Kategorien
Allgemein

Inklusiver Deutschunterricht als ganz normale Herausforderung

1. Nach der Behindertenrechtskonvention (UN BRK: access and Partizipation), sind die Vertragsstaaten dazu angehalten, allen Kindern und Jugendlichen einen Zugang sowie die Teilhabe am Bildungssystem zu gewährleisten. Betrachtet man die Umsetzung der Konvention in der Realität, lässt sich die inklusive Pädagogik hinsichtlich des Wechselspiels der drei Dimensionen ‚Personalität, Sozialität und Komplexität‘ ausmachen. Dabei lässt sich herausstellen, dass erst die Individualität der einzelnen Schüler*innen (Personalität) innerhalb einer Klassengemeinschaft dazu führt, dass eine heterogene Lerngruppe entsteht, welche durch die Kommunikation untereinander (Sozialität), die Sache bzw. den Lerngegenstand aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet (Komplexität) (vgl. Seitz 2020, Kapitel 2.1.). Um von diesem Zusammenhang der Dimensionen Gebrauch zu machen, wird an die Gestaltung und Aufbereitung der Unterrichtsform appelliert, sodass dieser offener und interaktiver zu gestalten ist, damit die Lernenden die Möglichkeit erlangen, differenzierte Zugänge anzunehmen. Ein weiterer wesentlicher Aspekt, der dabei zu markieren ist, ist, dass der alleinige Besuch einer inklusiven Schule nicht automatisch dazu führt, dass die Kinder einen inklusiv aufbereiteten Schulunterricht erleben. Somit ist es unerlässlich, dass die Lehrkräfte selbst Maßnahmen in ihren Unterricht einbauen, damit die Schüler*innen sich in einem Raum, gekennzeichnet durch Offenheit, Interaktivität und Individualität, befinden und angemessen nach ihren Ausgangspunkten einen Zugang zum Lerngegenstand ergreifen können. Demnach ist es unverzichtbar, alle Lernenden mithilfe von unterstützenden Maßnahmen, hin zu deren einzelnen Entwicklungsschritten zu begleiten (vgl. Drewes 2021, S. 289f.).

2. Mit Blick auf mein vergangenes Praktikum, lässt sich deutlichst das Defizit an differenzierten Unterrichtszugängen herausstellen. Während von Ansatzpunkten, wie der Differenzierung der Literaturauswahl im Deutschunterricht, durch die Berücksichtigung der Zugangsvoraussetzung, Komplexität der Literatur oder auch den Rezeptionsweisen sowie den unterschiedlichen Zielsetzungen nach Niveaustufen, die an die Sache gesetzt werden können, berichtet wurde, habe ich in der Praxisphase lediglich einen Deutschunterricht erlebt, in dem hauptsächlich ein Schulheft zum Einsatz kam, wodurch alle Schüler*innen dieselbe Aufgabe monoton zu bearbeiten hatten, es jedoch am Ende der Stunde, nicht allen Kindern möglich war, überhaupt Fortschritte zu erzielen. Sinnvoller wäre es dabei, zum Beispiel denselben Lerngegenstand für alle festzulegen (z.B. Literatur) und an die verschiedenen Lerntempi abgestimmten, sowie auf die unterschiedlichen Niveaustufen entsprechend differenzierte Aufgabenstellungen zu formulieren, sodass am Ende der Stunde zwar nicht alle auf demselben Niveau angekommen sind, allerdings alle für sich individuell neue Lernziele erreichen konnten.

3. Letztendlich bleibt von meiner Seite die Frage offen, inwiefern es der Lehrkraft möglich ist, mit den offenen Unterrichtsformen trotzdem die curricularen Vorgaben nicht außer acht zu lassen, sondern dies vielmehr miteinander vereinbar zu gestalten.

Literatur:

Drewes, S./Hasselhorn, M./Seifried, K. (2021): Handbuch Schulpsychologie. Psychologie für die Schule. 3. Aufl., Stuttgart. W. Kohlhammer.

