Willkommen zu meinem Beitrag zur 11. RV
Individualisierter Unterricht versucht auf die einzelnen Bedürfnisse der SuS einzugehen im Kontrast zum traditionellen Frontalunterricht welcher eine homogene Leistungserwartung an die Klasse gestellt hatte. Diese Individualisierung erfordert umso mehr Vorbereitung seitens der Lehrenden, da es mehrere Ansätze gibt, wie man den SuS mehr Freiheiten geben könnte, insbesondere im Bezug auf das Finnische Modell in dem teilweise SuS sich ihre Themen der Unterrichtsstunde selber auswählen können. Auch kann eine freie Selbsteinteilung in Einzel-, Gruppen- und Partnerarbeiten auf die einzelnen Bedürfnisse der SuS eingehen und dafür sorgen, dass diese sich besser im Unterricht wiederfinden als würde die Lehrkraft proseminarverdächtig von ihrem Pult aus dozieren.
Kritisch betrachtet muss allerdings gesagt werden, dass eine solche Individualisierung den sozialen Gegebenheiten der Klassenstruktur unterlegen ist. Themen wie sozialer Ausschluss seitens der Mitschüler*innen können die Teilnahme der SuS an Partner- und Gruppenarbeiten begrenzen, sofern diese selbst von den SuS eingeteilt werden. Auch könnten SuS mit größerem Betreuungsbedarf ausgeschlossen werden aus ähnlichen Gründen und eine sich zurückziehende Autorität seitens der Lehrkraft würde zwar zu einer größeren Selbstständigkeit der SuS führen, aber auch zu einer größeren Gefahr das Vorgaben und Lernziele nicht mehr erreicht werden – denn wie viel mehr Betreuung werden in der Zukunft Lehrkräfte noch leisten können in Zeiten des Lehrer*innenmangels und der Sparpolitik?
Als Fragestellung für eine Beobachtungsaufgabe im Unterricht würde mich interessieren, wie die Lehrkraft mit dem nicht gerade geringen Arbeitsaufwand, welcher mit einer individuelleren Beschulung verbunden ist, umgeht und wo Sie vielleicht mehr Unterstützung benötigt.
Moin Philip,
vielen Dank für deinen Beitrag, in dem du wichtige Kritikpunkte individualisierten Unterrichts aufgreifst. Du fokussierst dich hier auf die Gruppenarbeit, erwähnst ihre Vorteile seitens der SuS sowie ihre Nachteile seitens SuS und LuL. Dabei finde ich deinen Ansatz, dass „Individualisierung den sozialen Gegebenheiten der Klassenstruktur unterlegen“ ist, sehr interessant und äußerst wichtig! Schule ist mehr als nur ein Lernort für die SuS. Sie verbringen so viel Zeit in der Schule, Kontakte und Verbindung mit ihren Mitmenschen entstehen und brechen in der Schule; die kleine Welt der SuS ist zu einem großen Teil von ihrem Schulleben geprägt und beeinflusst. Auseinandersetzungen oder das Nicht-Mögen anderer Mitschüler sind unausweichlich und genau hier gilt es darauf zu achten, diese Situationen nicht zu fördern. Doch genau das kann durch selbst eingeteilte Gruppen und zu viel Selbstständigkeit die Folge sein, sodass es zu Ausgrenzungen o.Ä. kommt, sei es wegen eines „schwächeren“ Lernniveaus oder „Andersseins“. Das bedeutet, dass LuL das individualisierte Lernen nicht als Entlastung sehen sollten, sondern es erfordert viel mehr Aufmerksamkeit und Feingefühl auf Seiten der LuL. Das wiederum zieht viel Aufwand mit sich, wie du in deinem Beitrag anschneidest. Der Lehrer muss (lernen) offen für neue oder verschiedene Lernmethoden zu sein, sodass er dem einzelnen Schüler individuell unterstützen kann. Der Lehrer sollte aber auch Einblick in das Klassenleben und die Klassenstruktur haben, um Gruppenarbeiten o.Ä. vorteilhaft lenken zu können. Neben der Individualisierung ist es jedoch wichtig, einem roten Faden zu folgen, um so vorgeschriebene Thematiken und Lernziele nicht aus den Augen zu verlieren.
Individualisierter Unterricht erscheint zunächst viel komplizierter, energieraubend und aufwendiger für den Lehrer als der einfache Frontalunterricht. Doch ich glaube, dass sobald sich der Lehrer erst einmal eingespielt hat und Ergebnisse sieht, diese Unterrichtsart tatsächlich auch Vorteile für den Lehrer hat, da es das Verhältnis von Lehrer und Schüler festigen kann und eine angenehme Atmosphäre bewirken kann-für SuS sowie LuL.