Methode

Auf dieser Seite werden wir unser methodisches Vorgehen näher erläutern. Insbesondere werden wir uns mit der Konstruktion des Sexismus-Indizes auseinandersetzen, sowie mit der Auswahl der Fallbeispiele. Uns ist es wichtig, so viel Transparenz wie möglich zu schaffen. Dafür erläutern wir unser Vorgehen detailreich und kritisch. So geben wir anderen die Möglichkeit, uns auf Basis einer guten Informationslage zu kritisieren. Solltest du noch weitere Kritik oder Anmerkungen haben, kannst du am Ende der Seite ein Kommentar da lassen.

Zur Sprache

Wir haben uns dazu entschieden, auf dieser Website weitestgehend das Wort FLINTA* zu nutzen, um alle, die von Sexismus betroffen sind, in einem Begriff zu integrieren. Konkret steht das für Frauen, Lesben, Inter, Nichtbinär, A-Gender und allen, die sich als nicht cis männlich definieren (dafür das Sternchen). Dennoch gibt es Stellen, an denen wir das Wort Frau*/Mann* nutzen, da es sich die zitierten Quellen lediglich auf Frauen/Männer bezieht. Mit dem Sternchen wollen wir kennzeichnen, dass das auch Menschen einschließen kann, die sich nicht als Frau/Mann identifizieren.

Der Sexismus-Index

Der Sexismus-Index wurde auf Basis von sechs Variablen und 87.446 Fällen aus 33 Ländern aus der 7. Welle des World Value Survey (2017-2020) (Haerpfer et al. 2022) konstruiert. Der World Values Survey (WVS) ist ein internationales Forschungsprogramm, das weltweit Werte und Überzeugungen untersucht. Gegründet 1981 von Professor Ronald Inglehart, strebt das Projekt an, den Einfluss von Wertewandel auf die soziale, politische und wirtschaftliche Entwicklung von Ländern zu bewerten. Mit repräsentativen Umfragen alle fünf Jahre in über 120 Ländern ist der WVS eine der führenden und meistgenutzten länderübergreifenden Studien in den Sozialwissenschaften. Mehr Informationen zum WVS und die Daten findet ihr auf der Website:

Die Auswahl an Ländern, die in den Daten repräsentiert sind, ist auf 33 limitiert, da die von uns genutzten Variable nicht in allen Ländern dieser Welle erhoben waren. Unsere Ergebnisse zeigen also lediglich einen Ausschnitt. Bei der Auswahl der Variablen war uns wichtig, dass sie alle die Disposition „Sexismus“ messen sollen. Deshalb haben wir uns für folgende Einstellungsvariablen entschieden, welche je die Ausprägungen 1 für „strongly disagree“ bis 4 bzw. 5 für „strongly agree“ haben:

„On the whole, men make better political leaders than women do.“

„A university education is more important for a boy than for a girl.“

„On the whole, men make better business executives than women do.“

„Being a housewife just as fulfilling as working for pay.“

„When jobs are scarce, men should have more right to a job than women.“

„If a woman earns more money than her husband, it’s almost certain to cause problems.“

Natürlich müssen wir uns bewusst sein, dass die Annahme, diese Variablen würden uns das Maß an sexistischen Einstellungen in einem Land angeben, eher eingeschränkt gültig ist. Es gibt Möglichkeiten zu testen, ob den Variablen alle dieselbe latente Dimension (in diesem Fall „Sexismus“) zugrunde liegt, das haben wir hier allerdings aus Komplexitätsgründen nicht gemacht. Folglich müssen wir beachten, dass die Auswahl der Variablen ausschließlich auf unserer subjektiven Beurteilung beruht. Wir sind limitiert auf die Variablen, welche im WVS abgefragt werden und müssen damit alle Verzerrungen, die aufgrund von Fragestellung, Setting, Sample und Sensitivität der Frage entstanden sind, in Kauf nehmen. Bei der Auswahl musste es weiteren die Verfügbarkeit der Variable beachtet werden, sodass Variablen, die eventuell noch besser gepasst hätten, ausgeschlossen werden musste, weil sie nicht in allen Ländern abgefragt wurden. Welche Länder fehlen bzw. welche Länder besonders viele fehlende Werte auf den Variablen aufweisen, könnte ebenfalls auf eine Systematik zurückzuführen sein, da sensible Fragen, wie Fragen zur Sexualität, Einkommen oder politische Präferenz oft eine hohe Nonresponse-Rate haben (Tourangeau/Yan 2007). Auch spielt soziale Erwünschtheit der Antworten bei sensiblen Fragen eine Rolle, da Befragte dazu tendieren so zu antworten, dass sie ein besseres Bild von sich vermitteln (Bogner/Landrock 2015: 2). Welche Fragen als sensibel gelten, variiert des Weiteren auch zwischen Kulturkreisen und kann somit auch noch mal Verzerrungen verursachen.