Seitz S. (2020): Dimensionen inklusive Didaktik – Personlität, Sozialität und Komplexität. 2.Ausg. https://www.inklusion-online.net/index.php/inklusion-online/article/view/570/409 (letzter Zugriff: 24.05.2023)

Kategorien
Allgemein

Inklusive Bildungspraxis in Südtirol

 

  1. Als essenzieller Bestandteil hinsichtlich der rechtlichen Grundlage, in Bezug auf das Bildungssystem Italiens, bildet der Artikel 34 der italienischen Verfassung den Kernpunkt, um jeder Person, die Möglichkeit auf Bildung gewährleisten zu können (Brugger-Paggi, 2015; D’Alessio, 2011; Ianes et al., 2020; Nocera, 2001; Pavone, 2012; Seberich, 2000; Triventi et al., 2016). Neben dem Aspekt, dass der gesamten Bevölkerung Italiens der Zugang zu einer Schule geöffnet wird, verwirklicht der Artikel weiter das Recht auf Stipendien, Familienbeihilfen und andere Fürsorgemaßnahmen, sodass in einem gewissen Rahmen, auch die Ausgangsbedingungen des einzelnen Individuums berücksichtigt werden und somit durch die Verankerung im Grundgesetz, ein elementarer Grundbaustein für die Inklusion gelegt wird (vgl. Verfassung der Republik Italien 1947, Artikel 34).
  2. Mit Blick auf die inklusive Didaktik, kann anhand der Dimensionen Personalität, Sozialität und Komplexität reflektiert werden. Während es bei dem Aspekt der Personalität, um die individuellen Interessen, Fähigkeiten und Bedürfnisse eines Kindes und somit die Berücksichtigung dessen geht, handelt es sich bei der Sozialität vielmehr um das Miteinbeziehen des sozialen Umfeldes der Schüler*innen, wobei der verbale Austausch versucht, eine Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Akteur*innen herbeizuführen. Dadurch kann das Ziel der Förderung des Lernenden realisiert werden. Dem hinzuzufügen, spiegelt die Dimension der Komplexität, die Vielfalt in Bezug auf die Inhalte und Herausforderungen wider, mit denen die Kinder sich auseinandersetzen sollen und simultan die Kompetenzen des kritischen Denkens, der Selbstreflexion und Entwicklung von Problemlösestrategien gefördert werden (Seitz 2020). Letztlich arbeiten alle drei aufgeführten Dimensionen zusammen und stehen dabei im kontinuierlichen Wechselspiel zueinander, sodass das Ziel, die Kinder ganzheitlich und individuell zu fördern, durch den Einklang der inklusiv didaktischen Dimensionen ermöglicht werden kann (vgl. Seitz 2020).
  3. Um sich ein Bild über die Klassengemeinschaft zu verschaffen, würde ich den Kindern das neue Thema kurz vorstellen und anschließend den Auftrag geben, in einer Art Mindmap ihre Gedanken, Ideen, Fragen etc. entweder in Worte zu fassen oder mit kleinen Zeichnungen festzuhalten. Eine weitere Möglichkeit ist es, Körbe bereitzustellen, in die die Kinder ihre Gedanken, die sie zuvor auf kleinen Zetteln notiert haben, hineinwerfen. Dabei wird der Lehrkraft die Möglichkeit geschaffen, zu erfassen, welche Aspekte in der Unterrichtsgestaltung zu berücksichtigen sind. Parallel haben die Schüler*innen die Option, sich mitzuteilen, ohne dies dabei gezwungenermaßen vor den restlichen Teilnehmenden zu präsentieren.

Literatur:

Autonome Provinz Bozen Südtirol (1947): Verfassung der Republik Italien http://lexbrowser.provinz.bz.it/doc/de/cdri-1948/verfassung_der_republik_italien.aspx?view=1 (letzter Zugriff: 16.05.2023).

Brugger-Paggi, 2015; D’Alessio, 2011; Ianes et al., 2020; Nocera, 2001; Pavone, 2012; Seberich, 2000; Triventi et al., 2016).

Seitz, Simone (2020): Dimensionen inklusiver Didaktik – Personalität, Sozialität und Komplexität. In: Zeitschrift für Inklusion (2). Online im Internet unter https://www.inklusion-online.net/index.php/inklusion-online/article/view/570/409 (letzter Zugriff: 16.05.23)