Beitrag zur 6. RV – 15.05.2018

Beitrag zur RV 06: Interreligiöse Konflikte im Religionsunterricht

Herzlich Willkommen zu meinem Beitrag zur vergangenen Vorlesung,

ein weiteres mal hat die Heterogenität zugeschlagen, diesmal sowohl auf dem Lehrplan als auch im Klassenzimmer. Mit einer zunehmenden Diversifizierung der Gesellschaft insbesondere durch die Zuwanderung aus religiös geprägten Regionen der Welt ist auch der Religionsunterricht essentiell von deren Konflikten und Weltanschauungen betroffen. Bereits in einem früheren Beitrag bezog ich mich auf den Religionsunterricht, daher werde ich einige der gemachten Argumente erneut aufgreifen.

  • Erläutern Sie zentrale Aspekte, die in begegnungspädagogischen Settings zu bedenken bzw. zu problematisieren sind.

Welche Aufgabe hat der Religionsunterricht? Welcher Unterschied besteht zwischen einem Religionsunterricht an einer staatlichen Schule und der Sonntags- oder Koranschule? Im Rahmen der Begegnungspädagogik werden SuS mit den Kernkonzepten und Überzeugungen bestimmter, vorher ausgewählter Religionsgemeinschaften vertraut gemacht – die Auswahl wird dabei schon auf der Ebene des Lernplanes getroffen und besteht für gewöhnlich aus Christentum (Ev. u. Kath.), dem Judentum, dem Islam (Sunnismus u. Schiismus) und einer Ostasiatischen Religion (Chinesischer Buddhismus oder ,,Hinduismus“). Verständlich wird diese Auswahl, da die SuS wohl am wahrscheinlichsten eine dieser Religionen aus ihrem privaten Umfeld kennen (Familienmitglieder ihr eventuell zugehörig sind) und beim Christentum sowie dem Judentum aus ihrer tiefen Verwurzlung in der deutschen Geschichte.

Die Lehrkraft hat nun die Aufgabe die etwaigen Religionsgemeinschaften den SuS vorzustellen ohne dabei missionierend zu wirken, der Unterricht und Besuche in religiösen Einrichtungen sowie Besuche von Rel. Autoritäten (zbsp. Priester, Imame oder Mönche) müssen reflektiert werden und nicht als Anspruch auf die absolute Wahrheit von den SuS verstanden werden – das Ziel ist das Verständnis der Religion im modernen Zusammenleben. Leider ist genau dieses Ziel jedoch auch problematisch für den wissenschaftlichen Anspruch des Faches, die Diskussion von etwaigen Problemen innerhalb einer Religionsgemeinschaft kann sich als problematisch erweisen weshalb der Unterricht sich oft, auch um den Klassenfrieden zu wahren, nur mit den positiven Aspekten der Religion an sich beschäftigt und eine kritische Auseinandersetzung in gewissen Klassenstufen unmöglich wird beziehungsweise auch nicht erwünscht ist.

  • Denken Sie an Ihren eigenen Religions- oder Ethikunterricht zurück und diskutieren Sie Beispiele für  die von Ihnen unter 1. benannten Aspekte (z.B. Besuch von Religionsvertreter*innen im Unterricht).

In Bremen fand der Religionsunterricht nur von der 1.-4. Klasse statt, in den ersten Klassenstufen ging es dabei insbesondere um das Alte Testament und der Fokus des Unterrichts lag klar auf den Abrahmitischen Religionen (Judentum, Christentum, Islam). Insbesondere fällt mir hierbei immer wieder auf, dass die Inhalte nicht hinterfragt wurden sondern einfach wie in anderen Fächern als Wahrheit vorgestellt wurden – für uns SuS machte es wenig Unterschied ob man uns beibrachte Delfin mit f statt ph zu schreiben oder ob Moses wirklich mit zwei Steintablets einen Berg hinunter stapfte nachdem ihm der ,,wahre Gott“ diese übergeben hatte. Ob diese Erfahrung anders für SuS aus nicht Abrahamitischen Kulturkreisen war, kann ich leider nicht sagen. Durch diesen intensiven Bezug zu Abraham wurden auch die Unterschiede zwischen Judentum, Christentum und dem Islam heruntergespielt und eine neue Einheit geschaffen die zu einem Verständnis führen sollte. Besuche von Kirchen und Moscheen standen auch auf dem Stundenplan, begleitet von einem kurzen Vortrag seitens des jeweiligen Imams oder Priesters (durch den Mangel an jüdischen Schülern besuchten wir jedoch keine Synagoge). Natürlich ist mir bewusst, dass SuS in der Grundschule sich noch nicht kritisch mit der Religion als solcher auseinandersetzen können, dennoch empfinde Ich persönlich es als äußerst bedenklich wenn in der Schule Auszüge von Bibelgeschichten wie historische Fakten gelehrt werden und im Rahmen der Religionsfreiheit unvereinbar mit dem Konzept einer staatlichen Einrichtung. Die Funktion des Unterrichts sollte stattdessen auf das Vermindern der Berührungsängste zwischen SuS und deren Eltern gesetzt werden. Am Ende bleibt anzumerken, dass wir im letzten Jahr der Oberstufe (Q2) die Auswahl zwischen einem neuerlichen Religionsunterricht und dem Philosophieunterricht hatten, was ich allerdings über den Religionsunterricht hörte änderte nichts an meiner Meinung, dass dieser nur als positives Sprachrohr für Religionsgemeinschaften dient und nicht die Ansprüche einer kritischen und reflektierten Auseinandersetzung mit der Thematik erfüllte – was dann auch der Grund war, weshalb ich lieber Philosophie anwählte, der Religionsfreiheit sei gedankt.

