Die pädagogische Ordnung des individualisierenden Unterrichts – schultheoretische Perspektiven

Die Vorlesung vom 23.05.2017 von Prof. Dr. Till Sebastian Idel thematisiert die Leistung als soziale Konstruktion im individualisierenden Unterricht aus schultheoretischem Blickwinkel.

1.

Aus schultheoretischer Perspektive stechen für mich zweierlei Einsichten signifikant heraus.

Den „Unterricht als Klassengespräch“ zu definieren, schließt ein übergeordnetes kollektives Verständnis aller Lernenden mit ein. Thesen werden gemeinsam erarbeitet, die Räume werden geöffnet, die Ordnung wird dezentralisiert. Anstelle von Einzeltischen tragen Gruppentische zur sozialen Interaktion bei und fördern das Kooperationsvermögen unter den Lernenden. Dabei sind möglichst im Voraus festgesetzte Regeln in der Kommunikation und typische Konversationsmuster unabbringlich. „Muster sind Formen, in denen gesellschaftliche Handlungsprozesse ablaufen. In ihnen wird koaktiv gehandelt. D.h.: sowohl Kampf als auch Kooperation werden in Mustern ausgetragen, sofern sie bloß über partikulare Konstellationen hinausgehen. (…) Indem mehrere Aktanten handeln, bedienen sie sich der Muster: sie sind ihnen darin zugleich unterworfen, und zwar notwendig“ (Ehlich & Rehbein, S.39). Die Sicherung von Disziplin durch Fremd- und Selbstdisziplinierung ist hier von essentiellem Charakter. Innerhalb der Lerngruppe herrschen sehr unterschiedliche Lernvoraussetzungen der Schülerinnen und Schüler, sodass individuelle Lernangebote ausgewählt und auf den jeweiligen Leistungsstand zugeschnitten werden müssen. Prof Dr. Idel beschreibt diese differenzierte Behandlung der Lernenden als „Individualisierung als auf Heterogenität reagierendes didaktisches Prinzip“.

Zunächst liefert die Lernumgebung als äußerliche Rahmenbedingung die Grundlage für das Lernen in angenehmer Atmosphäre. Versteht man hier den Ort Schule als Lebensraum, in welchem man sich meist die Hälfte des Tages aufhält, so sollte dieser ein möglichst angenehmes individuelles Lernklima schaffen. Beschränkt man sich auf die Klassenraumgestaltung, in dem beispielweise der Fremdsprachenunterricht stattfindet, so zeigen mehrere subjektive Beobachtungen, dass das Unterrichten in entsprechend individuell gestalteten Räumen nicht nur lebhafter und viel flexibler gestaltbar ist, sondern auch, dass die Kinder entspannter, motivierter und engagierter im Unterricht mitwirken. Daraus ist als Folge ein möglicher höherer Lernerfolg absehbar, wenn sich die Schülerinnen und Schüler sich im Klassenraum durch eine an sie angepasste Gestaltung wohler fühlen. (vgl.: http://www.grin.com/de/e-book/129225/klassenzimmer-als-lebensraum-einfluesse-der-raumgestaltung-auf-die-lernbereitschaft)

2.

Reflektiere ich meine eigene Schulzeit bezüglich der Formen eines veränderten Umgangs mit Leistungsheterogenität im Unterricht, so stelle ich mit Bedauern fest, dass meist kein differenziertes Lernangebot durch das Lehrpersonal bereitgestellt wurde und wenn dies doch spärlich der Fall war, dann waren diese Angebote für die schnelleren Lernenden als „Zusatz-“ oder Sternchenaufgabe“ vorgesehen. Ich hatte nicht selten das Gefühl, dass es an meiner Schule galt, die leistungsstarken Schülerinnen und Schüler durchzubringen und diese möglichst bis an die Spitze ihres Könnens zu bringen, den leistungsschwachen hingegen wurde wenig Beachtung geschenkt. Sie wurden im Endeffekt fallen gelassen oder eiskalt ausgesiebt, indem sie nicht versetzt wurden oder sich meist selbst für eine andere Schulform als die des Gymnasiums entschieden.

  1. Beobachtungsaufgabe/ Fragestellungen im Praktikum:

Sind nach Aufgabenstellung Einzelarbeit, Partnerarbeit und Gruppenarbeit möglich? Sind die Lernangebote qualitativ und quantitativ differenziert? Wird unterschiedliches Lerntempo berücksichtigt? Wie individuell gestaltet sich die Lernumgebung? Ist das Lernklima angenehm? Gibt es beispielsweise differenzierte Wochenpläne, die das Lernen an die Schülerinnen und Schüler mit unterschiedlichen Lernvoraussetzungen angepasst strukturieren? Gibt es Planarbeit, in welcher der 45min-Takt aufgehoben ist?

 

1 thought on “Die pädagogische Ordnung des individualisierenden Unterrichts – schultheoretische Perspektiven

  1. Liebe Lea,
    dein Beitrag ist dir sehr gelungen. Du hast erstmal die schultheoretischen Perspektiven definiert und erklärt, wobei mir hier die PROS & CONTRAS gefehlt haben. Ansonsten hast du die erste Aufgabe nahezu perfekt beantwortet.
    Deine Antwort auf die zweite Aufgabe hat auch meine Schulzeit widergespiegelt. Eigentlich wurden bei uns nur die Leistungsstarken Schüler/innen bevorzugt. Den Leistungsschwächeren hingegen wurde keine Aufmerksamkeit geschenkt bzw. sehr wenig, was ich bis heute nicht verstanden habe.

    Vielen Dank für deinen Beitrag, hab ihn wirklich sehr gerne kommentiert.
    LG

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