AUFGABE: Untersuchen Sie ein Lehrwerk für Ihre studierte Schulform (ein Deutschlehrwerk ist am besten; Sie können aber jedes Werk nehmen, solange es NICHT für ein Fremdsprachenfach ist!). Finden Sie eine Übung oder Aufgabe, die eine andere Sprache als Deutsch einbezieht. Analysieren Sie die Übung anhand der Punkte, die in der Vorlesung diskutiert wurden. Geben Sie dann die genaue Quellenangabe an, beschreiben Sie kurz die Übung oder Einheit, und reflektieren Sie diese kritisch.
Ich bin mein altes Physikbuch durchgegangen und habe leider keine Aufgabe gefunden, die eine weitere lebende Sprache miteinbezieht. Allerdings werden des öfteren Wörter auf Latein in Texten und Aufgaben verwendet. So findet sich auf Seite 131 in der Aufgabe 2 ein Arbeitsauftrag zur Wortbedeutung der Influenz. In der Aufgabe wird gesagt, dass dieses Wort vom lateinischen influere abgeleitet ist, was wortwörtlich hineinfließen heißt und man solle sich Gedanken über diese verwirrende Bezeichnung machen.
Es tauchen vermehrt lateinische Ausdrücke auf, wie zum Beispiel „horror vacui“ (s.244), da dies nun mal die Wissenschaftssprache war. Es hat durchaus Sinn, sich in der Physik oder anderen Naturwissenschaften mit einer weiteren Sprache zu beschäftigen, vor allem mit der jeweiligen internationalen Sprache zu dem Thema (hauptsächlich Englisch bzw. Latein, manchmal ein wenig Deutsch, im Falle der Naturwissenschaften). Aufgaben, durch die sich die SuS mit der Bedeutung der Worte auseinandersetzen, können in der Tat helfen, die naturwissenschaftlichen Phänomene zu verstehen. Auch ließen sich dadurch einige Konventionen besser verinnerlichen. So könnte man zur besseren Einprägung der Formelzeichen einige Aufgaben erweitern, indem die entsprechenden Größen ins Englische übersetzt werden. Nehmen wir als Beispiel die Bewegung. Hier spielen die Strecke s, die Zeit t und die Geschwindigkeit v und Beschleunigung a eine Rolle. Dass die Strecke das s als Formelzeichen hat, mag den meisten Schülern schnell einleuchten, t steht für time, das haben viele schon gehört. Aber dass Geschwindigkeit velocity auf Englisch heißt, und deswegen v als Formelzeichen Sinn hat, ebenso Beschleunigung welches übersetzt acceleration heißt, ist eher unbekannt, da diese Wörter nicht zu den Standardvokabeln gehören. Im Zusammenhang mit einer solchen Aufgabe kann man auch die Übersetzungen in Muttersprachen der SuS besprechen. So ist das aragonesische Wort für Geschwindigkeit Velocidat, katalanisch heißt es Velocitat und Velocità auf italienisch. Belosidad heißt es in Taragog und Waray und – nicht der gleiche Wortstamm aber immerhin mit v – Viteză in rumänisch. In vielen weiteren Sprachen fängt Geschwindigkeit mit dem Buschstaben H an. In diesem Zusammenhang des Verknüpfens zwischen Formelzeichen und physikalischer Größe könnte Mehrsprachigkeit durchaus eine Hilfe sein. Übertreibt man es jedoch zu sehr mit den Vokabeln, kann es schnell zur Überforderung der Schüler kommen, wodurch eher Verwirrung statt Verständnis entsteht.
Des weiteren ist mir in dem Buch aufgefallen, dass einige Aufgaben sich mit deutschen Redewendungen beschäftigen. So findet man zum Beispiel im Kapitel über Optik einige Aufgaben über Phrasen wie „Jemanden in den Schatten stellen“ oder „soweit das Auge reicht“. Derartige Aufgaben sprechen die Mehrsprachigkeit nicht per se an, jedoch können sie zum besseren Verständnis der Deutschen Sprache beitragen.
Es finden sich auch noch einige Abbildungen alter Zeitungsberichte und Flyer, die in Fraktur (altdeutsche Druckerschrift) gedruckt sind. Ich erwähne dies, da ich denke, dass neben der Mehrsprachigkeit auch die Mehrschriftigkeit eine Rolle spielt. Solche Texte halte ich für sehr problematisch, denn schon SuS mit der Muttersprache Deutsch können diese Texte meist nur entziffern, da sie einige Buchstaben erkennen und die Restlichen aufgrund ihres Wortschatzes „educated guessen“(fundiert vermuten). Für SuS mit andersprachlichem Hintergrund ist dies nahezu unmöglich. Einige SuS mit Migrationshintergrund müssen schon die Lateinische Schrift neu lernen, wobei ihnen ein Wechsel zwischen Druck- und Schreibschrift schon Probleme bereiten kann. Während meiner ehrenamtlichen Tätigkeit mit Flüchtlingen ist mit dies oft aufgefallen. Schwierigkeiten treten bei Aufgaben auf, in denen ein im Lehrbuch abgedruckter Brief bearbeitet werden soll. Ich habe leider keine Quellen dafür gefunden, aber ich erinnere mich noch aus meiner Mittelstufenzeit, dass es Aufgaben gab, in denen der Brief nicht einfach als Text, sondern als beschrieben Stück Papier in Schreibschrift abgebildet war. Solche mehrschriftigen Aufgaben sollte man als Lehrer im Gegensatz zu mehrsprachigen Aufgaben eher vermeiden.
Physik für Gymnasien Sekundarstufe I Gesamtausgabe, Cornelsen Verlag, Berlin, 2000, ISBN 3-464-05714-3
Ich stimme dir zu; die Wahl der Aufgabenstellungen sollte in mancherlei Hinsicht eindeutig besser durchdacht werden. Ob es sich nun auf andere Länder oder Deutschland bezieht. Auch das Beispiel mit den Abkürzungen fand ich sehr gut, wenn es auch in eine andere Richtung als in der Vorlesung ging. Mit vielen Abkürzungen können die SuS wahrscheinlich wenig anfangen (einige Erwachsene ebenso).
LG
Laura