  • Formulieren Sie eine Beobachtungsaufgabe für kommende Praktika, mit der sie gezielt den Umgang mit religiöser Pluralität beobachten. Können Sie unterschiedliche Umgangsformen oder Argumentationsstrategien feststellen (z.B. Neutralität, bewusste oder unbewusste Privilegierung bestimmter Gruppen…)?

Nach dem etwas ausschweifendem Paragraphen zur letzten Aufgabe möchte ich nun erneut Stellung beziehen, wieder betrifft die Fragestellung ein bereits zuvor genanntes Argument, dieses ist hierbei die Förderung bestimmter Religionsgruppen durch den Lehrplan an sich. SuS, welche einer sehr kleinen religiösen Minderheit angehören oder einen Atheistischen Hintergrund haben, reagieren eventuell auf den Religionsunterricht anders als SuS mit einem familiären Hintergrund aus einer weiter verbreiteten Religionsgemeinschaft. Auch wäre es interessant zu beobachten, ob SuS welche denselben religiösen Hintergrund haben und ob die Konflikte ihrer jeweiligen Religionen sich bis ins Klassenzimmer ziehen. Für eine Beobachtungsaufgabe könnte man also die Reaktion auf den Unterricht an sich sowie die Interaktion von SuS gleicher und unterschiedlicher Religion betrachten und ob der Unterricht am Ende seine Aufgabe erfüllt und SuS einander näher bringt oder sie durch einen zu großen Fokus auf bestimmten Religionen doch eher wieder spaltet.

 

PS:

Am Ende bleibt zu sagen, dass dieser Beitrag mir bisher am wenigsten gefallen hat und mich persönlich aufgrund meiner schlechten Erfahrungen mit dem Religionsunterricht am meisten betroffen hat. Meine persönliche Meinung bezüglich des Fachbereiches schwingt in meiner Bearbeitung der Aufgaben mit und ich möchte mich entschuldigen, sollten meine Formulierungen an irgendeiner Stelle zu harsch gewesen sein oder religiöse Gefühle verletzt haben, denn obgleich ich selbst überzeugter Atheist bin, respektiere ich dennoch die Religionsfreiheit und bin überzeugt das ein aufeinander zugehen mehr bringt als das Thema komplett unter den Tisch zu kehren.

Und nun möchte Ich noch einen Dank an die Leser aussprechen, welche es bis hierhin geschafft haben.

 

Ein Gedanke zu „Beitrag zur 6. RV – 15.05.2018“

  1. Hallo Philip

    Vielen Dank erstmal für deinen unterhaltsamen Beitrag, dem ich eigentlich in fast allen Punkten zu 100 Prozent zustimmen würde. Ich sehe es ähnlich wie du, da ich während meiner Schullaufbahn vor allem unter einem stark christlich geprägten Religionsunterricht „leiden“ musste, obwohl ungefähr die Hälfte der Klasse entweder gar nicht gläubig war oder einer anderen Religionsgemeinschaft angehörte. Ich empfand den Religionsunterricht ebenfalls als Sprachrohr, einer meiner Meinung nach rückständigen Ideologie. Zwar wurden aber der Mittelstufe zunehmend auch ethische Fragen diskutiert, dennoch entsprach das präsentierte Weltbild doch stark dem Weltbild der drei großen monotheistischen Religionen. Ich würde mir wünschen, dass die Trennung von Staat und Religion auch endlich in Schulen umgesetzt wird, hin zu einem Unterricht in dem Ethik und Philosophie im Mittelpunkt stehen. Dabei können Religionen auch gerne weiterhin thematisch diskutiert werden, allerdings würde ich mir dabei eine kritische Reflexion wünsche. Ein Wunsch, der in Zeiten in denen wieder Kreuze in staatlichen Einrichtungen in Bayern aufgehangen werden müssen, wohl eher ein Wunsch bleiben wird.

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