Diskussionen fördern Bildung

„Meint Inklusion wirklich alle?!“ , Ringvorlesung 6

Inklusion ist mehr als dabei sein!

 

1.Benennen Sie bitte die für Sie zentralen theoretischen Aspekte aus der Vorlesung und begründen Sie die Auswahl.

 

Inklusion wird von Mensch zu Mensch unterschiedlich wahrgenommen und definiert. Dies könnte vor allem daran liegen, dass in unserem alltäglichem Leben keine vollständige Inklusion stattfindet, wie zum Beispiel im Erziehung- und Bildungssystem. In der heutigen Vorlesung „Meint Inklusion wirklich alle?!“ wurden verschiedene theoretische Aspekte zum Thema „Inklusion“ vorgestellt. Die folgenden ausgewählten theoretischen Aspekte aus der Vorlesung tragen meiner Meinung nach viel zum Verständnis zum allgemeinen Konzept der Inklusion bei.  Denn um die Inklusion vollständig zu verstehen muss man sich doch fragen können , was passiert eigentlich, wenn wir keine Inklusion haben?

Dazu sind die Erläuterungen zu Begriffen wie Exklusion, Separation/Segregation  und Integration hilfreich. Während Exklusion das Gegenbeispiel der Inklusion darstellt, indem zum Beispiel Kinder mit Behinderungen vom Schulsystem ausgeschlossen werden, bilden Separation und Integration aufwertende  Zwischenstufen zwischen Exklusion und Integration. Diese grundlegende Aufklärung der verschieden Formen und Stufen, schafft meiner Meinung nach einen Überblick für den Grundverständnis der Inklusion. Denn bei der Inklusion geht es darum, gemeinsam verschieden zu sein, denn Verschiedenheit ist Normalität und kein Grund zur Separation! 1

Jedoch muss einem zeitgleich bewusst sein, dass durch Inklusion trotz allem auch eine Exklusion unbewusst erzielt werden kann. Dies wird verstärkt durch den theoretischen Aspekt „Inkludierende Exklusion“ aus der Vorlesung verdeutlicht. Es findet eine Inklusion im Erziehungs- und Bildungssystem statt, indem man ein Recht auf Bildung hat, jedoch können Sonderlehrpläne oder zum Beispiel auch Sondereinrichtungen zu einer erneuten Exklusion führen. Dazu zählt auch die fehlende Profession der Lehrkräfte, die zu einer Ausschließung führen können. Vor allem trägt dieser Aspekt zu enormen Wichtigkeit bei, um die Fehlerquellen der Inklusion zu beachten und zu verstehen. Denn Inklusion kann bei einer falschen Umsetzung wiederum zur Exklusion führen.

Zudem sollte man beim Verständnis der Inklusion alle Heterogenitätsdimensionen einbeziehen und ihre Wechselwirkungen zueinander verstehen können. Denn es geht bei Inklusion nicht nur darum, Menschen mit Behinderung zu berücksichtigen, sondern auch alle weiteren  Heterogenitätsdimensionen zu beachten, wie  zum Beispiel  die Berücksichtigung des Geschlechts.

 

2.Lesen Sie bitte die Fallbeispiele (unten als Datei angehängt; auch auf Stud.IP im Dateiordner RV06 zugänglich) und beantworten die Fragen.

Reflektieren Sie bitte anschließend Ihre bisherigen Erfahrungen an Schulen:
a) Wie würden Sie ihre Erfahrungen im Hinblick auf die theoretischen Aspekte aus der Vorlesung einordnen? (u.a. Modelle von Behinderung, „inkludierende Exklusion“).
b) Welchen Meinungen sind Ihnen im Praktikum / in Praxiserfahrungen insbesondere zu der Frage der Inklusion von SuS mit sonderpädagogischem Förderbedarf an Oberschulen und Gymnasien begegnet und welche Auffassung vertreten Sie selbst?

 

a) Meine Erfahrung aus der Schulzeit weist vor allem mit der „inkludierenden Exklusion“ Ähnlichkeiten auf.

Meine Schule, ein Gymnasium, setzte vermehrt in meiner Schulzeit auf die Inklusion von Schüler*innen mit Behinderung ( weitere Heterogenitätsdimensionen wurden nicht beachtet).Dementsprechend hatte ich die Möglichkeit eine Klasse mit einem Mitschüler, der eine  Aufmerksamkeits- und Verhaltensstörung hatte, zu besuchen.

Meiner Meinung nach scheiterte die Inklusion des Schülers in unserem Bildungssystem, da viele meiner Lehrkräfte mit seiner Behinderung nicht zurechtkamen. Da mein Mitschüler aufgrund seiner Verhaltensstörung dazu neigte ein aggressives Verhalten gegenüber den Lehrkräften zu zeigen, was wiederum dazu führte, dass diese nicht wussten wie sie vor den anderen Schüler*innen reagieren sollen. Die Kommunikation zwischen Schüler und Lehrkraft scheiterte, da die Lehrkräfte keine richtige Unterstützung des Schülers aufwiesen. Dies führte wiederum dazu, dass weitere Mitschüler die Zusammenarbeit mit dem Mitschüler mit Behinderungen vermieden, da sie Angst hatten mit ähnlichen Situationen konfrontiert zu werden.  Zeitgleich vermieden Lehrkräfte die Inklusion des Schülers am Unterricht, um weitere Auseinandersetzungen zu vermeiden. Ich hatte das Gefühl, dass er von seitens der Lehrer und den meisten Mitschülern , als „Sonderling“ abgestempelt wurde. Zudem kann ich davon sprechen, dass mein ehemaliger Mitschüler mit täglicher Exklusion und täglichem Mobbing konfrontiert wurde.

