1) Das in der Vorlesung thematisierte Spannungsfeld, zwischen der Inszenierung und Zuschreibung, hinsichtlich der Genderdynamik und -Pädagogik in der Schule, bezieht sich auf den Umgang der Lehrer*innen in Bezug auf die Interaktion zu Schüler*innen und dem Bedienen der Geschlechterrollen in der Institution Schule. Dabei lassen sich theoretische Ansätze, wie die Tendenz von Lehrerinnen, die Beziehungen zu Schüler*innen zum Eigentlichen zu machen, herausstellen, was dazu führen kann, dass die Lehrkraft eine enge emotionale Bindung zu weiblichen Lernenden aufbaut, während simultan lediglich die männlichen Kinder eher als Partner betrachtet werden. Dies kann zur Folge haben, dass die etablierten Geschlechterrollen soweit ausgeführt werden, dass womöglich suggeriert wird, dass Mädchen eine zu unterstützende und partnerschaftliche Rolle einnehmen, wohingegen parallel die Jungen eher distanziert behandelt werden (vgl Flaake 1990, S. 161).
Ein weiterer Aspekt kann das vermeintlich objektive Zurückziehen darstellen, wodurch die Intention der Bewahrung einer Distanz zwischen Schüler*innen und Lehrkraft verfolgt wird. Darauf aufbauend, kann dies bewirken, dass Lehrer*innen sich weniger persönlich mit den Kindern identifizieren und somit Geschlechterdynamiken in der Interaktion beeinflussen (vgl. Flaake 1990, S. 161). Letztlich wird deutlich, dass Geschlechterstereotype und persönliche Präferenzen der Lehrer*innen, Einfluss auf die Interaktion mit den Schüler*innen nehmen kann. Um diese Spannung zu überwinden, gibt es verschiedene Ansätze, wie zum einen die geschlechterseparierenden Ansätze und zum anderen die reflexive Koedukation (vgl. Faulstich-Wieland 2019, S. 77), bei der die Wirkung von Gender-Effekten in der Schule reflektiert wird. Dabei muss herausgestellt werden, dass die Kinder selbst, die Koedukation bevorzugen und eine gendersensible Didaktik gefördert werden sollte.
2) In meinem Orientierungspraktikum konnte ich beobachten, wie Lehrkräfte (un-)bewusst unterschiedliche Sprachformen für die Geschlechter verwendeten, sodass dies zu einer Verstärkung von Geschlechterstereotypen führen konnte.
3) Wie setzt die Lehrkraft gender-sensible Ansätze im Unterricht um und wie zeichnet sich dies konkret in der Unterrichtsplanung ab (z.B. Themen- bzw. Materialauswahl)?
Literatur:
Flaake, K. (1990): Geschlechterdifferenz und Institution Schule, in: Die Deutsche Schule, 1. Beiheft, S. 160f.
Faulstich-Wieland, H. (1991): Koedukation – Enttäuschte Hoffnungen?. Darmstadt
Eine Antwort auf „Heterogenitätskategorie Geschlecht/Gender in Schule“
Hey Annika, danke für deine detaillierte Darstellung der Genderdynamiken und -pädagogik in der schulischen Umgebung. Du fasst wichtige Punkte zur Sprache, insbesondere die Unausgewogenheit in der Beziehung zwischen Lehrer:innen und Schüler:innen basierend auf Geschlechterstereotypen sehr gut zusammen.
Die Aussage auf die Tendenz einiger Lehrerinnen, eine engere emotionale Bindung zu weiblichen Schülerinnen aufzubauen, während männliche Schüler eher als Partner betrachtet werden, ist besonders aufschlussreich (vgl. Flaake 1990, S. 161). Es wäre interessant, zu sehen, wie solche Tendenzen im Laufe der Zeit verändert und ausbalanciert werden könnten, um eine gleichberechtigtere Beziehung zu fördern.
Die von dir dargestellten erwähnten Ansätze, wie geschlechterseparierende Maßnahmen und die reflexive Koedukation, sind interessante Methoden, um die in Schulen vorherrschenden Genderdynamiken zu adressieren. Besonders die reflexive Koedukation scheint vielversprechend, da sie die Reflexion über die Auswirkungen von Geschlechterstereotypen in der Schule fördert (vgl. Faulstich-Wieland 2019, S. 77).
Die Beobachtungen, die du während deines Orientierungs-Praktikums bezüglich der unterschiedlichen Sprachformen, die Lehrkräfte je nach Geschlecht verwenden, gemacht hast, decken sich mit meinen Erfahrungen aus meinem eigenen Orientierungs- und POE-Praktikum. In meinem Orientierungs-Praktikum, das in einer jahrgangsübergreifenden Klasse stattfand, fiel mir auf, dass insbesondere die Erstklässler:innen die Lehrkraft als eine Art Mutterfigur wahrnahmen, während die Zweitklässler:innen diese Ansicht nicht mehr so stark teilten.
Ich finde, dass diese Fragestellung ein wichtiges Thema anspricht, das mehr Aufmerksamkeit in der schulischen Praxis und Forschung verdient. Ich freue mich darauf, mehr über die Erkenntnisse und Ergebnisse zu erfahren, die aus der Auseinandersetzung mit dieser Frage hervorgehen.
Flaake, K. (1990): Geschlechterdifferenz und Institution Schule, in: Die Deutsche Schule, 1. Beiheft
Faulstich-Wieland, H. (1991): Koedukation – Enttäuschte Hoffnungen?. Darmstadt