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Über jüdisches Leben reden – (k)ein Tabu? Zum Umgang mit Antisemitismus in Bildungsinstitutionen

 

1. Welche Berührungspunkte hatten Sie bereits mit dem Thema Antisemitismus? Beschreiben Sie für Sie wichtig erscheinende Situationen und wie Sie diese vor dem Hintergrund dieser Vorlesung bewerten würden.

In meiner Klasse war ein jüdisches Geschwisterpaar, ein Junge und ein Mädchen. Nicht nur, dass wir miteinander gut befreundet waren, sondern sie waren generell integriert und bei fast allen beliebt. Es ist mir während der gesamten Schulzeit keine antisemitische Äußerung ihnen gegenüber aufgefallen. Ansonsten habe ich nichts dergleichen an unserer Schule mitbekommen.

Unsere Schule hat sich deutlich gegen Antisemitismus gezeigt. So haben wir nicht nur den Holocaust im Geschichtsunterricht thematisiert, sondern es gab jährlich eine Veranstaltung, in der Zeitzeugen eingeladen waren und über die miterlebten Ereignisse sprachen. Das empfand ich als sehr sinnvoll, da man im Unterricht die Thematik durch die Perspektive eines Außenstehenden vermittelt bekam. Die Gespräche mit den Zeitzeugen waren ein Zugang zu detaillierteren Informationen. Zudem, waren unsere Lehrer bemüht, uns mit dem Thema auch auf Klassenfahrten oder Ausflügen zu konfrontieren. So haben wir auf unserer Pragfahrt im letzten Schuljahr Das KZ Theresienstadt besucht. Und auch da waren alle SchülerInnen sehr betroffen, niemand hat eine unangemessene Äußerung von sich gegeben.        

Ich finde es wichtig, dass man nicht nur über Antisemitismus spricht, sondern umso wichtiger ist es, dass sich jeder persönlich mit dem Thema tiefgründig befasst. Natürlich hilft die Vermittlung durch den Geschichtsunterricht, aber viel wichtiger ist, dass sich jeder aktiv mit dem Thema befasst, zum Beispiel durch Gespräche mit Zeitzeugen.  

2. Welche Fragen haben sich für Sie durch den Vortrag ergeben? In welchen Bereichen fühlen Sie sich noch unzureichend informiert oder vorbereitet, um sich mit Antisemitismus in der Schule als Lehrkraft zu befassen?

Mich würde interessieren, ob Lehrer auch Opfer von antisemitischen Angriffen sind? Und wenn ja, wie der- oder diejenige darauf reagiert und welche Konsequenzen sich ergeben.

3. Beschäftigen Sie sich mit folgendem Szenario: Ein Elternteil spricht Sie persönlich als Lehrkraft darauf an, dass ein Schüler Ihrer Klasse von verbalen antisemitischen Übergriffen betroffen war. Überlegen Sie, wie ein konstruktiver Umgang mit dieser Situation aussehen könnte.

Das ist eine ernsthafte Angelegenheit, von daher würde mich interessieren, was genau vorgefallen ist. Ich würde mir das notieren und als nächstes das Gespräch mit den Schulleiter aufsuchen, denn es ist wichtig, dass er das erfährt, um gemeinsam den nächsten Schritt einzuleiten. Mich würde es außerdem interessieren, wie es dem von antisemitischen Übergriffen betroffenen Schüler geht und gegebenenfalls mit ihm sprechen, wenn er denn ansprechbar ist. Ich würde ihn aber nicht allzu großen Freiraum geben und ihn ermutigen, das Gespräch mit ihm und dem Täter zu führen. Im nächsten Schritt würde ich oder ich zusammen mit dem Schulleiter die anderen KollegInnen informieren, damit diese auch im Bild sind und sich die Situation im Hinterkopf behalten. Außerdem würde ich mir gerne die involvierten Personen anhören und Zeugen. Bei Bestätigung des Vorfalls sollte geprüft werde, ob eine Gefahr für Übergriffe besteht. Auch müssen ab dem Zeitpunkt alle Schüler von dem Vorfall benachrichtigt werden, z.B. durch eine Versammlung in der Aula. Wichtig ist zudem, dass man mit dem Beschuldigten unter vier Augen redet und die Gründe für sein Verhalten erfährt. Er sollte sich auch, und das ist das wichtigste, im Klaren sein, dass sein Verhalten falsch war, eine Entschuldigung an das Opfer wäre also angebracht. Damit sollte das Thema jedoch nicht abgeschlossen sein. Sondern jeder Klassenlehrer sollte das Thema in der Klasse ansprechen und dafür sorgen, dass die Schüler erkennen, dass solche Fälle inakzeptabel sind weder in der Schule noch woanders. Dies sollte jedoch nicht einseitig von dem Lehrer ausgehen, sondern die Schüler sollten auch nach ihrer Meinung gefragt werden, sodass das Opfer sich nicht zurückzieht und verschließt, sondern erkennt, dass er nicht alleine damit kämpfen muss, sondern Unterstützung erhält. Ziel ist also das Gemeinschaftsgefühl in der Klasse zu stärken und dafür zu sorgen, dass solch ein Verhalten nicht toleriert wird und Konsequenzen mit sich zieht.