Ein Fremdsprachenunterricht, der lediglich kognitive Fähigkeiten anspricht, legt seinen Fokus ausschließlich auf die Theorie. Hierbei geht es vor allem um grammatische Kenntnisse (also das strikte erlernen von Regeln) und korrekte Aussprache (angelegt an den native-Speaker). Ein Beispiel hierfür wären gängig genutzte Arbeitsblätter, in denen lediglich das Verb korrekt konjugiert werden muss, dabei ist der Text durch jeden anderen austauschbar.
Fehler in der Grammatik oder die Aussprache, das sind Faktoren, die nicht allzu selten den Schüler_innen peinlich erscheinen. Um diese Fehler zu vermeiden, kommt es zum fehlerfreien Schweigen, nach dem Motto, wenn nicht gesprochen wird, kann nichts Falsch gesagt werden. Das Fatale daran ist, dass die Freude und Neugierde auf Sprache genommen und durch einen Angstfaktor ersetzt wird, was sich im Gehirn festsetzt und das weitere Lernen stark beeinflusst.
Bei dieser Vorgehensweise wird nicht auf die verschiedenen Lerntypen geachtet (wie lernt der/die Schüler_in am besten? Durch intuitives Handeln, durch hören, durch verschiedene Themen (Sport, Musik etc.) oder durch klare Strukturen), sondern es wird punktuell, wie nach einer Checkliste bewertet, was die Defizite sind und diese werden, bei jedem/jeder Schüler_in mithilfe der gleichen Mittel versucht zu korrigieren.
In meinem Gedächtnis ist das Lernen von Vokabeln stark hängengeblieben. Zu jeder Einheit, die behandelt wurde, mussten bestimmte Vokabeln gelernt werden. Im anschließenden Vokabeltest wurde für ein bestimmtes Wort nur eine Lösung akzeptiert (also das, was neu gelernt wurde), dabei kann dieses Wort durch andere Synonyme beschrieben werden (z. B. für müde = tired, exhausted, worn out). In diesem Beispiel zeigt sich, dass hier nicht auf die Pragmatik der englischen Sprache eingegangen wird (denn mit dem Synonym kann man sich verständigen), sondern auf die kognitive Fähigkeit des auswendig Lernens. Schüler_innen, die Schwierigkeiten beim kontextlosen auswendig lernen hatten, wurden hierbei selektiert.
Ich habe für mich selbst erkannt, dass das Notieren der Vokabeln in mein Vokabelheft mir nicht im mindesten beim Lernen half, was ich dann kaum tat. Ich hatte eigene Wege zu lernen, die auch effektiv waren. Jedoch erwarb ich den Großteil meiner Englischkenntnisse nicht über den Englischunterricht, der meist für mich persönlich uninteressante Themen behandelte, sondern durch ein Eigenstudium. Ich lernte Liedtexte auswendig und übersetzte sie oder begann Filme und Serien mit Untertiteln oder ganz auf Englisch zu schauen, hörte mir also kontinuierlich native-Speaker an und ich hatte mein persönliches Lerntempo, sodass ich immer tiefer in die englische Sprache getaucht bin.
Vor allem das kommunikative und pragmatische Sprechen (also erst focus on function dann focus on form) sollte im Mittelpunkt des Fremdsprachenunterrichts stehen, nicht das permanente auswendig lernen von Regeln und Grammatik. Differenzierung ist gerade im Bereich Sprache ein entscheidendes Kriterium, da jeder/jede Schüler_in eine andere Motivation und ein Interesse an Sprache zeigt. In dieser Hinsicht wäre es spannend, wie man Kinder für Sprache und Sprechen in der neuen Sprache begeistern kann. Lernen die Schüler_innen durch bestimmte Medien besser, durch klare Regeln, brauchen sie selbstbewusste, sprachgewandte Lehrer_innen als Vorbilder oder andere Faktoren? Ein anderes wichtiges Kriterium ist der Umgang mit Fehlern. Wenn jedes Wort und jede Aussprache verbessert wird, dann könnten die Lernenden in ein fehlerfreies Schweigen verfallen. In einer weiteren Beobachtung könnte geprüft werden, mit welcher Lernmethode die einzelnen Kinder besser zurechtkommen.