Wir haben die Variablen aufsummiert und zu Länderdurchschnitten hoch aggregiert. Dabei sind Werte zwischen 6 und 26 entstanden, welche wir auf einen Wertebereich zwischen 0 und 1 standardisiert haben. Natürlich könnte man argumentieren, dass so die Stärke des Sexismus nicht mehr berücksichtigt wird, sondern lediglich der Vergleich zu anderen Ländern. Dem ist zu entgegnen, dass vor der Standardisierung auch keine konkreten Aussagen zur „Stärke“ des Sexismus in einem Land gemacht werden konnte, weil ein niedriger Wert auch nur bedeutet, dass die Befragten den abgefragten Aussagen nicht zustimmen, aber nichts über ihre weiteren möglicherweise sexistischen Ansichten verrät. Die Fragen haben insgesamt auch einen Fokus auf Wirtschaft und Bildung, sodass sexistische Einstellungen in anderen Bereichen, wie z.B. der Geschlechterrollen im Haushalt nicht abgefragt und dementsprechend nicht berücksichtigt werden. Wir gehen lediglich davon aus, dass die Antwort auf diese Fragen mit dem realen Level an Sexismus im Land korreliert, aber mehr als annehmen können wir nicht. Folglich macht es keinen Unterschied, ob wir die Werte standardisieren, da wir eh keine Aussage über die „Stärke“ des Sexismus machen können. Wir haben sie standardisiert, um die Werte intuitiver interpretieren zu können.

Um unsere Ergebnisse zu veranschaulichen, haben wir eine Karte erstellt, welche mit einem Farbcode die Unterschiede zwischen den Ländern veranschaulichen soll. Das reduziert die Information natürlich stark, da so die feinen Unterschiede zwischen den Ländern nicht mehr berücksichtigt werden. Dazu lässt sich allerdings sagen, dass die feinen Unterschiede voraussichtlich ohnehin nicht besonders aussagekräftig sind, da diese sich schnell durch Messfehler verzerren lassen. Durch die Farbabstufung werden zwar Varianzen veranschaulicht, vermittelt aber auch schnell den Fehlschluss, dass eine dunklere Farbe ein stärkerer Effekt bedeutet. Wir können daraus schließen, dass es viele Faktoren gibt, welche beachtet werden müssen, wenn wir statistische Ergebnisse interpretieren und generalisieren. Auch unsere Methode ist kritisch zu betrachten und hat nur eine eingeschränkte Gültigkeit.

Code

Wir haben die Daten mithilfe des Datenalyseprogarmms R aufgearbeitet. Der Code steht in Form eines Html’s zur Verfügung und kann ohne Weiteres heruntergeladen und betrachtet werden:

Wertetabelle

Niederlande 0
Großbritannien 0,06
Andorra 0,06
Neuseeland 0,08
Österreich 0,08
Nordirland 0,1
Deutschland 0,11
Kanada 0,12
Uruguay 0,2
Puerto Rico 0,21
USA 0,24
Serbien 0,24
Argentinien 0,26
Rumänien 0,33
Peru 0,35
Guatemala 0,36
Griechenland 0,37
Singapur 0,37
Venezuela 0,38
Kolumbien 0,39
Chile 0,4
Mexiko 0,42
Ecuador 0,43
Kenia 0,43
Japan 0,44
Zypern 0,44
Äthiopien 0,45
Tschechien 0,45
Nicaragua 0,46
Hongkong 0,46
Macao 0,47
Bolivien 0,48
Libanon 0,48
Mongolei 0,48
China 0,49
Slowakei 0,49
Malediven 0,49
Thailand 0,5
Armenien 0,52
Zimbabwe 0,54
Ukraine 0,54
Südkorea 0,57
Marokko 0,58
Vietnam 0,58
Malaysia 0,58
Russland 0,58
Kasachstan 0,59
Türkei 0,6
Philippinen 0,67
Nigeria 0,71
Indonesien 0,72
Tunesien 0,72
Iran 0,72
Tajikistan 0,77
Libyen 0,79
Bangladesch 0,79
Jordanien 0,82
Irak 0,85
Jordanien 0,85
Irak 0,86
Kirgistan 0,87
Ägypten 0,91
Myanmar 0,92
Pakistan 1

 

Die Fallbeispiele

Schlussworte

Wir haben uns insgesamt drei Länder herausgesucht, welche wir näher betrachten haben. Für die Auswahl wurden mehrere Aspekte herangezogen, welche grob die beiden Pole des Indexes abbilden. Die Länder wurden nach folgenden Kriterien ausgewählt:

Deutschland wurde ausgewählt, da es einen besonders niedrigen Indexwert aufweist und wir am meisten Bezug zu dem Land haben. Aus Interesse an unserer eigenen Lage haben wir dieses Land ausgewählt.

Die USA wurden ausgewählt, da sie zwar laut unseres Indizes vergleichsweise einen eher geringeren Wert aufweist, aktuell aber zunehmend antifeministische Bewegungen zu verzeichnen sind, die drohen die feministischen Errungenschaften der letzten Jahrzehnte zu zerschlagen.

Pakistan hat in unserem Index den höchsten Wert und somit im Vergleich zu den anderen Ländern das höchste Maß an Sexismus. Als Extremfall unserer Ergebnisse ist Pakistan so besonders interessant für uns.

Unsere Arbeit hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder Wahrheit. Wie mit jeder Datenpraxis ist auch unser Projekt nur ein Blickwinkel, welcher durch uns als Personen geprägt wurde. Auch wir haben Daten „gekocht“ (Barrowman 2018: 3). Wir wollten mit diesem Projekt zum einen einen Eindruck davon vermitteln, inwieweit Sexismus durch Daten reproduziert wird, aber auch wie Sexismus durch Daten sichtbar gemacht werden kann, zum anderen haben wir damit gleichzeitig ein Beispiel dafür geschaffen, wie man Daten für feministische Praxis nutzen kann. Um eine gerechtere Welt für alle zu schaffen, müssen wir die Probleme sichtbar machen, um sie für alle nachvollziehbar zu machen. Daten können dabei helfen und gleichzeitig Teil des Problems sein. Es liegt an uns, was wir daraus machen.  

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