Skizzieren Sie bitte auf Grundlage des Artikels von HINZ (2002) zunächst die Qualitäts- und Quantitätsprobleme der Integration.
Beziehen sie anschließend Stellung zur Kritik an der „Zwei-Gruppen-Theorie“ und diskutieren die praktischen Konsequenzen, die sich insbesondere im Hinblick auf die Ihnen vorliegenden Fallbeispiele ergeben.
Hinweis: Der beschriebene Artikel und die Fallbeispiele können bei Stud.IP im Ordner zur heutigen Sitzung heruntergeladen werden.
Qualitätsprobleme der Integration
Laut Hinz 2002 liegen die Qualitätsprobleme der Integration darin, dass es scheinbar vornehmlich um die Zufriedenstellung der Eltern geht, als um das Wohlbefinden der Kinder. Die Integration bestehe zum Großteil aus einem räumlichen Nebeneinander, welches schnell aufgehoben wird, wenn es an „wichtigere“ Lerninhalte geht. Die eigentlich gewünschten und erwarteten sozialen Interaktionen zwischen den Kindern bleiben dabei leider häufig aus und es kommt wider Erwarten dennoch zu einer Segregation von von „normalen“ und „nicht-normaler“ Kindern.
Quantitätsprobleme der Integration
Zwar werden in einigen Ländern statistisch immer mehr Kinder mit besonderen Ansprüchen in regulären Schulen registriert, nur handelt es sich bei diese Fällen meist um Lernschwächere, die nach der deutschen Standards sowieso in allgemeine Schulen gehören. Auf diese Weise wird der Welt eine Vielzahl gelungener Integrationen präsentiert, während die wahrhaftigen Fälle nach wie vor in Sonderklassen und -schulen untergebracht werden. Auch in Deutschland kommt es zu dieser exponentiellen Steigerung der Kinder mit Förderbedarf, während die vorhandenen Ressourcen zurückgehen und die Qualität des gemeinsamen Unterrichts stagniert.
Beim Übergang von der Grundschule auf weiterführende Schule kommt es in weiten Teilen Deutschlands zu Schwierigkeiten, da das Angebot an Schulen für Kinder mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung äußerst gering ist.
Kritik an der Zwei-Gruppen-Theorie
Zwar bringt der Fortschritt der Integration, dass Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf nicht mehr als „andersartig“ wahrgenommen werden, aber sie bleiben nach wie vor „anders“. Für diese „anderen“ Kinder sind „andere“ Pädagogen zuständig, welche unter Umständen nicht zur allgemeinen Schule gehören, sondern von Förderzentren für kurze Zeiträume entliehen werden.
Da es für jedes „andere“ Kind zusätzliche Ressourcen gibt, werden möglichst viele Kinder mit dem Stempel „anders“ bedruckt. Hierdurch kommt es, wie in den Problemen der Integration beschrieben zu der explosionsartigen Zunahme von Fällen mit sonderpädagogischem Förderbedarf.
In der Unterrichtsplanung kommt dieses „andere“ auch immer wieder zum Vorschein, wenn der Regelunterricht konzipiert wird und anschließend überlegt wird, wie das „andere“ Kind AUCH am Unterricht teilnehmen kann.
Einige dieser vier Probleme lassen sich gut am Fallbeispiel von Alicia, 9 Jahre, beobachten. Alicia hat den Förderschwerpunkt Lernen und bekommt in Mathematik gesonderte Förderung in Kleingruppen. An dieser Stelle ist ein „anderer“ Pädagoge für sie zuständig, als für ihre Mitschüler. Des weiteren bekommt sie zusätzliche gesonderte Arbeitsblätter und empfindet diese als „Extrawurst“. An ihrer Freude, wenn sie reguläre Blätter bekommt, zeigt sich, dass sie ansonsten das „Anders“ sein selbst wahrnimmt und als etwas Negatives empfindet.
Die Kritik an der Zwei-Gruppen-Theorie ist durchaus berechtigt. Teilt eine Schule ihre Schülerschaft in zwei Gruppen und erwartet dann ein Nicht-Zugehörigkeitsgefühl der Kinder ihrer jeweiligen Gruppe gegenüber, ist sie schlichtweg naiv. Sobald eine Gruppe in der Mehrheit ist, gilt diese als die Norm und Nichtgruppenmitglieder empfinden sich als „anders“. Daraus ergibt sich für mich als logische Konsequenz, den Unterricht derart zu differenzieren, dass es zahlreiche Gruppen gibt, infolgedessen keiner der Mehrheit angehören kann.