Während meine Schule sich an die Inklusion von Schülern mit Behinderung versuchte, führte die fehlende Profession der Lehrenden dazu, dass es zur Ausschließung des Schülers im Unterricht kam, die sich bis auf Weiters auf die Mitschüler auswirkte. Zudem führte die Exklusion dazu, dass der Mitschüler die Schule wechselte.

 

b) Ich persönlich vertrete die Auffassung, dass Inklusion sehr wichtig ist, jedoch bezweifle ich, ob dies in einem gemeinsamen Erziehung- und Bildungssystem problemlos umsetzbar ist. Dabei beschäftigt mich der Aspekt des Mobbings. Denn wie auch schon erwähnt, kann Inklusion auch schnell zu Exklusion führen, wenn dies falsch umgesetzt wird. Da meiner Meinung nach das heutige Schulsystem zunächst nur daran interessiert ist für Gleichberechtigung  zu sorgen, während die Chancengleichheit ignoriert wird, da Schüler*innen und Lehrer*innen unaufgeklärt mit der Inklusion konfrontiert werden. Zeitgleich führt die Unerfahrenheit zur Separation der Klassengemeinschaft, meist sogar zum Mobbing der Mitschüler. Viel mehr sollte versucht werden, die  Schüler*innen und die Lehrer*innen mit dem Konzept der Inklusion vertraut zu machen. Erst nach der vollständigen Aufklärung kann die erfolgreiche Inklusion in Betracht gezogen werden.

Da ich persönlich noch keine Praktika oder Praxiserfahrungen vorweisen kann, jedoch mein Bruder eine Behinderung hat und ich selbst bei der „Lebenshilfe“ mit Menschen mit Behinderung arbeite, habe ich dadurch viele verschiedene Auffassungen zur  Thematik Inklusion an Gymnasien und Oberschulen erleben können. Meine Arbeitskolleg*innen sind, wie ich der Auffassung, dass Inklusion im Bildungssystem sehr angebracht wäre, sie sind sich aber dessen bewusst wie schwer die Umsetzung sein kann und auch sein wird.

Dagegen haben meine Eltern eine klare Meinung zu der Thematik, da sie mit meinem Bruder viele Erfahrungen in der Vergangenheit gemacht haben. Sie sind der Meinung, dass bei der Inklusion am Bildungssystem nicht jedes Kind mit einer Behinderung erfolgreich teilnehmen kann. Bei einer zu großen Behinderung des Kindes würden sie empfehlen ein ähnliches Konzept, wie die Separation umzusetzen, da die Förderung des Kindes überwiegend allein im Fokus stehen muss. Denn auch die Inklusion meines Bruders in einer Regelschule scheiterte recht schnell, durch die fehlende Profession.

 

3. Formulieren Sie bitte eine Beobachtungaufgabe für den inklusiven Unterricht für zukünftige Praktika.

 

Für die Beobachtungsaufgabe wären folgende Fragestellungen nützlich, die dann abschließend nach dem Praktikum beantwortet und reflektiert werden:

 

  • Welche Heterogenitätsdimensionen werden in der Klasse abgedeckt? (Um zu ermitteln, ob ein inklusiver Unterricht vorliegt)
  • Wie funktioniert das Konzept des inklusiven Unterrichts? (Um zu ermitteln, ob ein inklusiver Unterricht vorliegt)
  • Welche Rolle spielt die Lehrkraft im Unterricht, findet lediglich eine Gleichberechtigung statt oder wird ein Augenmerk auf Chancengleichheit gesetzt?
  • Wie funktioniert die Inklusion in der Klassengemeinschaft? ( Beobachtung von Gruppenarbeiten, Hinterfragung und Beobachtung der Sitzordnung etc. …)
  • Welche pädagogischen Fördermaßnahmen finden statt und sind diese angebracht?

