem „nativ-speaker Ideal“ zu verfolgen, kann infrage gestellt werden. Bekanntlich gibt keine direkte Norm einer Sprache, weil in jeder Umgebung unterschiedliche Akzente verwendet werden. Demnach sollte das Lernen einer Fremdsprache für internationale und interkulturelle Kommunikation gedacht sein und nicht für die Nutzung im einsprachigen Raum. Ein fachdidaktischer Grundsatz kann demnach ein kommunikativer Unterricht sein, dort kann der Fokus auf die Funktionalität gesetzt werden.

In meiner Schulzeit habe ich im Englischunterricht, in Hinblick auf die Differenzierung, eine Aufteilung in einen Erweiterten- und einen Grundunterricht erfahren. Eine Differenzierung fand jedoch nur während der Klausuren statt, der Unterricht war für alle SchülerInnen der Selbe. Es gab, nach meiner Wahrnehmung, für viele SchülerInnen keine direkte Unterstützung beim Lernen.

Beobachtungskriterien um differenzierte fachdidaktische Merkmale von Englischunterricht sichtbar zu machen, könnten sein:
– Werden unterschiedliche Zugänge der SchülerInnen genutzt?
– Gibt es eine Vielfalt an Lernmethoden, Materialien und Hilfestellungen?
– Gibt es kooperative Lernformen?
– Wird eine sprachliche Heterogenität berücksichtigt?
– Wird die kulturelle Heterogenität sichtbar gemacht?
– Wird individuelle Unterstützung geboten?

Umgang mit sozio-kultureller Heterogenität in der Schule

In der Vorlesung „Umgang mit Heterogenität in der Schule“ wurde in der letzten Sitzung verschiedene Modelle für den Umgang mit sozio-kultureller Heterogenität in der Schule vorgestellt.

In meinem letzten Praktikum war ich an einer Schule mit einem großen Anteil an SchülerInnen mit Migrationshintergrund.Die Schule hat ebenfalls einen großen Anteil an SchülerInnen, die Deutsch als Zweitsprache lernen. Der Stadtteil umfasst ein großes Spektrum an kulturellen und sozialen Unterschieden. Als Beispiel für den Umgang mit sozio-kultureller Heterogenität, in der Schule, habe ich das dortige Elterncafé kennengelernt.

Einmal im Monat findet ein Elterncafé statt, um den Eltern einen Raum zu geben, in dem sie sich austauschen und Kontakte knüpfen können, ebenso bietet es die Möglichkeit das Schulpersonal kennenzulernen, um sich in der Schule besser beteiligen zu können. Somit lernen die Eltern den Lernort Schule auch als Lebensort kennen. In den Heimatländern ist das Schulsystem oft anders, um das deutsche besser verstehen zu können, ist es wichtig, dass Schulsystem hier kennen zu lernen. Zu dem soll es den Eltern beim Erwerb der deutschen Sprache helfen, dafür werden  im Anschluss ab und zu Deutsch-Kurse angeboten.

Wünschenswert wäre es, dass sowohl Eltern mit Migrationshintergrund, als auch ohne, teilnehmen. In meiner Beobachtung konnte ich leider keine Mischung feststellen, am Elterncafé nahmen nur Eltern mit Migrationshintergrund Teil (wenn auch oft in 2. Generation).

In weiteren Praktika würde ich gerne beobachten, ob es an anderen Schulen auch ähnliche Angebote gibt und wie dort die Zusammensetzung der Eltern ist, die daran teilnehmen.