Aufgabe zum 13. Vorlesungstermin am 15.07.2014 – Prof. Dr. Kenngott

Wie entstehen in didaktischen Prozessen kulturelle und religiöse Zuschreibungen und wie lassen sie sich reduzieren?

In didaktischen Prozessen können kulturelle und religiöse Zuschreibungen durch unachtsame Bemerkungen oder Fragestellungen von Seiten der LuL oder SuS entstehen. Als Beispiel dient ein gut gemeintes „interkulturelles Frühstück“, bei dem alle SuS Speisen und Getränker ihrer Kultur bereitstellen sollen. Hierbei wird erwartet, dass die SuS die Kultur ihrer Eltern oder gar Großeltern als ihre eigene empfinden, obwohl sie wahrscheinlich viel vertrauter mit den Speisen und Getränken ihres jetzigen Standortes sind und eventuell gar kein Interesse an der von ihnen erwarteten Kultur haben.

Mit anderen Worten sollten didaktische Prozesse nicht darauf ausgelegt sein, die Kinder zu verpflichten, Stellung zu Aspekten ihres privaten Lebens zu nehmen, sondern den Kindern Verständnis für unterschiedliche Kulturen und Religionen vermitteln. Nur weil man vermutet oder weiß, dass ein Kind einer bestimmten Kultur oder Religion angehört, heißt das noch lange nicht, dass dieses Kind bereit ist vor der ganzen Klasse darüber zu sprechen.

Um das Beispiel des „interkulturellen Frühstücks“ noch einmal aufzugreifen, wäre es hier eine gute Idee, Rezepte aus verschiedenen Kulturen vorzustellen und zu erläutern (zB weshalb Hindus kein Rindfleisch essen), ohne dabei einzelne SuS nach ihren Erfahrungen zu fragen. Wenn ein Kind sich äußern möchte, sollte die Möglichkeit gegeben werden und die Lehrkraft darauf eingehen. Außerdem kann man den SuS die Möglichkeit geben, sich ein Rezept auszusuchen und zwar ohne Hinblick auf ihre eigene Kultur.

In diesem Sinne sollte die Lehrkraft ihren Unterricht gestalten und natürlich bei Vorfällen von kultureller oder religiöser Zuschreibung unter SuS in angemessenem Maße eingreifen und vermitteln. Darüberhinaus ist es nicht unbedingt richtig, dieses Thema mit übermäßiger Vorsicht zu behandeln und bestimmte Dinge nicht anzusprechen, um niemanden auszugrenzen, denn auch ohne Worte findet eine gewisse Zuschreibung von Attributen automatisch statt. Man sollte besonders als Lehrkraft also Verständnis und Vertrauen in der Klassengemeinschaft bilden, damit Gespräche stattfinden und Probleme angesprochen werden.

16. Juli 2014. Schlagwörter: . Allgemein.



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