Von WIR und DIE zu UNS

Skizzieren Sie für eines Ihrer Unterrichtsfächer ein Beispiel für innere Differenzierung genauer, das Sie auf drei (von Ihnen zu wählende) Felder von Thaler anwenden. Diskutieren Sie im Anschluss, welchen Arten von Heterogenität durch die gewählten Felder der Differenzierung auf welche Weise in besonderem Maße Rechnung getragen wird.

Besonders durch die Zusammenlegung der Schulformen lernen in Bremer Schulklassen nicht nur SchülerInnen unterschiedlicher sozio-kultureller und sprachlicher Biografie, sondern auch unterschiedlichen Leistungsgrades gemeinsam. Diese abnehmende äußere Differenzierung erfordert zunehmend differenzierte Lernangebote im Inneren, um der wachsenden Heterogenität der Schülerschaft gerecht zu werden.

Dr. Engelbert Thaler nennt hierfür eine ganze Reihe von Differenzierungsfeldern, wovon ich die Aspekte Zeit, Team-Mitglieder und Schwerpunktsetzung im Hinblick auf den Sozialkunde-bzw. Politikunterricht ausweiten werde.

Die Differenzierungsfelder Zeit und Team-Mitglieder lassen sich in Form von Lern-Duetts geschickt verknüpfen. Hierbei besteht ein Wechsel aus Einzel- und Partnerarbeit. Während der Einzelarbeit können die SchülerInnen Arbeitsaufgaben, etwa Texte und Darstellungen zum Wahlsystem in der BRD, im selbstgewählten Tempo eigenständig erarbeiten. Anschließend dient die Partnerarbeit zum Vergleich und zur gegenseitigen Ergänzung und Erklärung der Ergebnisse. Auf diese Weise wird besonders die Leistungsheterogenität berücksichtigt: SchülerInnen werden gefördert, nicht selektiert.

Gerade die Schwerpunktsetzung ermöglicht LehrerInnen kultureller Heterogenität Rechnung zu tragen. Eine von stereotypischen Erwartungen abweichende Themensetzung kann eben diese bestehenden Stereotype und Vorurteile aufbrechen. So muss zur Darstellung von Industrie und Wirtschaft nicht Deutschland oder die USA als Fallbeispiel herhalten, sondern kann ebenso die aufstrebende Wirtschaft in einigen afrikanischen Ländern thematisiert werden. Das Erstaunen der SchülerInnen ob dieser nicht zu erwarteten Auswahl kann ihren Blickwinkel weiten und dazu führen, Afrika nicht als EIN homogenes Land, verbunden mit Begriffen wie Aids und Armut, sondern realistisch als facettenreichen Kontinent zu begreifen. Dafür ist es allerdings notwendig, dass LehrerInnen selbst ihr eigenes Vorurteilsdenken hinterfragen.

Überdies bildet der Sozialkunde- bzw. Politikunterricht an sich eine bereichernde Plattform, die Heterogenität der Klasse als erlebbaren Spiegel der heterogenen Gesellschaft zu verstehen.

 

Fassen Sie in Ihren eigenen Worten kurz zentrale Unterschiede zwischen den Konzepten des interkulturellen und des transkulturellen Lernens zusammen.
Diskutieren Sie im Anschluss, welche Implikationen diese Unterschiede für den im Zusammenhang mit beiden Konzepten zentralen Heterogenitätsbegriff haben.

Als Goethe nach Italien reiste, veränderte die Erfahrung mit der anderen Kultur sein Denken und Wirken maßgeblich. Wie schön, dass SchülerInnen heute tagtäglich auf dem Schulweg nach Italien reisen!

Die Ansätze des interkulturellen und des transkulturellen Lernens beziehen sich auf diese Erfahrung von Kultur(en) im Klassenraum. Der interkulturelle Ansatz geht davon aus, dass sich Kulturen, ähnlich wie Kugeln, aufeinander zu bewegen können. Um eine Annäherung an die FREMDE Kultur zu ermöglichen, müsse zuerst die EIGENE reflektiert und verstanden werden. Somit werde ein wechselseitiger, dynamischer Prozess des Austauschs ermöglicht. Der transkulturelle Ansatz hingegen lehnt die Dichotomie Eigenes-Fremdes ab, sondern betont die Gemeinsamkeiten zwischen den Kulturen. Ausgangspunkt dieses Ansatzes ist die Annahme, dass eine Kultur selbst nach innen vielfach differenziert und somit nicht einheitlich als EIGENES erfassbar ist. Dies ermöglicht eine Grenzüberschreitung hin zu einer hybriden Kultur, die EIGENES im FREMDEN entdeckt und FREMDES zum EIGENEN macht.

Auf den Begriff der Heterogenität bezogen, untermauert der interkulturelle Ansatz – obwohl gut gemeint! – das Bestreben nach Homogenisierung durch die Einteilung in FREMD und EIGEN und somit die Ausgrenzung der ANDEREN. Demgegenüber kann das Konzept des transkulturellen Lernens gesellschaftliche Schematisierungen aufbrechen – sofern es sich im Klassenraum als realistisch erweist!

Published in: on 8. Mai 2014 at 21:08 Comments (0)
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