Genderspezifische Motivation im Fremdsprachenunterricht

Hallo liebe Besucher meines EW-Blogs!

In meinem heutigen Beitrag behandle ich die genderspezifische Motivation im Bereich der Fremdsprachen. In dieser linguistischen Disziplin herrschen (leider) stereotypische Vorurteile, die sich seit Generationen in den Köpfen vieler SuS und generell in der Gesellschaft verankert haben – so existiert zum Beispiel eine von vielen vertretene Behauptung, dass weibliche SuS die besseren Fremdsprachenlerner, während weibliche Lehrerinnen die besseren Fremdsprachenvermittler sind: ist das die Wahrheit? Oder doch eher ein konstruierter Irrglaube?

Anhand meiner Erfahrungen, die ich in meiner eigenen Schulzeit im Fremdsprachenunterricht gesammelt habe, lege ich nieder, wie diese Behauptung wohl zustande gekommen ist.

Meine zweite Fremdsprache, die ich in der 7. Klasse dazu gewählt habe, ist Französisch gewesen, ein Fach, das sowieso von weiblichen Schülerinnen bevorzugt wird, denn von ca. 20 SuS waren nur 4 männlich. Es gab im Laufe der Sekundarstufe I in Französisch einen Lehrerwechsel; in den Klassenstufen 7 bis 9 wurden wir von einem männlichen Lehrer unterrichtet, während wir die letzten einandhalb Jahre eine Lehrerin bekommen haben. Der Einstieg in die französische Sprache erfolgte positiv für den Kurs, wobei ich mit Sicherheit sagen kann, dass weibliche Schülerinnen weniger Probleme hatten, Fortschritte in Französisch zu machen. Das Lernklima bei Herrn N. war sehr angenehm, rückblickend kann ich sagen, dass es sich um einen guten Lehrer gehandelt hat, der uns die damals fremde Sprache gut vermitteln konnte. Frau W., die uns bis zum Abschluss der Sekundarstufe I in Französisch unterrichtet hat, hatte diese (humane) Qualifikation nicht inne. Der Unterricht gestaltete sich als extrem trocken und der Notenspiegel des Kurses, mit Ausnahme der Noten einiger weiblichen Schülerinnen, verschlechterte sich zunehmend.

Aus diesen Erfahrungen kann ich die Behauptung aufstellen, dass es sich bei bei der oben genannten These, dass Frauen im Erlernen und Lehren von Fremdsprachen dominieren, um ein genderspezifisches Phänomen handelt, dass es nicht zu Pauschalisieren gilt und in meinem Beispiel nur bedingt zutrifft.

Um weiter auf das Thema der genderspezifischen Motivation im Fremdsprachenunterricht einzugehen, stelle ich einem motivitionstheoritischen Ansatz dar, der das Fremdsprachenlernen im schulischen Kontext genderabhängig fördert – das Rubikon-Modell.

Das Rubikon-Modell setzt sich aus vier Phasen zusammen:

  1. Phase (Abwägephase/prädezisionale Phase): in dieser Phase werden die Motivationen und Erwartungen ermittelt.
  2. Phase (Planungsphase/präaktionale Phase): in dieser Phase werden die Motivationen und Erwartungen in die Tat umgesetzt.
  3. Phase (Handlungsphase/aktionale Phase): in dieser Phase werden die Entscheidungen in die Tat umgesetzt.
  4. Phase (Bewertungsphase/postaktionale Phase): in dieser Phase werden auf die Ergebnisse und erworbene Lernziele zurückgeblickt.

Um gendersensible Stereotypen zu ermitteln, ist es sinnvoll zu wissen, was die Fremdsprachenlehrwerke behandeln und ob in den Werken stereotypische Attribute präsent sind. Folgende Leitfragen könnten bei der Ermittlung der gendersensiblen Stereotypen dienen:

Ist der Protagonist weiblich/männlich?

Behandelt das Buch generell genderspezifische Aspekte oder sind beide vertreten?

Zeigt der Protagonist geschlechtsspezifische Handlungen?

Ein Gedanke zu „Genderspezifische Motivation im Fremdsprachenunterricht“

  1. Hallo Benjamin,

    ich finde deinen Beitrag sehr gut. Die von dir erwähnten Erfahrung im zweiten Fremdsprachenunterricht kommen mir bekannt vor. In der Sekundarstufe 1 waren in meinem Spanischkurs 25 Schüler_innen, 5 davon waren männlich. In der Sekundarstufe 2 wurde dieses Verhältnis noch einmal extremer, dort waren wir 24 Schüler_innen mit zwei männlichen Schülern. Ich hatte während des Großteil meiner Schulzeit dieselbe Lehrerin in Spanisch. Der Unterricht bei ihr war ähnlich, wie der den du bei Herrn N. beschreibt. Sie hat darauf geachtet, dass die Abstände bei den Fähigkeiten der Schüler nie zu groß wurden. Den motivationstheoretischen Ansatz des Rubikon-Modells, der das Erlernen von Fremdsprachen genderunabhängig fördern soll, hast du kurz und knackig dargestellt. Die vier dargestellten Phasen halte ich für sehr sinnvoll. Deine drei Leitfragen zur Ermittlung von gendersensiblen Stereotypen in Fremdsprachenlehrwerken halte ich ebenfalls für gelungen, allerdings würde ich noch eine Leitfrage hinzufügen:

    Wie wird mit den verwendeten gendersensiblen Stereotypen umgegangen und auf welche Wertvorstellungen lassen diese vermuten?

    Ich finde, dass es pure Ermittlung von Stereotypen nicht unbedingt ausreichend ist, da einige Werte enthalten, die zur Verständnis von bestimmten Situationen wichtig sind. Auf diese Art und Weise lassen sich historische Kontexte besser verstehen.

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