Ein Sommertraum

Posted in Die Feder on Oktober 4th, 2011 by

Du liegst mit geschlossenen Augen im Gras. Die Sonne scheint auf dich hinunter und erwärmt deine Haut. Deine Finger streichen sanft durch das hohe Gras und fühlen jeden einzelnen Grashalm und jede einzelne Blume. Der Geruch einer Blumenwiese steigt dir in die Nase – und darunter mischt sich leicht der Geruch von durch die Sonne erwärmten Waldboden. Zu deiner rechten hörst du das leichte gurgeln eines kleinen Baches, der sanft durch die Landschaft dahin fließt. Du fährst dir leicht mit der Zunge über die Lippen und schmeckst deinen eigenen leicht salzigen Schweiß, der sich dort gesammelt hat.

Du liegst eine Weile dort und genießt es nur dort so zu liegen. Aus der Ferne hörst du kurz den Ruf einer einzelnen Krähe. Die vereinzelten Schatten von Wolken ziehen über deine geschlossenen Augen und ein leichter Lufthauch streift deine von der Sonne aufgewärmt Haut. Du fühlst wie deine Härchen sich aufrichten, ein leichtes Frösteln durchfährt deinen ganzen Körper aus, als die Gänsehaut sich ausbreitet. Die Wolken verdecken die Sonne und der Wind frischt ein wenig auf. In der Ferne hörst du wieder den Ruf einer Krähe. Du spürst die Kälte langsam aufkommen und bemerkst einen Geruch der einen aufkommenden Sturm ankündigt. Du willst die Augen nicht öffnen, du weißt nicht warum, aber du fürchtest dich es zu tun.

„Steh auf du Schlafmütze!“ hörst du plötzlich einen Ruf an dein Ohr dringen. Die Angst wird größer und die presst die Augen ganz fest zusammen. Du wirst heftig durchgeschüttelt und öffnest schließlich doch die Augen. Schlagartig steigt dir der durchdringende Geruch nach verbranntem Fleisch in die Nase. Du schaust dich um, du bist in einer ärmlichen Baracke und überall siehst du ausgemergelte, verrußte Gestalten in Lumpen gekleidet ziellos herum schlurfen. Durch die Türöffnung siehst du draußen überall Tote liegen – niedergemetzelt von dem Ungeheuer des Krieges, der dieses Land überzogen hat. Überall hörst du das Stöhnen der Gestalten und das Schreien der Verwundeten. Auf der Haut fühlst du den Ruß von den Scheiterhaufen, die überall in der Stadt stehen. Die verbrannten Überreste der Menschen kleben einfach überall.

Dir wird auf einmal bewusst, was Traum und was Wirklichkeit ist, aber muss das so fest geschrieben sein? Was wäre, wenn die Grenzen fließender wären?

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