 

 

 

 

1 https://www.aktion-mensch.de/dafuer-stehen-wir/was-ist-inklusion.html?gclid=Cj0KCQjwn7j2BRDrARIsAHJkxmz7DI7VgBvwKie0Wg2o5rp9OS9BF4f9pWhtgGjKBGgCz-wUI5Tm40gaAtUvEALw_wcB

 

 

2 Kommentare

  1. Julia

    Hallo Dilan,
    deine Zusammenfassung und Erläuterung zu dem Spektrum zwischen den Polen der Inklusion und Exklusion habe ich als sehr einleuchtend und anschaulich empfunden. Die Ausarbeitung hat diese theoretischen Konzepten mir selbst noch einmal näher gebracht, insbesondere die sprachliche Verdeutlichung, dass es sich um ein Spektrum und eine Bewegung zwischen zwei Extremen handelt, und diese Extreme eben unterschiedliche Sichtweisen auf ein gesellschaftliches Miteinander bedeuten, und somit auch gesellschafts-politische Konsequenzen inne halten.
    Zudem stimme ich dir zu, dass der Begriff “Inklusion” und die damit verknüpften Maßnahmen auf den Umgang mit allen Menschen erweitert werden sollte, sodass die Individualität und der individuelle Hintergrund einer/s jeden berücksichtigt werden kann und einer/m jeden gerecht wird.
    Den Verweis, den du zu der Problematik der Möglichkeit einer inkludierender Exklusion machst (bzw. dass es bei falscher Umsetzung statt Inklusion erneut zu Exklusion kommt), halte ich für sehr interessant. Ich kann mir vorstellen, dass auch schon die Idee der Inklusion darauf verweist, dass wir es mit einer exkludierenden Gesellschaft zu tun haben. Sicher wäre es in einer utopischen Welt Teil der Normalität zusammen zu leben und füreinander da zu sein, und wir würden uns überhaupt nicht danach fragen müssen, wie wir Teile der Gesellschaft von den abgewerteten Peripherien wieder etwas näher an das gesellschaftliche Miteinander heran bringen können, oder überhaupt erst den Zugang dazu ermöglichen müssen (der ja anscheinend in der Vergangenheit aktiv versperrt wurde – wir könnten beinahe davon sprechen, nicht einen Zugang zu schaffen, sondern diesen wieder zu rekonstruieren, da in der Vergangenheit Menschen mit körperlicher Beeinträchtigung ebenso Teil der Gemeinschaft waren und mit keiner sozialen Ausgrenzung konfrontiert waren (Hinweise darauf reichen bis in die Steinzeit; „The Bioarcheology of Individuals“ (2014), Stodder)).

    Ich finde die Schilderung deiner Erfahrung aus der Schulzeit sehr interessant, besonders deine Erläuterungen und Verweise auf die unterschiedlichen Ebenen der Situation aus Schüler*innen und Lehrer*innensicht. Tatsächlich deckt sich deine Erfahrung größtenteils auch mit meinen eigenen Erlebnissen in Bezug auf „inkludierenden Exklusion“, bzw. deckt sich ebenfalls mit den Fallbeispielen.
    Diese Angst und Verunsicherung der Lehrkräfte, die sich dann wiederum in den Schüler*innen widerspiegelte und somit ein kaskadenartiges Geflecht an Ausgrenzung bildete, kommt mir nur zu gut bekannt vor.
    In Bezug auf eine andere Heterogenitätsdimension, die vielleicht nicht offiziell als heterogen galt, hatten wir in der 5. Klasse einen Schüler, der übergewichtig war. Auch wenn das nie so offen ausgesprochen wurde, herrschte ein ähnlicher Umgang mit ihm und „seiner Situation“, wie es mit einer Person gewesen wäre, die als „behindert“ kategorisiert würde. Da war diese Verunsicherung, die schnell in Ablehnung umschlug – von Seiten der Schülerschaft sowie der Lehrkräfte. Ich halte deinen Bezug zum Mobbing für äußerst relevant in Hinblick auf Inklusion und frage mich, ob das System Schule einfach ein Nährboden für Ausgrenzung und Ablehnung darstellt. All die Zutaten sind sozusagen schon da; Leistungsdruck, Hierarchien, soziale und entwicklungs-psychologische Spannungen, Konkurrenz, Selbstdarstellung und Bewertung.

    Dadurch, dass du das Thema „Gleichberechtigung ist nicht Chancengleichheit“ angesprochen hast (und ich dir in dieser Argumentation zustimme), ist mir eingefallen, dass ich finde, dass in der Vorlesung die Beziehung unserer Gesellschaft und der momentanen Ökonomie zu dem Thema der Inklusion thematisiert hätte werden müssen – woher kommt denn solch eine Entwertung von Leben? Weil in unserem System Arbeitsfähigkeit und eine sehr enge Sicht von Leistung als wertvoll erachtet wird (zumindest bei bestimmten sozio-ökonomischen Schichten) und “behinderte Menschen” nicht im Sinne dieser Wertvorstellungen und Produktionsweisen am ökonomisch wertvollsten sind.
    Inklusion ist eigentlich auch nur wirklich möglich, wenn die Gesellschaft sich nicht am Profit und der Ausbeute der Welt orientiert, sondern sich neu ausrichtet auf ein Miteinander und Füreinander, sprich Sozialismus, denn:„Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen“ (Karl Marx: Kritik des Gothaer Programms)

    • Dilan

      Hallo liebe Julia,

      Danke für deinen tollen Kommentar.
      Ich kann mich nur deiner Meinung anschließen, du hast mir teilweise aus der „Seele“ gesprochen.
      Denkst du das Inklusion jemals ein fester Bestandteil des deutschen Erziehungs-und Bildungssystems sein wird ? Deine Meinung zu dem Aspekt würde mich sehr interessieren.

      Liebe Grüße
      Dilan

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